Nagoya-Protokoll – Was ist das?

Das Nagoya-Protokoll ist ein internationales Abkommen, das auf eine ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile abzielt, die sich aus der Nutzung genetischer Ressourcen (GR)  und / oder aus der Nutzung von traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht (TKaGR) , ergeben.

Es ist ein völkerrechtlicher Vertrag und setzt die Zugangs- und Nutzenbeteiligungspflichten (Access and Benefit-Sharing – ABS) des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) um. In Deutschland ist es zum 12.10.2014 in Kraft getreten.

Zugrunde liegende Definitionen

Forschende in aller Welt und entsprechend auch an der Universität Hohenheim, die im Rahmen ihrer Forschung solche Ressourcen nutzen, sind zur Einhaltung bestimmter Sorgfaltsregeln verpflichtet.

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) ist die zuständige Kontrollbehörde für die Einhaltung des Nagoya-Protokolls:

  • Seit 2018 führt sie Compliance-Checks durch.
  • Es prüft, ob Nutzer:innen die Sorgfaltspflichten erfüllt haben.
  • Sie ahndet Verstöße gegen die EU-Verordnung Nr. 511/2014.
    Verstöße gegen die Versordnung stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können Geldbußen bis zu 50.000 EUR sowie die Beschlagnahme des genetischen Materials nach sich ziehen und den Stopp der Datennutzung und des Forschungsprojekts bedeuten!

Zugrunde liegende Gesetze und Verordnungen:


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Verpflichtungen aus dem Nagoya-Protokoll

Die drei Säulen

Sowohl Zugangs- als auch Vorteilsausgleichsverpflichtungen werden zwischen dem Bereitstellerland und der Nutzer:in der genetischen Ressource (GR) festgelegt und ausgehandelt.

Zugangs- und Vorteilsausgleichsverpflichtungen werden auf nationaler Ebene geregelt, d. h. nach den nationalen Gesetzen des Landes, das die genetische Ressource (GR) bereitstellt. Jedes Land kann entscheiden, ob und wie es seine genetischen Ressourcen (GR) reguliert.



Säule 1

PIC: Prior Informed Consent


Das Bereitstellerland auferlegt der nutzenden Person der genetischen Ressource (also: dem:der Forschenden) vor dem Erwerb dieser Ressource Zugangsverpflichtungen (Access obligations). Diese werden in der Regel in Form einer PIC-Erlaubnis (Prior Informed Consent) festgeschrieben.

Das Bereitstellerland ist jeweils das Land, in dem sich die genetische Ressource (GR) ursprünglich befindet und von dem aus zunächst auf sie zugegriffen wird.

Kontaktieren Sie die Abteilung Forschungsförderung.


Säule 2

MAT: Mutually Agreed Terms


Zwischen dem Bereitstellerland der genetischen Ressource (GR) und dem:der Nutzer:in der genetischen Ressource (GR) werden vertragliche Verpflichtungen zum Vorteilsausgleich (Benefit-Sharing obligations) ausgehandelt, in der Regel in Form von einvernehmlichen Bedingungen (MAT – Mutually Agreed Terms).

Diese MATs legen u.a. fest:

  • welche monetären und / oder nicht monetären Maßnahmen zur Aufteilung des Nutzens getroffen werden,
  • was mit der genetischen Ressource (GR) getan werden kann (d. h. kommerzielle oder nicht-kommerzielle Forschung),
  • wer die Ressource nutzen wird,
  • wie lange die Nutzung erfolgen darf,
  • ob die Ressource an andere Wissenschaftler:innen weitergegeben werden kann.

Sobald die nutzende Person einer genetischen Ressource (GR) einen PIC (Zustimmung zur Nutzung) und eine MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen) vom Bereitstellerland der genetischen Ressource (GR) erhält, kann das Bereitstellerland ein international anerkanntes Übereinstimmungszertifikat (Internationally Recognized Certificate of Compliance, IRCC) erteilen, um die Rechtmäßigkeit des Zugangs und die Einrichtung der MATs zu belegen.

Kontaktieren Sie die Abteilung Forschungsförderung.


Säule 3

Compliance: EU ABS-Verordnung


Compliance-Verpflichtungen werden in Deutschland gemäß der EU-ABS-Verordnung Nr. 511/2014 umgesetzt und geregelt.

Sie umfassen v.a. auch Maßnahmen zur Überwachung der Nutzung der genetischen Ressourcen an festgelegten Kontrollpunkten (z. B. Forschungs- und / oder Entwicklungsphase, Vorkommerzialisierungs- oder Kommerzialisierungsphase) und  zur Dokumentation des Erhalts und der Nutzung der Ressourcen.

Die Dokumentationspflicht liegt bei den jweiligen Nutzer:innen der einzelnen Ressource, Hilfestellung gibt der interne Leitfaden zur Dokumentation (englische Sprachversion).

