Ein Kaffee mit… Dr. Catharina Vögele

Hohenheimer Lehrpreisträgerin im Interview  [19.07.19]

Dr. Catharina Vögele erhält von Uni-Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert am Dies academicus die Urkunde zum Hohenheimer Lehrpreis 2019. Bild: Uni Hohenheim / Emmerling

Theorie mit aktuellen Beispielen zum Leben erwecken, Studierende mit aktivierenden Methoden zum Mitdenken motivieren, die Brücke zwischen Forschung und Lehre schlagen: So lautet der didaktische Ansatz von Dr. Catharina Vögele vom Fachgebiet Kommunikationswissenschaft, insb. Kommunikationstheorie. Bei Studierende kommt dieses Konzept bestens an. Auf Vorschlag der Fachschaft erhielt die Dozentin den Hohenheimer Lehrpreis 2019, der mit 10.000 € dotiert ist. Der Online-Kurier hat Dr. Catharina Vögele zum Interview getroffen.

 

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Hallo Frau Vögele, herzlichen Glückwunsch zum Hohenheimer Lehrpreis! Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung? Und was verstehen Sie persönlich unter „guter Lehre“?


Allein die Nominierung durch die Fachschaft hat mich schon riesig gefreut. Im Alltag bekommt man ja nicht immer so viel direkte Rückmeldung zu seiner Arbeit. Dass ich den Preis nun tatsächlich erhalten habe, empfinde ich als große Wertschätzung. Das tut gut und motiviert.

Gute Lehre bedeutet für mich in erster Linie, Studierende abzuholen und ihr Interesse zu wecken. Ich will Studierende in meinen Seminaren außerdem dazu bringen, aktiv mitzuarbeiten und erworbenes Wissen anhand aktueller Beispiele anzuwenden.

Glücklicherweise fällt es bei meinem Forschungsgegenstand nicht allzu schwer, aktuelle Bezüge herzustellen: Ob wachsender Populismus oder die Bedeutung sozialer Medien – Fallbeispiele zu Theorien der politischen Kommunikation lassen sich eigentlich jeden Tag finden.

Das kommt offensichtlich gut an. Neben der hohen Aktualität der Themen loben Studierende vor allem Ihre innovativen Ansätze in der Lehre. Woher nehmen Sie die Inspiration?

An dieser Stelle muss ich ein dickes Lob für das Hochschuldidaktikzentrum loswerden!

Die erste Lehrveranstaltung übernimmt man ja in der Regel, weil der Prof einem das zutraut. Mir hat es von Anfang an großen Spaß gemacht, aber didaktisch wird man schon erstmal ins kalte Wasser geworfen. Ich habe mich deshalb schnell für die Angebote des HDZ interessiert und das Baden-Württemberg-Zertifikat erworben.

Das hat mich enorm weitergebracht. Man lernt, bewusst über den Aufbau der eigenen Veranstaltungen nachzudenken und bekommt zugleich einen Werkzeugkasten mit unterschiedlichsten Methoden an die Hand, die ich bis heute einsetze und für meine jeweiligen Veranstaltungen anpasse.

Ihr Modul „Politische Kommunikation“ gehört zu den Lehrveranstaltungen mit den besten Evaluationsergebnissen. Wie ist es aufgebaut?


Das Modul besteht aus zwei Teilen. Die erste Veranstaltung ist das Lektüreseminar. Es geht darum, die Grundlagen der politischen Kommunikation und die wichtigsten kommunikationswissenschaftlichen Theorien und Konzepte dazu kennenzulernen. Der zweite Teil ist das sogenannte „Forschungsseminar“. Hierbei wenden die Studierenden das Gelernte dann anhand einer konkreten, aktuellen Fragestellung an.

Zuletzt haben wir uns hier z.B. damit beschäftigt, wie Twitter die Berichterstattung in klassischen Medien prägt. Also, wessen Tweets zu welchem Thema werden wo und wie in Zeitungsartikeln aufgegriffen? Dabei haben wir zwei Zeiträume, 2017 und 2013, miteinander verglichen. Internationale Studien zu diesem Thema gibt es bereits einige, aber nur wenige beziehen sich auf Deutschland.

