Neue Profs: Maike Schumacher

Sie rechnet für ein besseres Verständnis des Wasserkreislaufes  [07.06.19]

Jun.-Prof. Dr. Maike Schumacher | Foto: Universität Hohenheim / Elsner

Dürre, Überschwemmungen und ein ansteigender Meeresspiegel – das Wasser auf dieser Erde bereitet immer mehr Probleme. Damit die Menschen besser informiert sind, was auf sie zukommt, setzt sich Jun.-Prof. Dr. Maike Schumacher an den Rechner.


Sie leitet seit September 2018 das Fachgebiet Datenassimilation im Erdsystem an der Uni Hohenheim. Es sind große Datenmengen, mit denen sie jongliert.


Frau Schumacher, Ihren Lehrstuhl gab es vorher noch nicht. Wie ist er entstanden?

Es ist eine Tenure Track Juniorprofessur, für die sich vor allem Herr Wulfmeyer stark gemacht hat. Wie man sieht, mit Erfolg.

Datenassimilation im Erdsystem – was muss man sich darunter vorstellen?

Das Erdsystem besteht aus vielen Komponenten, darunter die Ozeane, die Atmosphäre, aber auch die Hydrosphäre. Es gibt einen kontinuierlichen Wasserkreislauf, der räumlich und zeitlich stark variieren kann. Lange meteorologische Dürren zum Beispiel können zu starken Abnahmen der hydrologischen Ressourcen führen.

Freies Assoziieren



Das kann man nun zum einen mit computergestützten Modellen simulieren und zum anderen Beobachtungen machen, über Satelliten, lokale Daten etc. Beide Vorgehensweisen haben aber ihre Begrenzungen. Die Datenassimilation führt daher beides zusammen. Wenn die Modelle etwa die Wasserabnahme schlecht simulieren, lässt sich das über Beobachtungen korrigieren. Das Modell wird auf diese Weise verbessert und an die tatsächliche Entwicklung angepasst, die Information wird in das Modell hineingetragen.

Wie ist Ihr Fachgebiet denn in das Institut eingebunden?


Im Institut sind wir nur zwei Fachgebiete, und ich kooperiere sehr eng mit dem Fachgebiet Physik und Meteorologie. Es wird viel an Wetter- und Klimasimulationen geforscht. Da spielen atmosphärische Modelle, aber auch Daten eine große Rolle. Und natürlich die Assimilation. Ich konzentriere mich zur Zeit auf die Hydrologie, also die Landoberfläche und auch Grundwasserressourcen. Aber das lässt sich natürlich wunderbar kombinieren, es beeinflusst sich ja gegenseitig.

Wie war denn Ihr persönlicher Weg bis Hohenheim?


Ich habe an der Uni Bonn Geodäsie und Geoinformation studiert und dort auch promoviert. Da war die Datenassimilation bereits mein Thema, für das Thema habe ich sogar darauf verzichtet, für die Promotion wie viele andere komplett ins Ausland zu gehen. Einen Forschungsaufenthalt in Australien hatte ich im Rahmen der Doktorarbeit. Dort gab es Anfang des Jahrtausends eine 10 Jahre andauernde Dürre, die sogenannte „Millennium Dürre“ und ich konnte meine Methoden gut testen.

Anschließend bin ich dann allerdings doch ins Ausland gegangen, an die Uni Bristol. Da habe ich geodätische Satellitendaten ausgewertet und zur Frage des Meeresspiegelanstiegs geforscht. Dabei spielt die Erwärmung der Ozeane eine Rolle und die Eisschmelze, die kontinentale Hydrologie hat einen Einfluss. Ein weiterer Aspekt ist weniger bekannt: In der Eiszeit waren die Pole von Eismassen bedeckt, und seit dieses Gewicht abgeschmolzen ist, gibt es eine noch immer andauernde Landhebung. Auch das verändert den Meeresspiegel.

Und steigt der Meeresspiegel denn nun an?

Im Durchschnitt ja, aber in unterschiedlichem Maße, und an einigen Stellen sinkt er sogar.

Wenn Sie Ihre Forschung als Ganzes betrachten: Was ist die wichtigste Frage, die Sie dabei antreibt?

Es wäre fantastisch, wenn man Dürren und Überflutungen vorhersagen und so bessere Schutz-Maßnahmen treffen könnte. Ich möchte daher so viele Daten wie möglich generieren, um die Modelle für Prognosen zu optimieren. Man könnte dann rechtzeitig reagieren, das wäre auch für die Landwirtschaft wichtig. Die Ergebnisse würde ich dann an die großen Organisationen und die Politik herantragen, so dass diese Informationen wirklich wahrgenommen werden.

