Studierende werben Fördergelder ein

60.000 € für digitalen Lehrgarten  [27.02.17]

Bild: Uni Hohenheim (Collage) | Untermann, Eyb, Leonhardmair

Finanz-Spritze für innovatives e-Learning-Projekt: Die Verfasste Studierendenschaft hat in einer Ausschreibung des Landes knapp 60.000 € für die Uni Hohenheim locker gemacht. Zusammen mit dem Institut für Kulturpflanzenwissenschaften wollen die Studierenden damit in den kommenden Monaten einen digitalen Lehrgarten aufbauen. Einmal fertiggestellt, sollen von dem neuen Format nicht nur die Agrarwissenschaften profitieren.


Bislang wird ILIAS in Hohenheim hauptsächlich dazu genutzt, um Dokumente zum Download bereit zu stellen. Echtes e-Learning ist das eigentlich noch nicht.

Dabei steckt in der Plattform deutlich mehr Potential. Davon ist die Hohenheimer Studierendenvertretung überzeugt. Das gilt umso mehr, wenn in Kürze eine angekündigte neue ILIAS-App verfügbar ist, mit der Lernmaterialen unterwegs komfortabel abrufbar sind  und auch offline auf dem Handy gespeichert werden können.

Studierende beteiligen sich erstmals an Förderausschreibung des Landes

„Als wir im Dezember 2015 von einer Ausschreibung des Wissenschaftsministeriums erfuhren, mit der digitale Innovationen in der Lehre gefördert werden sollten, wurden wir sofort hellhörig“, erinnert sich die studentische Ideengeberin Sarah Graf. „Denn: Erstmals seit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft in Baden-Württemberg waren Anträge von Studierendenvertretungen dabei ausdrücklich zugelassen. Das entspricht unserem Leitgedanken, dass Studierende die Möglichkeit haben sollten, Lehrinhalte aktiv mitzugestalten.“

Dank spontanen Brainstorming-Sessions mit den Fachschaften und der Unterstützung verschiedener Uni-Einrichtungen wie dem KIM, der Hochschuldidaktik und dem Fachgebiet des Allgemeinen Pflanzenbaus wurde aus dem ersten Geistesblitz innerhalb von zwei Monaten fristgerecht ein fertiger Antrag.

Im Lauf der Planungen verknüpften die Studierenden ihre Ausgangsidee dabei u.a. mit einem QSM-Antrag des Pflanzbau-Lehrstuhls, der in der Vergangenheit nicht umgesetzt werden konnte, und dem bestehenden Konzept der „Hohenheimer Lernorte“.

Inzwischen ist klar: Das Engagement hat sich gelohnt. Das Ministerium bewilligt die beantragen 59.250 € und der Verwirklichung des eLearning-Projekts steht in den kommenden Monaten nichts mehr im Wege.

Lernen auf dem Acker, zu Hause oder unterwegs

„Der digitale Lehrgarten verknüpft eine reale Anbaufläche auf den campus-nahen Feldern der Uni Hohenheim mit einer virtuellen Informationsplattform“, erklärt Dr. Annegret Übelhör, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fachgebiets Allgemeinen Pflanzenbau am Institut für Kulturpflanzenwissenschaften, die das Projekt gemeinsam mit den Studierenden koordiniert.

Im realen Lehrgarten werden fünf der wichtigsten Kulturpflanzen angebaut: Weizen, Mais, Zuckerrübe, Kartoffel und Ackerbohne. Der digitale Lehrgarten beinhaltet die Geo-Koordinaten der Pflanzen (= Lernorte), sodass man sie mit Hilfe des Smartphones leicht finden kann.

„Während man auf dem Acker logischerweise immer nur das aktuelle Entwicklungsstadium beobachten kann, zeigt der digitale Lehrgarten auf ILIAS den gesamten Vegetationszyklus der jeweiligen Kulturpflanze“, erklärt Annegret Übelhör das Konzept.

Im Lauf der Zeit ändern sich, parallel zur Entwicklung der Pflanzen, auch die Lerninhalte und Aufgaben, die mit einem bestimmten Lernort verknüpft sind. Dazu soll ein multimedialer Zeitstrahl entwickelt werden, der mit Fotos und Texten zu den jeweiligen Entwicklungsstadien der Kulturpflanzen aufgefüllt wird. Prinzipiell denkbar sind darüber hinaus auch weitere Info-Formate, wie z.B. kurze Erklär-Videos.

Nutzen können Studierende den fertigen digitalen Lehrgarten anschließend auf ganz unterschiedliche Weise:

Entweder vom PC zu Hause aus, um sich in Ruhe mit den verschiedenen Entwicklungsstadien vertraut zu machen – gewissermaßen als multimediales, digitales Lehrbuch. Eine Option, die auch allen zu Gute kommt, die z.B. wegen Kinderbetreuung oder Berufstätigkeit nicht regelmäßig auf dem Campus sein können.

Oder man begibt sich mit dem Smartphone direkt aufs Feld: z.B. um das jeweilige Stadium der Pflanzen zu bestimmen und mit vorangegangenen bzw. nachfolgenden Entwicklungsphasen abzugleichen oder um spezifische Aufgabenstellungen vor Ort zu lösen.

Ein Vorteil gegenüber klassischen Lehrbüchern: Mit dem digitalen Lehrgarten kommen die Studierenden nicht nur mit schematischen Darstellungen in Kontakt, sondern lernen wie unterschiedliche Entwicklungsstadien tatsächlich auf dem Feld aussehen.

Digitaler Garten soll mit den Jahren wachsen

Nachdem das Grundgerüst fertig angelegt ist, soll der digitale Lehrgarten mit den Jahren weiter wachsen. Durch ergänzendes Material, das mit den bestehenden Lernorten verknüpft wird – oder durch komplett neue Lernorte.

„Wir sind in Kontakt mit Lehrstühlen, die den digitalen Lehrgarten in ihren Lehrveranstaltungen einsetzen wollen“, berichtet Sarah Graf, die das Projekt von studentischer Seite koordiniert. „Über ILIAS können sie die Lernorte dabei mit ganz konkreten Aufgabenstellungen versehen, die Studierende dann mit Hilfe der ILIAS-App auf dem Feld bewältigen: Beispielsweise Krankheitssymptome oder Schädlingsbefall einer bestimmten Pflanze zu erfassen.“

Das neue eLearning-Format soll mittelfristig allerdings nicht ausschließlich in den Agrarwissenschaften zum Einsatz kommen.

„Schon heute arbeitet beispielsweise der Marketing-Lehrstuhl von Professor Markus Voeth in Vorlesungen mit virtuellen Lernorten. Dank der neuen Funktionalitäten könnte das Format darüber hinaus auch für weitere Fachgebiete interessant werden, wie z.B. die Bodenkunde“, meint Sarah Graf. „Info-Veranstaltungen für alle Interessierten sind in den kommenden Monaten eingeplant.“

Text: Leonhardmair

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