Die Kontrolle der Einhaltung der EU-Regelungen liegt in Deutschland beim Bundesamt für Naturschutz (BfN).

Das Nagoya-Protokoll an der Universität Hohenheim

Die Universität hat zur Umsetzung der Regelungen des Nagoya-Protokolls folgende Dokumente als Richtschnur für den Zugang von und den Umgang mit genetischen Ressourcen (GR) und traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, (TKaGR) für ihre Wissenschaftler:innen beschlossen:


Schnellnavigation: Bei der Antragsstellung / Projektplanung  |  Während des ProjektsNach Beendigung des Projekts


Bei der Antragstellung / Projektplanung

Bereits bei der Beantragung eines Projekts muss das Thema Nagoya-Protokoll mitgedacht werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass Mittel für einen eventuellen Vorteilsausgleich vorhanden sind.

Das ist auf zwei Wegen möglich:

  • über ein international anerkanntes Zertifikat oder, sofern ein solches nicht vorliegt,
  • über PIC (Zustimmung zur Nutzung) und ggf. MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen).

PIC (Zustimmung zur Nutzung) und MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen) werden mit dem Land, das den Zugang gewährt, verhandelt.

Die Jurist:innen in der Abteilung Forschungsförderung unterstützen Sie dabei.

Hierzu gibt es einige Erfahrungswerte, die Sie in den ABS-Stories des German Nagoya Protocol Hub finden.

Da die Verhandlung von PIC (Zustimmung zur Nutzung) und MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen) jeweils mit Vertreter:innen des Landes erfolgt, die die genetische Ressource (GR) / das darauf bezogenen traditionelle Wissen (TKaGR) stellt, ist oftmals mit einem längeren Verhandlungszeitraum zu rechnen.

Eine länderspezifische Liste mit Ansprechpartner:innen finden Sie auf der Plattform The Access and Benefit-Sharing Clearing-House.

Nein. Wenn es Ihnen möglich ist, eine genetische Ressource (GR) und / oder traditionelles Wissen (TKaGR) zu nutzen, die nicht in den Anwendungsbereich des Nagoya-Protokolls fällt oder für das vom bereitstellenden Land Genehmigungsverfahren etabliert wurden, ist diese Nutzung zu empfehlen.

Informationen und Unterstützungsangebote für die Projektplanung

Die Checkliste "Build your ABS Strategy" des German Nagoya Protocol HuB soll akademischen Forschenden in Deutschland helfen, die neu im Bereich Access and Benefit-Sharing (ABS) sind.

Sie zeigt einige der wichtigsten Dinge auf, die Forschende bei der Vorbereitung auf den Prozess beachten müssen und besteht aus vier Abschnitten:

  • Vorbereitende Schritte, z.B. sich informieren, Formalitäten klären und Hilfe finden
  • Festlegung der "roten Linie" für die Verhandlungen, d. h. Identifizierung derjenigen Aspekte eines Forschungsprojekts, die wesentlich sind und von Ihrer ABS-Dokumentation abgedeckt werden müssen
  • Herausarbeiten, welche Arten von Vorteilen geteilt werden können
  • Erkundung von Optionen für zukünftige Forschung (nach dem Ende des aktuellen Forschungsprojekts)


Die Website des ABS Clearing House bietet wichtige Informationen auf internationaler Ebene für die praktische Arbeit an.

Alle Kontaktdaten der Partnerländer des Nagoya-Protokolls und auch der Status jedes Landes hinsichtlich der Umsetzung der Regeln des Nagoya-Protokolls sind auf dieser Website verfügbar.

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) ist die zuständige nationale Behörde zur Umsetzung des Nagoya-Protokolls und der EU-Verordnung Nr. 511/2014 und ist damit auch Ansprechpartner:innen und Beratungsstelle für alle Nutzer:innen sowie Sammlungen in Deutschland.

Die Webseite des Bundesamtes für Naturschutz bietet hierzu hilfreiche Informationen an:
Informations-Flyer des BfN zum Nagoya-Protokoll
Handlungsempfehlungen des BfN zur EU-Verordnung Nr. 511/2014 – 10 Schritte zur Einhaltung der Verpflichtungen für Nutzer


 

Während des Projekts

Nach den Vorgaben des Nagoya-Protokolls bestehen Sorgfalts-,  Melde- (beim Bundesamt für Naturschutz als nationaler Kontrollstelle) und Dokumentationspflichten (bezüglich der Einhaltung der Sorgfaltspflicht).

Die Sorgfaltserklärung ist eine notwendige Dokumentation der Einhaltung der Sorgfaltspflichten, die sich aus dem Nagoya-Protokoll ergeben. Sie ist bei durch Dritte finanzierter Forschung nach Erhalt der Förderung und gegebenenfalls noch einmal im Rahmen der Verwertung der Ergebnisse fällig.

