Kraft aus der Ewigkeit:
Universität Hohenheim präsentiert Heilpflanzengarten und Visionen der Hildegard von Bingen [12.05.06]
Eröffnung mit Nervennahrung und süßem Herzwein am 20. Mai 2006 ab 14:30 Uhr
Spielhaus-Museum der Universität Hohenheim, Exotischer-Garten,
Südseite Garbenstraße, 70599 Stuttgart
Presse-/Fototermin: Freitag, 19. Mai 2006, 11:00 Uhr
Als Prophetin, Künstlerin und politisch gewiefte Taktiererin stieg sie auf zu einer der prominentesten Äbtissinen des Mittelalters, ihre 101 Heilpflanzen steigern (oder senken) die Libido, bekämpfen Tränenfluss und Sehschwäche oder sollen Schlaganfall, Lungenentzündung und Menstruationsbeschwerden kurieren: Mit einer neuen Ausstellung widmet sich das Museum zur Geschichte Hohenheim den historischen, naturwissenschaftlichen und theologischen Dimensionen der Mystikerin Hildegard von Bingen. Wenige Schritte entfernt in den wissenschaftlichen Gärten lassen Forscher die Theorie in der Praxis erblühen. Hier finden Besucher den Heilpflanzengarten der Hildegard von Bingen, in dem die von ihr benutzten Heilpflanzen nach ihren Inhaltsstoffen geordnet angepflanzt sind.
Kurz vor der Ausstellungseröffnung finden wir die Mitarbeiter des Archivs der Universität Hohenheim am Herd. Aus Petersilie, Alkohol und Honig braut man süßen Wein nach dem Originalrezept der Mystikerin. Im Ofen bräunt derweil ein Aufputschmittel des Mittelalters: Nervenkekse, die – so Hildegard von Bingen – ein fröhliches Gemüt und starke Nerven verleihen. „Ob es stimmt, können die Besucher der Ausstellungseröffnung am 20. Mai selbst probieren“, verspricht Prof. Dr. Fellmeth.
Daneben zeigen die Museumsmacher Edelsteine, Buchmalereien und andere geschichtliche Zeugnisse, die den Zugang zu dem komplexen Leben und zu den Visionen der prominenten Nonne erschließen. „Die berühmte Benediktinerin ist eine der interessantesten Frauen des Mittelalters“, erklärt Prof. Dr. Ulrich Fellmeth vom Archiv der Universität Hohenheim. „Ihre seherischen Fähigkeiten wurden selbst vom Papst festgestellt – sie war also kirchlich anerkannte Visionärin, die als Prophetin, Predigerin und Künstlerin zugleich durch die Welt reiste und durch ihre Visionen Politik und Zeitgeschehen beeinflusste.“
Der wissenschaftliche Heilpflanzengarten gleich neben dem Museum soll den Besuchern das vielleicht bekannteste Werk Hildegard von Bingens näher bringen: ihre medizinischen Abhandlungen und die Benutzung von Heilkräutern. „In Europa gibt es rund 400 Heil- und Giftpflanzen“, erklärt der Botaniker Prof. Dr. Burkhard Frenzel. Gut die Hälfte davon haben Forscher der Universität Hohenheim in den wissenschaftlichen Gärten kultiviert. Darunter auch die 101 Pflanzen, die Hildegard von Bingen vor 900 Jahren einsetzte.
„Darunter sind Wegrand-Kräuter wie Spitzwegerich, Schafgarbe oder sogar Brennessel, aber auch Senf, Knoblauch, Karotte und nicht unbedenkliche Drogen, wie die Wolfsmilch“, erläutert Prof. Dr. Frenzel. Der Wissenschaftler warnt deshalb davor, die Werke Hildegards von Bingen als praktisches Arzneimittelbuch zu missverstehen – auch, weil manche Pflanzenbezeichnungen regionale Namen seien, die sich heute gar nicht mit Sicherheit zuordnen lassen.
"Um Hildegard von Bingens medizinisch-heilkundlichen Werke zu beurteilen, muss man sie im Zusammenhang mit dem theologischen Weltbild sehen ", sagt Prof. Dr. Fellmeth. Vor allem ihre ganzheitlich orientierte Heilkunde liegt im Trend der heutigen Zeit, denn sie behandelte nicht nur die Symptome, sondern auch die Ursachen der Patienten und deren seelischer Gemütszustand hatte für sie eine wichtige Bedeutung.
Ausstellungskatalog: Ulrich Fellmeth (Hrsg), „Hildegard von Bingen und der Hohenheimer Heilpflanzengarten“, 150 Seiten, ISBN 3-923107-35-8, Preis: 6 Euro. Erhältlich auf dem Campus in der Buchhandlung Witwer oder im Museum. Bestellungen über das Archiv der Universität Hohenheim, 70593 Stuttgart, Tel: 0711 459 2119, Mail: uniarch@uni-hohenheim.de.
Dauer und Öffnungszeiten: Die Ausstellung läuft bis mindestens November 2006. Öffnungszeiten: Sa. 14-17 Uhr, Sonn- und Feiertag 10-17 Uhr. Gruppen nach Vereinbarung (über Archiv der Universität Hohenheim).
Kontakt für Medien:
Professor Dr. Ulrich Fellmeth
Tel: 0711 459-22119
E-mail: fellmeth@uni-hohenheim.de