Welches Projekt würden Sie in Angriff nehmen, wenn Sie über unbegrenzte Mittel und Möglichkeiten verfügen könnten?

Eigentlich das gleiche, aber dann könnten die Ressourcen noch weiter ausgebaut werden, zum Beispiel die teuren Rechner-Kapazitäten.

Mit welchen Forschungsprojekten beschäftigen Sie sich momentan in der Realität?

Die Erfahrungen, die ich in Australien gesammelt habe, betrachte ich jetzt auch in anderen Modellen. Das Modell, mit dem ich jetzt arbeite, bietet die Möglichkeit, weitere Daten zu integrieren. Es ist schnell und hat eine gute räumliche Auflösung. Ich variiere die Parameter und betrachte, was sich ändert und welcher Datensatz besonders wichtig ist.

Haben Sie schon Unterstützung oder ist Ihr Team noch im Aufbau?


Im Moment habe ich Unterstützung durch meine Sekretärin, aber eine Planstelle als Postdoc oder zur Promotion ist ausgeschrieben. Alles Weitere muss ich über Drittmittel noch einwerben.

Fachgebiet Datenassimilation im Erdsystem

Jun.-Prof. Dr. Maike Schumacher leitet seit 1.9.2018 das neue Fachgebiet im Institut für Physik und Meteorologie. Es handelt sich um eine Juniorprofessur mit Tenure-Track, gefördert durch das Bund-Länder-Programm zur Förderung des wiss. Nachwuchses. Diese Professuren sind auf 6 Jahre befristet. Bei Bewährung wird die Stelle in eine reguläre Professur umgewandelt.


Können sich Studierende an Ihrer Forschung beteiligen?

Im Sommersemester gibt es eine erste Masterarbeit, die Studentin hat ein sehr forschungsnahes Thema. Künftig soll es aber natürlich mehr Abschlussarbeiten geben und auch Hiwis zur Unterstützung. Humboldt reloaded möchte ich auch in Angriff nehmen, denn ich arbeite gern mit kleinen Gruppen, so dass die Studierenden auch Fragen stellen können.

Um große Vorlesungen kommen Sie aber sicherlich auch nicht herum?

Nein, natürlich gibt es auch die großen Vorlesungen, Physik und Statistik im Bachelor. Aber auch da kann man Experimente zur Veranschaulichung durchführen. In den Übungen werden die Studierenden dann auch selbst aktiv, das heißt sie rechnen selber.

Was bedeutet Ihrer Ansicht nach gute Lehre?


Gute Lehre ist eine Mischung aus unterschiedlichen Elementen. Statt PowerPoint nutze ich gern die Tafel, das gibt Zeit zum Mitdenken. Praktische Ergänzungen sind auch ganz wichtig. Die Hauptsache ist aber, dass die Begeisterung überspringt, daran misst sich gute Lehre.

Wie sieht es denn nach dem Studium aus? Wo können Ihre Absolventinnen und Absolventen später arbeiten?

Da gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel in der Forschung, der Industrie oder der Wirtschaft. Der Deutsche Wetterdienst etwa wäre ein klassisches Einsatzgebiet.

In Frage kämen aber auch andere Stakeholder, für die die Auswirkungen des Klimawandels von Interesse sind. Unsere Absolventinnen und Absolventen sind in der Regel sehr breit aufgestellt. Die Methoden, die sie bei uns lernen, ließen sich im Prinzip auch auf völlig andere Themen übertragen.

Haben Sie einen guten Rat für Ihre Studierenden?

Sie sollten immer das machen, wofür Sie sich interessieren. Lassen Sie sich nicht beirren, wenn auch mal etwas keinen Spaß macht, sondern behalten Sie immer das große Ziel im Auge– den angestrebten Abschluss oder Beruf.

Wie gefällt es Ihnen denn jetzt Hohenheim?


Sehr gut, die Uni ist wunderschön, und es ist sehr leicht, mit den Kollegen Kontakte aufzubauen. Alle sind an interdisziplinärer Forschung sehr interessiert. Aber auch mit den Studierenden herrscht eine sehr angenehme Atmosphäre. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Hohenheim keine Riesen-Uni ist, da fällt es leichter, Kontakte zu knüpfen.

Wie gestalten Sie denn Ihre Freizeit, Frau Schumacher?

Ich habe eine kleine Tochter und verbringe daher viel Zeit mit der Familie. Wir sind viel draußen, gehen Wandern oder Schwimmen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Interview: Elsner

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