Mir ist es allerdings wichtig, dass die Studierenden auch schon während des „Theorieteils“ am Anfang nicht bloß passive Zuhörer sind. Deshalb setze ich bereits im Lektüreseminar verschiedene aktivierende Methoden ein.

Können Sie ein paar Beispiele nennen?


Ein Beispiel ist das sogenannte „Experten-Puzzle“. Studierende erhalten bei der Seminarvorbereiten den Auftrag, einen bestimmten Aspekt des Themas ganz besonders genau vorzubereiten. Wenn es also z.B. um das Thema „Wahlkampf“ geht, werden die einen Studierenden zu Experten für die Kampagnen-Strategien des Amtsinhabers, die anderen für die des Herausforderers.

Im Seminar interviewen sich Studierenden in Kleingruppen dann gegenseitig zu ihrem jeweiligen Experten-Wissen. Auf diese Weise lernen sie, das Gelesene in eigene Worte zu verfassen und gelangen so zu einem tieferen Verständnis.

Ein anderes Beispiel wären z.B. Impulsreferate, bei denen Studierende die Theorien auf aktuelle Fallbeispiele beziehen. Oder der „Tweet zum Seminar“. Dabei fassen Studierende Erkenntnisse der Sitzung am Ende in einer Art Schlagzeile zusammen.

Forschendes Lernen ist ein Ansatz, den die Uni Hohenheim als besonderes Markenzeichen in der Lehre etablieren will. Allerdings sind solche Formate für Lehrende auch mit besonderen Herausforderungen verbunden. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

In unserem Fachgebiet ist das forschende Lernen schon seit geraumer Zeit fest im Lehrplan integriert und es kommt bei den Studierenden auch sehr gut an. Darüber hinaus habe ich drei Humboldt reloaded-Seminare geleitet.

Die Vorbereitung ist sicherlich aufwändiger als bei klassischen Lehrveranstaltungen, weil z.B. die Lektüre sehr sorgfältig ausgewählt werden muss. Allerdings versuche ich, wenn möglich, immer eine Brücke zu meiner aktuellen Forschung zu schlagen, sodass sich der Zusatzaufwand etwas reduziert.

Ich selbst genieße den Kontakt mit den Studierenden in diesem Rahmen sehr. Als Wissenschaftlerin ist man im Alltag ja doch oft eher eine Einzelkämpferin. Ich freue mich deshalb jedes Mal, wenn ich in einem Seminar mit motivierten Studierenden diskutieren kann. Das ist ein super Ausgleich zur Schreibtischarbeit und liefert auch Anstöße für meine eigene Forschung.

Hin und wieder konnte ich Ergebnisse aus Seminaren sogar als Vorstudien nutzen oder anderweitig in meine Arbeit einfließen lassen. Beispielsweise habe ich mit Studierenden in einem Experiment untersucht, welchen Wirkung der schwäbische Dialekt eines Landespolitikers auf die Zuhörer ausübt. Die Ergebnisse konnte ich anschließend auf einer Tagung präsentieren und in einem Journalartikel publizieren.

Gute Lehre und gute Forschung: Beides kostet Zeit – und das ist gerade für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Problem. Kann das forschende Lehren diese Spannung ein Stück weit aufheben?


Mein Herz schlägt für die Lehre, aber wenn man es nüchtern betrachtet, muss ich leider sagen: Nein. Trotz aller beschriebenen positiven Effekte für meine eigene Arbeit, bleibt der Zusatzaufwand unterm Strich doch bestehen.

Leider ist es nach wie vor so, dass gute Lehre im Wissenschaftssystem kaum gewürdigt wird und der eigenen Karriere unter Umständen sogar abträglich sein kann. Denn bei Berufungen zählen eben fast ausschließlich die Publikationsleistungen. Das ist ein echtes Problem.

Umso mehr freue ich mich über die Anerkennung, die im Hohenheimer Lehrpreis zum Ausdruck kommt.

Der Preis ist auf 10.000 € dotiert, die nun für das Fachgebiet verwendet werden können. Was haben Sie vor?


Das Preisgeld soll den Studierenden auf jeden Fall bestmöglich zu Gute kommen. Ich bin im Gespräch mit der Fachschaft und den Kollegen und es gibt auch schon einige Ideen. Die Entscheidung ist aber noch nicht gefallen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Leonhardmair


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