Schätze der Sammlungen

Die Goldparmäne  [12.09.16]

Jahrhundertelang war sie als Tafel- und Wirtschaftsapfel in ganz Westeuropa beliebt: die Goldparmäne. Heute ist die einst weit verbreitete Apfelsorte ein Nischenprodukt. Zwei Ausstellungen im Deutschen Landwirtschaftsmuseum an der Universität Hohenheim rücken die alte Sorte und die lange Tradition des Obstbaus in Württemberg nun wieder ins Rampenlicht.

Die Goldparmäne - im 19. Jahrhundert galt sie als Spitzensorte. | Bildquelle: Walter Hartmann, aus "Farbatlas alte Obstsorten".


Würzig, saftig und intensiv schmeckt die Goldparmäne, mitunter auch etwas nussig. Die goldgelbe bis rote Schale suggeriert schon den satten Geschmack, und mit ihrer mittleren Größe liegt sie gut in der Hand. Seit mindestens Anfang des 16. Jahrhunderts kennt und schätzt man die Goldparmäne aufgrund dieser Eigenschaften in Europa. In ihrem Herkunftsland Frankreich nennt man sie „Reine des Reinettes“, die Königin unter den Prinzessinnen.

Auch der Apfelkundler und Obstbaupionier Eduard Lucas ist 1858 vom Geschmack der Sorte begeistert und empfiehlt sie wärmstens als Markt- und Tafelapfel. So „lachend schön“ sei die Goldparmäne, dass man sie aus Angst vor Mundraub lieber nicht am Straßenrand pflanzen solle – obwohl der hochwüchsige Baum sich dafür laut Lucas‘ Einschätzung gut eignen würde.

Obstbau: Wichtig in Württemberg, gefördert in Hohenheim

„Die Goldparmäne war eine Spitzensorte“, betont Frank Emmerich vom Deutschen Landwirtschaftsmuseum. Auf den Streuobstwiesen, die jahrhundertelang die württembergische Landschaft prägen, wächst die Goldparmäne gut. In vielen Teilen Württembergs bildet Kernobst bis ins 19. Jahrhundert hinein einen wichtigen Teil der Ernährung und muss oft ausbleibende Getreiderationen ersetzen.

Württembergische Herrscher wie Herzog Carl Eugen unterstützen den Obstbau nach Kräften, zum Beispiel mit Erlassen, welche die Bevölkerung zum Pflanzen und Erhalten von Obstbäumen anhalten sollen. Bereits zu herzoglicher Zeit gibt es mehrere Obstbaumschulen, die Pflanzmaterial wie Edelreiser oder Jungpflanzen zur Verfügung stellen.

Auch in Hohenheim wird die Goldparmäne Mitte des 19. Jahrhunderts angebaut: In seinem Buch Abbildungen Württembergischer Obstsorten bemerkt Lucas 1858, dass in der Hohenheimer Obstbaumschule jährlich fast 1.000 junge Bäume dieser Sorte vermehrt und verkauft werden – eine stolze Zahl.

Obst-Events

Obst im Mittelpunkt

Im Spätsommer und Herbst dreht sich im Deutschen Landwirtschaftsmuseum alles um Äpfel und Birnen: Neben der Obstsortenausstellung ab 1. Oktober läuft bereits seit Ende Juli die Sonderausstellung zu Leben und Einfluss des Obstbaupioniers Eduard Lucas. Beide Ausstellungen enden am 16. Oktober. Den Höhepunkt bildet der Apfeltag am 2. Oktober: mit Saftpresse, verschiedenen Verkaufsständen, Apfelkochkurs für Kinder und Hochprozentigem aus Äpfeln und Birnen für Erwachsene.

Einflussreicher Fürsprecher: der Pomologe Eduard Lucas

Mit Lucas hat die Goldparmäne einen wichtigen Unterstützer: 1843 kommt er als Institutsgärtner an die Landwirtschaftliche Unterrichts-, Versuchs- und Musteranstalt und baut dort die Gartenbauschule mit auf. Damals noch relativ unerfahren im Bereich Obstbau, erlangt der gebürtige Erfurter mit der Zeit einen Ruf als bedeutender Obstkundler.

Seine Bücher erscheinen in mehreren Auflagen und werden in verschiedene Sprachen übersetzt, seine Anleitung zum Obstbau erscheint noch heute – inzwischen in der 32. Auflage. Er reist zu Kongressen und Ausstellungen in ganz Mitteleuropa, hält Vorträge und ist ein gefragter Experte – und trägt damit auch den Ruf der Hohenheimer Gartenbauschule in die Welt.

„Eduard Lucas hat den Grundstein für den modernen Obstbau gelegt“, sagt Emmerich. „Er begann, Obstbau nach wirtschaftlichen Kriterien zu betreiben.“

Auf Dauer hält es den Pomologen jedoch nicht in Hohenheim, seine Vorstellungen von einer höheren Ausbildung kann er dort nicht umsetzen. So gründet er in Reutlingen eine eigene private Lehranstalt für Gartenbau, Obstkultur und Pomologie – ganz ohne staatliche Hilfe, nur mit Sponsorengeldern.


Vom modernen Obstbau überholt

Geholfen hat der Goldparmäne all das Lob nicht: Obwohl bis in die 1960er Jahre hinein in Deutschland verbreitet, ist sie heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Emmerich erklärt: „Die Sorte ist für den heutigen Obstanbau in Spalieranlagen nicht geeignet. Die Goldparmäne ist halt eine Prinzessin und braucht viel Pflege.“

Außerdem sei die alte Sorte anfälliger für Krankheiten als ihre modernen Konkurrentinnen, die sich besser für den Obstanbau im großen Stil eignen und länger lagern lassen. Seit einigen Jahrzehnten haben deshalb Elstar, Boskop und Co. die Goldparmäne abgehängt.

Aber sie existiert weiter, man kann sie nur nicht mehr in jedem Supermarkt kaufen. „In Hofläden oder auf Wochenmärkten findet man sie noch“, versichert Emmerich. Und natürlich bei der großen Obstsortenausstellung im Deutschen Landwirtschaftsmuseum im Oktober.


Text: Barsch / Töpfer

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