In 8 Tagen zur Innovation
Selbsttest: „Innov8 Now!“ [18.07.20]
Die Dinge des Alltags mit neuen Augen sehen: Der Kühlschrank war eine innovative Idee, die sich durchgesetzt hat. Bild: Emilie Jung
Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für Innovationen und Geschäftsideen – ohne besondere Vorkenntnisse: Funktioniert das wirklich? Emilie Jung, Volontärin in der Abteilung Hochschulkommunikation, hat das kostenlose 8-Tage-Programm „Innov8 Now!“ im Selbsttest ausprobiert. Entwickelt wurde es von Hohenheimer Innovationsforschern, um das unternehmerische Potential während der Corona-Zeit anzustacheln.
Hinter „Innov8 Now!“ stecken Prof. Dr. Andreas Pyka vom Lehrstuhl für Innovationsökonomik und Prof. Dr. Bernd Ebersberger vom Lehrstuhl für Innovationsmanagement. Die Idee entstand zu Beginn der Corona-Zeit. Der Appell: „Nutzen Sie jetzt die Zeit, die Sie aufgrund von Corona zu Hause verbringen! Machen Sie sich Gedanken darüber, wie Innovationen Ihnen und anderen helfen können, die Folgen der Krise zu meistern!“ Das 8-Tage-Programm richtet sich dabei nicht nur an potentielle Entrepreneure, sondern auch an Neugierige, die Veränderungen im beruflichen oder privaten Umfeld umsetzen möchten. Mehr...
Selbsttest
Autorin: Emilie Jung
Ich mache derzeit ein Volontariat in der Hochschulkommunikation und wage den Selbsttest aus zwei Gründen: Unabhängig von Corona, lockt mich der Gedanke, mich mit einem völlig unbekannten Thema auseinanderzusetzen. Außerdem möchte ich wissen, ob auch in mir innovatives Potential schlummert, sodass ich künftig kreativer an Probleme herangehen kann.
Tag 1: Neuer Blick auf den Alltag
Der Kühlschrank, das Internet oder der Staubsaugerroboter: An Tag 1 lerne ich alltägliche Dinge mit neuen Augen zu sehen. Sie alle gehen auf innovative Ideen zurück, die sich erfolgreich als „Problemlösungen“ durchgesetzt haben. Entscheidend dafür ist nicht nur die Idee selbst, sondern auch die Umsetzung und die erfolgreiche Vermarktung. Beim Begriff Innovation geht es aber nicht nur um radikal Neues, sondern auch kleinen Änderungen oder Produkt- oder Prozessinnovationen.
Übung 1 fällt mir leicht: „Suchen Sie sich einen Paten, der oder die offen für Innovation ist.“ Ich denke sofort an einen guten Freund, der Wirtschaftsinformatik studiert und praktische Erfahrungen mit innovativ ausgerichteten Projekten hat. Gleichzeitig soll ich von nun an alle spontane Ideen, die mir im Alltag kommen, aufschreiben.
Tag 2: Aus Fehlern der anderen Lernen
Aus Fehlern der anderen lernt man mehr als aus den eigenen, erklärt mir das Programm heute. Die Aufgabe: An drei gescheiterte Erfindungen denken, die sich nicht langfristig halten konnten. Mir fallen ICQ, MSN und MySpace ein, die durch Facebook und WhatsApp verdrängt wurden. Die Plattformen sind meiner Meinung nach längerfristig erfolgreich, weil sie mehr Funktionen und ein besseres Nutzer-Erlebnis bieten. Um die Übung verständlicher zu vermitteln, gibt es noch eine kurze Einführung in die Attributionstheorie aus der Psychologie.
Tag 3: Neues verdrängt Altes
„Kreative Zerstörung“ – das Thema heute klingt etwas brutal. Es geht um Technologien, Produkte oder Methoden, die durch Innovationen verdrängt werden. Die Lehre daraus: Ohne stetige Innovationen, keine dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit. Auf Erfolg ausruhen geht also nicht.
Bei der Übung habe ich allerdings selbst erstmal einen kreativen Durchhänger. Auf der Suche nach aktuellen Beispielen aus der heutigen Zeit muss ich schließlich an Streaming-Anbieter denken, die dem klassischen Fernseh-Programm immer mehr den Rang ablaufen.
Tag 4: Mehr Kunden
Heute steht ein Gedankenexperiment an: Ich soll mich in Personen hineinversetzen, die mein hypothetisches Produkt nicht kaufen bzw. meine Dienstleistung nicht in Anspruch nehmen. Dazu lerne ich die Kreativ-Methode des Design Thinking kennen.
