Ein Kaffee mit… Rektor Stephan Dabbert und Marketing-Professor Markus Voeth

Marke Hohenheim  [08.06.17]

Foto: Universität Hohenheim | Leonhardmair

Wie genau will die Uni Hohenheim von Studieninteressierten, Geldgebern, Uniangehörigen oder der Scientific Community wahrgenommen werden? Und wie kann sie effizienter mit den relevanten Zielgruppen kommunizieren? Mit diesen Fragen beschäftigten sich in den letzten anderthalb Jahren Arbeitsgruppen mit Teilnehmern aus allen großen Bereichen der Uni. Nun liegt ein erstes Konzept für die „Marke Hohenheim“ vor. Uni-Rektor Stephan Dabbert und Marketing-Professor Markus Voeth stellen es beim Kaffee mit dem Online-Kurier vor.

 

 
Herr Dabbert, Herr Voeth, eine Uni ist kein Unternehmen. Warum brauchen wir überhaupt eine Marke?


Dabbert: Die Uni Hohenheim steht in wachsendem Wettbewerb um Studierende, Wissenschaftler und Drittmittel, aber auch um Mitarbeiter in den wissenschaftsunterstützenden Bereichen. Wenn wir uns darüber bewusst werden, wie wir wahrgenommen werden wollen – insbesondere im Vergleich zu anderen Universitäten – können wir effizienter kommunizieren.

Deshalb hat das Rektorat die Abteilung Hochschulkommunikation und den Marketing-Lehrstuhl von Prof. Dr. Voeth beauftragt, ein Markenkonzept zu entwickeln und mit allen relevanten Gruppierungen unserer Universität umzusetzen.

Voeth:
Schon bevor sich die Uni aktiv mit dem Thema beschäftigt hat, war Hohenheim bereits eine Marke. Denn im wissenschaftlichen Sinn versteht man unter Marke die Summe aller Assoziationen, Vorstellungen und Gefühle, die ein bestimmtes Unternehmen, eine Organisation oder ein Produkt bei Kunden bzw. Zielgruppen hervorruft.

Anders als bei Unternehmen oder Produkten, sollte die Markenbildung bei Non-Profit-Organisationen bei der Community selbst beginnen. Das heißt: Nicht der Markt bestimmt wofür die Marke Universität Hohenheim stehen will, sondern die Universität selbst.

Dabbert: Wir haben die Markenidentität deshalb im letzten Jahr in einem sehr breiten Prozess mit Uni-Angehörigen aus allen Bereichen gemeinsam entwickelt.

Was mich besonders freut: Obwohl die Arbeitsgruppen in den drei Fakultäten, in der Verwaltung und im Rektorat zunächst unabhängig voneinander an der Marke ihres jeweiligen Bereichs gearbeitet haben, waren die Übereinstimmungen am Ende so groß, dass sich alle Beteiligten für eine gemeinsame Dachmarke ausgesprochen haben. Die Option, parallel einzelne Fakultätsmarken zu führen, haben wir verworfen.

Mehr zum Markenkonzept

Eine große Version des Markenrads mit allen 32 Items finden Sie auf der Homepage zum Markenkonzept und im Projektbericht:

Wofür genau steht nun die Marke Hohenheim?

Dabbert:
Ergebnis des Markenprozesses ist ein Markenrad. Es listet insgesamt 32 Items der Marke „Hohenheim“ auf. Im inneren Kreis finden sich vier grundlegende Eigenschaften, die den Markenkern bilden: „Erfolgreich in Forschung und Lehre“, „wirkungsvoll“, „weltoffen“ und „gemeinsam“.

Im äußeren Kreis werden diese grundlegenden Eigenschaften in verschiedene Facetten aufgefächert. Beispielsweise wird der  Kernbegriff „gemeinsam“ im äußeren Ring weiter spezifiziert in Items wie „überschaubar“, „vertrauensvoll“, „tolerant“ oder „zielstrebig“.

Bei den Items des Markenrads handelt es sich eher um allgemeine Eigenschaften, die so sicherlich auch auf viele andere Unis zutreffen. Wäre es nicht wichtig durch spezifische Begriffe, wie z.B. „Bioökonomie“, echte Alleinstellungsmerkmale der Uni Hohenheim herauszuarbeiten?

