Schätze der Sammlungen

Der Landbaumann  [04.07.16]

Trotz aller technischen Fortschritte geht es ohne den Menschen auf dem Acker nicht: Daran erinnert der Landbaumann, wenn er die Besucher des Deutschen Landwirtschaftsmuseums begrüßt. Die 1,60m große Zementskulptur eines Mannes, der sich auf einen Spaten stützt und den Schweiß von der Stirn wischt, wachte ursprünglich über die jungen Schüler der Ackerbauschule.

Der Landbaumann: Heute hat er ein Zuhause im Deutschen Landwirtschaftsmuseum gefunden. | Bildquelle: Universität Hohenheim/Angelika Emmerling.


Von den 1930er bis in die 1970er Jahre: Über 40 Jahre lang blickt der Landbaumann von seinem Podest an der Stirnseite des Speisesaals der Ackerbauschule aus zwei Metern Höhe herab. Je 25 Schüler in Unter- und Oberklasse lernen und arbeiten nicht nur im Ostflügel des Hohenheimer Schlosses, sie leben auch dort. Als Internatsschüler schlafen die jungen Männer zwischen 17 und 22 Jahren während ihrer zweijährigen Ausbildung mit den anderen Schülern ihres Jahrgangs gemeinsam in einem großen Schlafsaal, essen gemeinsam im Speisesaal der Schule, lernen und arbeiten gemeinsam.

Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum

Das Deutsche Landwirtschaftsmuseum (DLM) zeigt auf 5.700 m² überdachter Ausstellungsfläche liebevoll restaurierte Landmaschinen, die Agrargeschichte geschrieben haben. Die Besucher erleben den Wandel der landwirtschaftlichen Produktion und erfahren die Auswirkungen der technischen Innovationen auf die Arbeitsbedingungen der Bauern. Die Exponate zeigen die Entwicklung vom einfachen ackerbaulichen Gerät bis hin zur modernsten Agrartechnik.

Deutsches Landwirtschaftsmuseum, Universität Hohenheim, Filderhauptstraße 79 und Garbenstraße 9a, 70599 Stuttgart (Hohenheim),
T 0711 459-22146, E info@dlm-hohenheim.de.

Öffnungszeiten, Eintrittspreise und Führungen unter www.dlm-hohenheim.de


So viel Nähe schweißt zusammen: „Uns alle verband eine starke Kameradschaft, die wir auch heute noch pflegen“, betont der ehemalige Internatsschüler Dr. h.c. Norbert Natter, der auch Mitglied des Ehemaligenvereins ist. Selbst mehr als 40 Jahre nach Schließung der Schule treffen sich die Ehemaligen jährlich zum Ehemaligentag in Hohenheim, veranstalten Exkursionen und geben eine Zeitschrift heraus: den seit 1910 fast ununterbrochen erscheinenden „Landbaumann“. So nennt man schon im 19. Jahrhundert die Zöglinge der Ackerbauschule.

Ein 150kg schweres Schulmaskottchen


„Wir nannten die Figur immer liebevoll den ‚Landmann‘, und der war für die Ackerbauschüler so etwas wie ein Maskottchen“, erinnert sich Norbert Natter. Doch der Respekt vor der Statue muss gelegentlich auch jugendlichem Übermut weichen: „Mal haben wir dem Landmann einen Hut aufgesetzt, mal eine Krawatte umgebunden. Da hat man eben seinen Jux getrieben, zum Beispiel an Fastnacht.“

Klar, dass der Landbaumann nach der Schließung der Schule 1973 nicht einfach seinem Schicksal überlassen wird. Zwei ehemalige Schüler bewahren ihn beim Abbruch des Ostflügels vor der Schutthalde, indem sie ihn vom Postament heben, mit nach Hause nehmen und in die Scheune stellen. 1979 wird der Landmann versteigert und verbringt einige Jahre bei einem Landmaschinenhändler in Vaihingen/Enz. Erst 1999 kehrt er wieder nach Hohenheim zurück. Die Ackerbauschüler kaufen den Landbaumann zurück und spenden ihn dem Deutschen Landwirtschaftsmuseum. Dort steht er bis heute.


Lernen und Arbeiten in der Ackerbauschule: Theorie und Praxis gehen Hand in Hand


Norbert Natter selbst besucht von 1946-48 die Ackerbauschule Hohenheim. Neben der guten Kameradschaft der Schüler erinnert er sich vor allem an eines: viel Arbeit. „Wir haben alle landwirtschaftlichen Arbeiten in Feld und Stall erledigt: Pflügen, säen, Zuckerrüben verziehen - und was sonst so anfiel. Zum Gutsbetrieb gehörten außerdem 8 Gespanne und ein Hengst, die wir auch betreuten. Aber wir waren ja jung.“


Ebenso wichtig wie die praktische Arbeit auf dem Feld ist jedoch die theoretische Ausbildung, die die Ackerbauschüler genießen. „Wir bekamen hochqualifizierten Unterricht von den Leitern der Gutswirtschaft und des Internats, aber auch von Assistenten der Universität, besonders im Bereich der Betriebswirtschaft“, betont Norbert Natter.

Damit sind die Absolventen der Schule gut aufgestellt, auch wenn es keinen elterlichen Hof zu übernehmen gibt. Bereits ab dem 19. Jahrhundert finden viele ehemalige Ackerbauschüler Stellen außerhalb Württembergs, zum Beispiel als Gutsverwalter und Inspektoren auf großen Gütern in Ost- und Westpreußen, später auch im genossenschaftlichen Bereich oder der staatlichen Verwaltung. Mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft beginnen die Schülerzahlen jedoch in der Nachkriegszeit zu sinken.

Text: Barsch

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