So einfach ist die Sache allerdings nicht: Als Zielgruppe hatte ich bisher fast ausschließlich junge Menschen vor Augen. Wenn ich die Produkte oder Dienstleistungen z.B. mehr an den Geschmack älterer Menschen anpasse, könnte ich jüngere Kunden wieder verlieren…
Tag 5: Ohne Übertreibung
Nicht jede technische Innovation ist automatisch ein wirtschaftlicher Erfolg. Um Preiserhöhungen zu rechtfertigen, werden Produkte häufig mit zahlreichen Funktionen angereichert, die eigentlich kaum genutzt werden. Das Programm nennt Microsoft Word oder die Rasierer von Gilette als Beispiel. Doch diese Strategie geht nicht immer auf, erfahre ich heute.
In einer Übung soll ich bestimmen, an welcher Stelle 20 Prozent der Produktionskosten eingespart werden könnten, um mein fiktives Produkt 80 Prozent günstiger zu verkaufen. Den Ansatz finde ich interessant, denn in Zukunft wird es auch aus ökologischer Sicht wichtig sein, Ressourcen einzusparen. Doch ohne betriebswirtschaftlichem Hintergrund ist diese Übung für mich schwierig.
Tag 6: Verbraucherfreundlichkeit
Beim Entwickeln von Ideen denkt man zuerst an die Vorzüge. Heute lenkt das Programm den Blick in die andere Richtung: Welche möglichen Unannehmlichkeiten gibt es beim Erwerb, Gebrauch oder der Entsorgung der Produkte? Und wie lassen sich hierbei Verbesserungen erreichen? Ich spiele den Gedanken und die vorgestellten Kreativ-Methoden anhand eines Schuhherstellers durch, dessen Schuhe an der Sohle schnell kaputtgehen. Mit einer Material-Innovation an der Sohle wäre der Schuh insgesamt länger verwendbar. Außerdem bekomme ich einen Einblick in das Thema Innovationsmanagement.
Tag 7: Zur Sache kommen
Die heutige Übung dreht sich um die großen und kleineren Trends der heutigen Zeit. Ich beschäftigte mich mit dem Thema Selbstoptimierung: Meditieren, Fitness-Apps oder exotisches Superfood, das gesundheitlich vorteilhaft sein soll. Ziel der Übung: Erkennen, welche Kundenbedürfnisse eigentlich hinter den Trends stehen. Denn die Bedürfnisse der Zeit zu erfassen, ist das A und O für erfolgreiche Innovationen.
Allmählich bewegen wir uns an die Zielgerade: Bevor es an die Ausformulierung der eigenen Idee geht, lerne ich noch die 7 Ks zu Bewertung einer guten Idee kennen: Von Kundenpotential bis Kapitalbedarf.
Tag 8: Meine Innovationsidee
Meine Überlegungen der letzten Tage haben sich inzwischen verdichtet: Meine Innovation soll eine Gesundheits- und Fitness-App sein, die sich zunächst an Studierende richtet und sie bei der bewussten Ernährung unterstützt. Meine Vermutung: Das Interesse an gesundheitsbewussten Lebensstilen wird auch nach Corona weiter steigen.
Die Hauptfunktion ist ein Service, um Mensa-Gerichte vorzubestellen. Die Gerichte können individuell portioniert und die Komponenten flexibel zusammengestellt werden, um den Anteil an Kohlenhydrate, Proteine und Fette selbst zu bestimmen. Zur Wahl stehen alle Lebensmittel, die die Mensa ohnehin für reguläre Gerichte einplant.
Schritt für Schritt soll die App in künftigen Versionen, um weitere Funktionen ergänzt werden: Zum Beispiel Rezeptvorschläge anhand des eigenen Kühlschrankinhalts. Diese Funktion spart Zeit und verringert Lebensmittelverschwendung.
Fazit
Ich habe „Innov8 Now!“ als reines Gedanken-Experiment gestartet – und vorerst werde ich keine Unternehmensgründerin. Wer eine Geschäftsidee allerdings ernsthaft umsetzen will, bekommt durch das Programm eine sehr detaillierte Hilfestellung. Die meisten Übungen fielen mir leicht und haben Spaß gemacht. Das Programm hat mir viele Erkenntnisse beschert und ich bin tiefer in die Thematik eingetaucht als ich anfangs gedacht hätte. Was mir gut gefiel: Es werden nicht nur Kreativ-Methoden vorgestellt, sondern auch wichtige Begriffe aus der Innovationstheorie kurz und verständlich erklärt. Außerdem haben mich die Übungen angeregt, mich intensiv mit Zeit nach Corona auseinanderzusetzen. Meine Geschäftsidee entstand vor allem durch die Gespräche mit meinem Paten, den ich mir zu Beginn des Programms ausgesucht hatte.
Text: Emilie Jung