Voeth: Es ist ein verbreitetes Missverständnis, dass die Markenidentität beinhalten müsste, was eine Institution oder ein Unternehmen tut. Bei einer Marke geht es vielmehr darum, wie sie es tut. Der Begriff „Bioökonomie“ passt deshalb nicht unbedingt in das Markenrad.

Und noch ein Punkt: Universitäten sind – anders als Unternehmen, die ein bestimmtes Produkt herstellen – in besonderer Weise durch Vielfalt geprägt. Dies muss sich auch in der Markenidentität spiegeln.

Was Hohenheim im Vergleich zu anderen Universitäten einzigartig macht, lässt sich nicht so sehr an einzelnen Eigenschaften festmachen. Vielmehr ist es die einzigartige Kombination einer Vielzahl von Merkmalen.

Vergleichen kann man das mit der individuellen Persönlichkeit eines Menschen. Es gibt sehr viele Personen, die von ihrer Umwelt als „weltoffen“ oder „intelligent“ oder „verlässlich“ beschrieben werden. Schon deutlich weniger Menschen dürften jedoch alle drei Zuschreibungen zugleich auf sich vereinen.

Dabbert: Der Prozess hat beispielsweise sehr deutlich gemacht, dass Hohenheim weit davon entfernt ist ein „Elfenbeinturm“ zu sein: Die Forschung in allen drei Fakultäten ist in besonderem Maß gesellschaftlich relevant – und wird auch so wahrgenommen.

Durch unseren überschaubaren Campus können wir in Hohenheim außerdem besonders intensiv zusammenarbeiten und wichtige Ziele gemeinsam verfolgen. Die Kommunikationskultur hat deshalb für Hohenheim einen besonderen Stellenwert.

Auch Studierende, Beschäftigte, Studieninteressierte, Kontakte in Ministerien und Wissenschaftler anderer Forschungseinrichtungen wurden aufgefordert, einen umfangreichen Fragebogen auszufüllen. Sie sollten bewerten, mit welchen Eigenschaften sie die Uni Hohenheim als Ganzes bzw. einzelne Uni-Einrichtungen verbinden.

Wie sind diese Umfrage-Ergebnisse eingeflossen?


Voeth: Insgesamt haben über 3000 Personen an unserer Befragung teilgenommen.

Die Auseinandersetzung damit, wie man von relevanten Zielgruppen tatsächlich wahrgenommen wird, ist für die Bildung einer Marke enorm wichtig. Denn so lässt sich ein realistischer Blick für eine Marke entwickeln.

Wenn die definierte Markenidentität und das Image bei den Zielgruppen weit auseinanderklaffen, gilt es zu reagieren. Grundsätzlich gibt es für ein solches Marken-Gap mehrere mögliche Ursachen – und entsprechend auch mehrere Arten damit umzugehen.

Es kann sein, dass das Selbstbild tatsächlich sehr weit von der Realität entfernt ist. Dann ist man gut beraten, die Markenidentität zu korrigieren. Oder es zeigt sich, dass noch zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um dem eigenen Ideal gerecht zu werden. Dann sollte man daran arbeiten.

Es gibt allerdings auch den Fall, dass die Markenidentität an sich stimmig ist, aber die Kommunikation nicht dazu passt. Sprich: die wichtigen Eigenschaften einer Institution oder eine Produkts werden nicht ausreichend transportiert.

An der Uni Hohenheim sind wir nach der Markenimagemessung deshalb in die Feinjustierung gegangen. Das heißt die Arbeitsgruppen haben alle Marken-Items, die sie zuvor erarbeitetet hatten, noch einmal anhand der Umfrageergebnisse überprüft und neu bewertet.

Wo traten Differenzen zwischen Selbst- und Fremdbild auf? Und wo gab es die größten Übereinstimmungen?


Voeth: Die größten Übereinstimmungswerte über alle befragten Zielgruppen hinweg erzielten die Begriffe „wissenschaftlich“, „regional verankert“, „anerkannt“, „wissenschaftlich anspruchsvoll“ und „weltoffen“.

