Hohenheimer Gärten: Herbstfarben der Bäume

Was blüht uns Ende November?  [29.11.16]

Wohin lohnt sich der Spaziergang dieser Tage besonders? Was gibt es zu entdecken? Und natürlich: Was blüht? Im 14-tägigen Abstand präsentieren die Hohenheimer Gärten jeweils eine botanische Besonderheit im Online-Kurier. Diese Woche: Herbstfarben der Bäume

Im November bedecken bunte Blätter den Boden.


Durch die Blattfärbung werden Gärten farblich gestaltet. Im Frühjahr und Sommer schmücken die Farbvarietäten die Gehölze. Diese sind genetisch und züchterisch bedingt,  beispielsweise sind die Blätter der Blut-Buche (Fagus sylvatica L. ‚Purpurea latifolia’) burgunderrot und die der Gold-Ulme (Ulmus x hollandica Mill. 'Dampieri Aurea')  goldgelb.

Im Herbst beeindrucken dann die Herbstfarben. Ein Landschaftsgärtner kann beständige Farbvarietäten und dazu die flüchtige Herbstfärbung nutzen, um zum Vegetationsende ein besonders farbenprächtiges Bild zu kreieren.

Wer steckt hinter der bunten Färbung?


Es gibt vier Gruppen von Blattfarbstoffen, die diese Farbgebung bewirken. Die Chlorophylle, altgriechisch chloros = grün und phyllon = Blatt, sind die Farbstoffe des Blattgrüns. Sie absorbieren aus dem Sonnenspektrum, das wir sehen, das blaue und rote Licht heraus und betreiben damit Photosynthese. Das grüne Licht bleibt übrig. Wenn die Chlorophylle im Blatt überwiegen, und das ist das Normale, erscheinen die Blätter deshalb grün.

Die Carotinoide sind eine Gruppe von Farbstoffen, die ihren Namen vom lateinischen carota = Karotte haben. Diese Farbstoffe absorbieren vornehmlich das blaue und grüne Licht. Überwiegen in den Blättern die Carotinoide, so erscheinen sie deshalb gelb bis rot.

Die dritte Gruppe der Blattfarbstoffe sind die Anthocyane, altgriechisch anthos = Blüte und cyanos = blau. Diese absorbieren hauptsächlich grünes Licht. Überwiegen in den Blättern die Anthocyane, so erscheinen sie deshalb rot oder blau bis violett.

Die kleine rote Farbstoffgruppe der Betalaine, lateinisch beta = rote Bete und Mangold, kommt nur bei den nelkenartigen Pflanzen vor und spielt bei unseren Gehölzen keine Rolle.

Herbstfärbung: Schutz vor Kälte, Signal an Tiere

Im Herbst wird in den Blättern als erstes das energetisch hochwertige Chlorophyll abgebaut und die Abbauprodukte in den Stamm und in die Wurzeln verlagert zum Aufbau neuer Substanzen im nächsten Jahr. Damit tritt bis zum Absterben der Blätter vorübergehend nun ein Ungleichgewicht zugunsten der gelben und roten Blattfarbstoffe ein, das auch die Farbvarietäten kennzeichnet.

Herbstfarben schützen das Chlorophyll und die Abbauprodukte im Blatt vor zu starkem UV-Licht der Sonne besonders nach kalten Nächten. Außerdem sind es Signalfarben für Tiere, um die Fruchtreife anzeigen. Zudem funktioniert die Insektentarnung auf gefärbten Blättern nicht mehr und gefärbte Blätter signalisieren schlechte Nahrung.

Besonders schön bunt: Amerikanischer Amberbaum und Zucker-Birke

Besonders langanhaltend und attraktiv ist die Färbung der ahornähnlichen Blätter des Amerikanischen Amberbaums (Liquidambar styraciflua L.). Dieser zeigt im Verlauf des Herbsts die gesamte Farbpalette von violett bis gelborange.

Spektakulär ist auch das Herbstlaub der Zucker-Birke (Betula lenta L.), an dem man sieht wie das Chlorophyll schrittweise abgebaut wird. Das Laub des Katsurabaums (Cercidiphyllum japonicum Siebold & Zucc.) überzeugt im Herbst nicht nur visuell durch seine zierlichen, hellgelben Blätter sondern auch olfaktorisch durch den Duft nach Lebkuchen.

Übrigens, durch Bügeln werden Herbstblätter getrocknet und gepresst, so dass sie dann jahrelang schön erhalten bleiben. Romantische Briefe wurden früher mit Herbstblättern geschmückt, in E-Mails werden echte Herbstblätter nicht mehr benötigt.

Text:    R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner
Fotos: A. M. Steiner

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