Neue Profs: Amélia Camarinha Silva

Sie ist den Darmbakterien auf der Spur  [13.02.19]

Juniorprofessorin Dr. Amélia Camarinha Silva | Foto: Universität Hohenheim / Dorothea Elsner

Es sind noch recht unbekannte Gefilde, die sie erforscht: Den Darm von Tieren. Genauer gesagt, das Mikrobiom im Verdauungstrakt von Geflügel, Schweinen und Rindern. Juniorprofessorin Dr. Amélia Camarinha da Silva ist seit gut einem Jahr Leiterin des neuen Fachgebiets Mikrobielle Ökologie bei Nutztieren.


Update (1.12.2023): Prof. Dr. Amélia Camarinha da Silva hat zum 1. Dezember 2023 – nach erfolgreicher Bewährungsphase (Tenure-Track) – in einem speziellen Berufungsverfahren eine dauerhafte, reguläre Professur erhalten.

Neu war sie eigentlich nicht in Hohenheim, als sie ihre jetzige Stelle antrat: Seit 2014 leitete Amélia Camarinha Silva die Nachwuchsgruppe Mikrobielle Ökologie, die aus den Mitteln der Hans Freiherr von Ellrichshausen’schen Stiftung finanziert wurde. Ab Mitte 2017 unterstützte sie das Margarete von Wrangell-Habilitationsprogramm bei ihrer wissenschaftlichen Qualifizierung – was ihr den Weg zur Juniorprofessur ebnete.


Frau Silva, Ihr Fachgebiet Mikrobielle Ökologie bei Nutztieren gab es vorher nicht?

Jein – als Fachgebiet ist es tatsächlich neu eingerichtet worden. Es ist aber aus der Nachwuchsgruppe „Mikrobielle Ökologie“ hervorgegangen, die ich geleitet habe.

Dann sind Sie also schon länger in Hohenheim?

Ja, in Hohenheim bin ich seit Juli 2014. Und in Deutschland schon etwas länger, ich habe beim Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig promoviert. Über Erasmus bin ich damals nach Deutschland gekommen. Studiert habe ich in meiner Heimat Portugal.

Was möchten Sie als Dozentin Ihren Studierenden beibringen?

Freies Assoziieren



Mein Thema ist noch relativ neu im Bereich der Agrarwissenschaften. Es gibt bislang nur wenige Leute, die die mikrobiellen Gemeinschaften bei Nutztieren erforschen. Mein Fokus liegt deswegen auf diesem Thema, vor allem auf den Mikrobiomen des Verdauungstraktes. Und diese Kenntnisse möchte ich den Studierenden vermitteln. Sie lernen dabei jedoch vieles über Mikrobiologie allgemein, die Kenntnisse sind also durchaus übertragbar auch auf Menschen, Pflanzen oder Böden.

Was zeichnet Ihrer Ansicht nach denn gute Lehre aus?

Wichtig ist, dass man nicht nur die Theorie lehrt. In der Mikrobiologie ist es das A und O, selbst praktisch im Labor zu arbeiten. Mein Unterricht ist deshalb eine Mischung aus Computerarbeit, Labor und Vorlesung.

Sie haben Ihre Forschungsthemen bereits angesprochen. Könnten Sie uns noch genauer beschreiben, um was es geht? Warum ist es wichtig, das Mikrobiom im Darm von Nutztieren zu untersuchen?

Bisher lag mein Fokus vor allem auf mikrobiellen Analysen, jetzt stehen mikrobielle Interaktionen im Vordergrund. Also die Frage, was geschieht eigentlich im Darm? Was kann auf welche Weise die Tiergesundheit verbessern? Und was kann die Tierernährung dazu beitragen? Die Mikroorganismen spielen nämlich eine wichtige Rolle für die Gesundheit ihres Wirts, beeinflussen die Nährstoffverwertung und die Leistungsfähigkeit der Tiere.