Wenig Zustimmung fanden in der Markenmessung dagegen die Items „mutig“, „serviceorientiert“, „kreativ“, „persönlich“ und „transparent“.

Dabbert: Von den Begriffen „mutig“ und „kreativ“ haben wir uns letztlich verabschiedet. Sie spielen für das Selbstverständnis der Uni keine entscheidende Rolle.

Anders sieht es bei der Eigenschaft „serviceorientiert“ aus. Wir hätten natürlich sagen können: Na gut, wenn beispielsweise die Uni-Verwaltung von vielen eher als „regelkonformes Amt“ denn als „persönliche Service-Einrichtung“ wahrgenommen wird, geben wir uns mit dieser Identität zufrieden.

Das wollen wir jedoch nicht. Wir sind überzeugt, dass in der Verwaltung bereits erhebliche Anstrengungen unternommen wurden, die Serviceorientierung zu verbessern. Auf diesem Weg wollen wir weiter voranschreiten um unseren Ansprüchen umfassend gerecht zu werden – auch wenn das durch die bestehenden Rahmenbedingungen zum Teil eine sehr große Herausforderung ist.

Dass der Begriff „transparent“ in der Umfrage so schlecht abschnitt, hat mich persönlich überrascht. Ich denke, dass wir in diesem Punkt – im Vergleich mit anderen Universitäten –überdurchschnittlich dastehen, was auch schon jetzt mit erheblichem Aufwand verbunden ist.

Wir werden auch weiter daran arbeiten, die Transparenz zu erhöhen. Aber wir müssen wohl auch deutlicher kommunizieren, was genau die Uni im Sinn der Transparenz tut.

Das Markenkonzept liegt vor. Was macht die Uni jetzt daraus?

Voeth:
Ganz grundsätzlich sollten sich alle Einrichtungen bei ihren zukünftigen Kommunikationsmaßnahmen an dem Markenrad orientieren. Dabei geht es nicht darum, dass die Begriffe wörtlich übernommen werden und möglichst oft auf der Homepage oder einem Flyer auftauchen sollten.

Der Markenkern kann auf ganz unterschiedliche Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden, z.B. durch die Akzentuierung bestimmter Aspekte und Themen, aber auch durch Bilder, Aktionen, etc.

Dabbert: Zentrale Kommunikationsmaßnahmen der Uni sollen nun wir noch einmal genauer unter die Lupe nehmen. Es sollen Empfehlungen erarbeiten werden, wie die Uni Markenbotschaften hier noch besser transportieren kann. Je nach Zielgruppe können und sollten dabei andere Marken-Items im Vordergrund stehen.

Das Rektorat hat sich dafür ausgesprochen, dass einer der ersten Schwerpunkte dabei die Kommunikation mit Studieninteressierten sein soll.

Aufgrund der demographischen Entwicklung sinken schon jetzt die Bewerberzahlen an den Universitäten. In Zukunft wird der Wettbewerb um Studierende noch deutlich zunehmen. Eine effiziente, stimmige Kommunikation ist an dieser Stelle deshalb besonders wichtig.

Eine wunderbare Gelegenheit, um die Marke Hohenheim zu schärfen und im öffentlichen Bewusstsein zu verankern, bietet außerdem das Jubiläumsjahr 2018. Anlässlich ihres 200-jährigen Bestehens wird die Uni das ganze Jahr über mit unterschiedlichen Aktionen präsent sein und hoffentlich breite Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Bereits länger geplant ist eine leichte Überarbeitung unseres Corporate Designs, um es besser an unsere alltäglichen Anforderungen anzupassen. Auch für diese Überarbeitung werden die Ergebnisse des Markenprozesses eine sehr wertvolle Orientierung sein.

Die wichtigsten Markenbotschafter sind jedoch die Angehörigen der Universität selbst. Nur wenn sich Beschäftigte und Studierende mit der Uni und ihren Werten identifizieren, ist die Marke Hohenheim auch für Außenstehende glaubhaft. Für dieses Zugehörigkeitsgefühl über alle Fakultäts- und Einrichtungsgrenzen hinweg zu werben, sehe ich deshalb als ganz besonders wichtige Aufgabe an.

Vielen Dank für das Gespräch. Wir werden berichten.

Interview: Leonhardmair

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