Es wird empfohlen, die Sorgfaltserklärung dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) elektronisch über sein Internetportal DECLARE zu übermitteln. 

Zusätzlich ist sie in der Dokumentationssoftware der Universität Hohenheim zu hinterlegen. Bei weiteren Fragen nehmen Sie bitte Kontakt mit der Abteilung Forschungsförderung auf.

Ja. Bitte informieren Sie die Koordinator:in entsprechend.

Nachweise über das international anerkannte Zertifikat oder PIC (Zustimmung zur Nutzung) und die MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen) müssen bei der Patentanmeldung eingereicht werden.

Bitte nehmen Sie Kontakt mit der Abteilung Forschungsförderung auf.


 

Nach Beendigung des Projekts

  • Relevante Informationen für den Zugang und die Aufteilung der Vorteile müssen 20 Jahre lang nach dem Ende des Nutzungszeitraumes aufbewahrt werden. Diese sind:

    • International anerkanntes Zertifikat oder
    • PIC (Zustimmung zur Nutzung) und MAT (vertragliche Vereinbarung von Zugangsbedingungen)
    • Sorgfaltserklärung

  • Bei erstmaliger kommerzieller Nutzung von Projektergebnissen ist eine weitere Sorgfaltserklärung (Anhang III der Durchführungsverordnung) abzugeben. Die erstmalige kommerzielle Nutzung umfasst

    • entweder die Marktzulassung oder Genehmigung oder das in Verkehr bringen eines Produktes oder Verkauf der Ergebnisse der Nutzung innerhalb der EU.
    • den Abschluss der Nutzung der genetischen Ressourcen (GR) und / oder des darauf bezogenen traditionellen Wissens (TKaGR) innerhalb der EU und Weitergabe/Verkauf der Ergebnisse an Person außerhalb der EU.

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Was sind "genetische Ressourcen (GR)"?

Eine Genetische Ressource (GR) ist jedes Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen (nicht menschlichen) Ursprungs, das funktionale Erbeinheiten enthält, oder Derivate einer genetischen Ressource (z. B. Enzyme, Proteine, Metaboliten) mit tatsächlichem oder potentiellem Wert (Definition aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt, dem Nagoya-Protokoll und der EU-Verordnung Nr. 511/2014).

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Was bedeutet "traditionelles Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht (TKaGR)"?

Es gibt derzeit keine akzeptierte Definition von „traditionellem Wissen im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen“ (TKaGR) auf internationaler Ebene. Es kann als Wissen, Know-how, Fähigkeiten und Praktiken betrachtet werden, die innerhalb einer Gemeinschaft und in einem traditionellen Kontext entwickelt, erhalten und von Generation zu Generation weitergegeben werden.

Die EU-Verordnung definiert TKaGR als traditionelles Wissen einer indigenen oder lokalen Gemeinschaft, das für die Nutzung genetischer Ressourcen relevant ist und das als solches in den einvernehmlich festgelegten Bedingungen für die Nutzung genetischer Ressourcen (GR) beschrieben wird.

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Was bedeutet "Nutzung" genetischer Ressourcen (GR)?

Unter Nutzung versteht man das Durchführen von Forschungs- und/oder Entwicklungstätigkeiten an der genetischen und/oder biochemischen Zusammensetzung dieser Ressourcen oder deren Derivaten.

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Wer gilt als "Nutzer:in" genetischer Ressourcen (GR)?

Als direkte Nutzer:innen gelten Forschende, die die Ressource direkt aus dem Bereitstellerland beziehen.

Als indirekte Nutzer:in gelten Sie entweder, wenn Sie die Ressource von einem Dritten wie einem Kooperationspartner, einer registrierten/privaten Sammlung usw. beziehen ("indirect incoming") oder wenn Sie die Ressource einem Dritten z. B. einem Kooperationspartner übergeben ("indirect outgoing").

Als direkte oder indirekte Nutzer:in von GR oder TKaGR sind Sie verpflichtet, die erforderliche Sorgfalt walten zu lassen und eine Sorgfaltserklärung abzugeben, um der EU-ABS-Verordnung zu entsprechen.

Sie müssen sicherstellen, dass auf die genetischen Ressourcen (GR) entsprechend der geltenden Zugangs- und Vorteilsverteilungsgesetze des Bereitstellerlandes zugegriffen wurde und gegebenenfalls Maßnahmen zur Aufteilung des Nutzens festgelegt wurden.

Es liegt in Ihrer Verantwortung als Nutzer:in genetischer Ressourcen (GR), alle ordnungsgemäßen Unterlagen zu suchen, zu behalten und an nachfolgende Benutzer:innen weiterzugeben.

ACHTUNG! Es liegt in Ihrer Verantwortung als Nutzer:in genetischer Ressourcen (GR), die Nutzung einzustellen, wenn nicht genügend Informationen über die Rechtmäßigkeit des Zugriffs vorliegen.

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