Wie gesagt, diese Forschung ist bei Nutztieren noch ganz am Anfang, beim Menschen ist man schon wesentlich weiter. Aber im Prinzip nutzen wir die gleichen Vorgehensweisen und Techniken. Bei Tieren wissen wir bei weitem noch nicht alles, was im Darm geschieht, welche Einflüsse es dort gibt. Daher betreiben wir Grundlagenforschung, entnehmen Bakterienproben aus dem Darm von Hühnern und Schweinen und bestimmen erst einmal, welche Arten es dort gibt.

Und dann kommen die Interaktionen ins Spiel?

Genau, nach dem ersten Schritt schauen wir nach Interaktionen. Bis jetzt wissen wir noch nicht, welche Bakterien was in welcher Weise beeinflussen oder warum bestimmte Mikroorganismen Probleme auslösen. Momentan untersuchen wir die Auswirkung der Ernährung: Wie beeinflusst sie den Darm? Wie kommt dieser Effekt zustande? Beispielsweise untersuchen wir, wie sich Zufütterung von Kalzium, Phosphor und Phytase auswirkt.

Wir kooperieren dabei eng mit den anderen Fachgebieten im Bereich der Nutztierwissenschaften, mit Herrn Rodehutscord von der Tierernährung etwa, mit Herrn Bennewitz von der Tiergenetik oder mit Frau Seifert von der Junior-Stiftungsprofessur "Feed-Gut Microbiota Interaction". Das wird sich künftig auch noch ausweiten, schließlich haben wir letztes Jahr den Zuschlag für das Hohenheim Center for Livestock Microbiome Research (HoLMiR) bekommen, das sich im Aufbau befindet.

Fachgebiet Mikrobielle Ökologie bei Nutztieren

Mit Amélia Camarinha Silva ist das neue Fachgebiet erstmalig besetzt. Es handelt sich um eine Juniorprofessur mit Tenure-Track aus Haushaltsmitteln der Uni Hohenheim. Diese Professuren sind auf 6 Jahre befristet. Bei Bewährung wird die Stelle in eine reguläre Professur umgewandelt.


Können sich Studierende denn an Ihren Forschungsprojekten beteiligen?

Auf jeden Fall im Master mit der Abschlussarbeit. Bachelor-Studierende kommen nur wenige zu mir, da sie einfach noch zu wenige Informationen zu dem Themenbereich bekommen haben, um sich dafür zu entscheiden. Ansonsten brauchen wir natürlich auch immer wissenschaftliche Hilfskräfte, zum Beispiel für Probenanalysen.

Und wie sieht es mit Humboldt reloaded aus?

Ja, letztes Jahr gab es schon eines mit Frau Prof. Seifert ein Humboldt reloaded-Projekt, „Neuen Bakterien auf der Spur – Isolierung von Darmbakterien aus dem Huhn“.

In welchen Arbeitsfeldern können Ihre Absolventen später unterkommen?

Sie können in verschiedenen Unternehmen arbeiten, das muss nicht unbedingt im Bereich der Nutztierforschung sein. Ein Fachwechsel ist relativ leicht, zum Beispiel vom Tier zum Menschen oder zum Boden, da die Verfahren und Methoden identisch sind. Absolventen könnten etwa auch im Bereich Bioinformatik arbeiten, sie haben dafür nötigen Hintergrund und viel Praxiserfahrung.

Mikrobiom-Forschung bei Nutztieren


Ich selbst komme ja ursprünglich auch nicht aus dem Bereich Tierforschung – promoviert habe ich in molekularer Mikrobiologie, studiert habe ich Umweltingenieurwissenschaften.

Die Forschung ist aber auch ein wachsendes Feld, in dem man natürlich auch bleiben kann.

Welchen guten Rat geben sie den Studierenden mit auf den Weg?


Mein Rat? Nutzen Sie die Gelegenheiten, die sich Ihnen bieten, haben Sie keine Angst davor. Halten Sie sich alle Türen offen, aber schauen Sie nach vorne statt zurück.

Am Schluss noch eine persönliche Frage, Frau Silva: Wie verbringen Sie denn Ihre Freizeit?


Ich nehme Ballettunterricht und reise sehr gerne.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Frau Silva!

Interview: Elsner

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