Wie starten Studierende ins neue Semester?
Back on Campus [20.10.21]
Ausgelassene Stimmung vorm Schloss: Die Masterstudierenden Karina Kunert, Melina Psyllakis, Henric Renz, Emre Aydin und ihre Kommiliton:innen freuen sich wieder auf dem Campus zu sein.
Lernen im Hörsaal, spontan Leute treffen, Mensa …: Das Leben kehrt zurück auf den Hohenheimer Campus. Für Studierende heißt das allerdings auch: Health-Pass, Maskenpflicht, Vorab-Reservierung von Lernplätzen und ein stetiger Wechsel zwischen Online- und Präsenzterminen. Viele hätten sich zudem noch mehr Veranstaltungen auf dem Campus gewünscht. Wie starten Hohenheimer Studierende nach dem Lockdown zurück ins Uni-Leben? Der Online-Kurier hat sich rund ums Schloss und auf Instagram umgehört.
Leo Richter und Tim Lindner studieren im 5. Semester den Bachelorstudiengang Agrarbiologie. Einen Spaziergang durch die Hohenheimer Gärten haben sie bisher allerdings erst selten unternommen.
„Wir haben eine Hohlstunde und im Moment gibt es ja nicht ganz so viele Möglichkeiten, wo man sich aufhalten kann. Also haben wir uns gedacht, drehen wir doch mal eine Runde im Grünen“, erklärt Leo.
Neue Motivation
Wie es sich anfühlt, wieder hier zu sein? „Ich hatte heute endlich mal wieder einen Grund früh aufstehen!“, lacht Tim. „Im Ernst: Es tut richtig gut, wieder Struktur zu haben. Beim Online-Studium fiel es mir nicht immer leicht, Motivation aufzubringen. Oft habe ich Lernstoff auf den nächsten Tag geschoben, und dann staut sich eben viel an.“
Die Vernetzung unter den Kommiliton:innen kam jedoch glücklicherweise auch während des Lockdowns nicht zum Erliegen.
Spontaner Spaziergang: Leo Richter und Tim Lindner nutzten ihre Hohlstunde für eine Runde im Grünen.
„Wir haben uns häufig per Discord verabredet und dort auch gemeinsam über Lernstoff diskutiert. Aber richtiges Campus-Leben kann so etwas nicht ersetzen. Manchmal hatte man in den letzten Semestern schon das Gefühl, etwas zu verpassen“, meint Leo.
Das gilt auch für den Lernstoff: „Alle Dozenten waren bemüht, das Beste aus der Situation zu machen. Aber de facto gab es schon große Qualitätsunterschiede bei den Online-Veranstaltungen. Zum Teil hing das auch vom jeweiligen Stoff ab: Gerade praktische Inhalte lassen sich einfach nicht ohne Verluste ins Digitale übertragen“, sagt Leo.
Das Drumherum zählt
Das „Hörsaal-Feeling“, die „Gemeinschaft mit anderen Studierenden und Professoren“, „Mal wieder etwas anderes als die eigene Wohnung sehen“: Das haben laut einer Umfrage in der Story des Hohenheimer Instagram-Accounts auch etliche andere Studierende vermisst. Ebenso wie die „Salatbar“ in der Mensa oder „Partys“.
Ähnlich sieht das auch Karina Kunert. Die Studentin des Master-Studiengangs Economics hat sich mit einer Gruppe Kommiliton:innen auf einer Bank vor dem Schloss niedergelassen. „Wahrscheinlich haben wir uns noch nie so sehr gefreut, an die Uni zu fahren wie heute… In den letzten drei Semestern haben wir den Campus ja nur gesehen, um Klausuren zu schreiben“, meint die Master-Studentin.
„Man kann sich im Hörsaal besser konzentrieren als daheim“, findet Henric Renz. „Vor allem aber hat mir tatsächlich das ganze Drumherum gefehlt: Die Mensa, die Freunde… Das Studium soll ja schließlich auch Spaß machen. Dann läuft es auch mit dem Lernen!“
Das Beste aus beiden Welten?
Emre Aydin konnte sich hingegen auch mit dem Online-Studium gut arrangieren: „Ich habe eine Stunde Anfahrtsweg bis nach Hohenheim. Heute bin extra für eine 15-minütige Pflichtveranstaltung hergekommen. Ich finde, das ist nicht optimal gelöst. Ich fände es besser, wenn das Semester komplett hybrid ablaufen würde.“
Melina Psyllakis ist zur Uni gekommen, obwohl ihre Veranstaltungen heute auch gestreamt werden: „Ich wollte einfach mal wieder den ganz normalen Uni-Alltag erleben. Trotzdem fände ich es gut, wenn die Uni aus den Erfahrungen der letzten Semester auch etwas mitnehmen würde. Ideal wäre es schließlich, das Beste aus der digitalen und der analogen Welt zu kombinieren.“
Neue Bekanntschaften: Die Erstsemester-Studetinnen Vanessa Maucher, Alina Troscheit, Louise Hengstberger und Kommilitoninnen kommen vom ersten gemeinsamen Mensa-Essen.
Nicht alle die möchten, können vor Ort sein
Bei einigen Studierenden jedoch beginnt das neue Semester auch mit Frust. Sie wären heute ebenfalls gerne auf dem Campus und finden sich dennoch ungewollt in Zoom-Veranstaltungen wieder.
Aufgrund der Corona-Verordnung dürfen die Plätze in den Hörsälen nach wie vor nicht voll belegt werden. Da die Hörsäle und Seminarräume auch vor der Pandemie bereits ausgelastet waren, muss ein Teil der Veranstaltungen nun notgedrungen online bzw. hybrid stattfinden. Die Raumplanung gestaltet sich unter diesen Bedingungen hochkomplex.
„Cool, 2 Stunden Präsenz die Woche, dickes Lob an euch“, antwortet ein Student ironisch auf die Instagram-Umfrage und ist mit seiner Enttäuschung nicht allein. Denn wie hoch der Anteil an Präsenz-Veranstaltung ausfällt, kann von Student:in zu Student:in stark variieren.
Auf der anderen Seite fällt es auch Lehrenden nicht immer leicht, die Nachfrage richtig abzuschätzen. Obwohl die Anmeldung für Präsenz-Termine eigentlich verbindlich ist, gibt es bereits in den ersten Tage Fälle, in denen lediglich 10% der angemeldeten Studierenden im Hörsaal erschienen sind.
In solchen Fällen könnte bei der Raumplanung noch einmal nachjustiert werden. Es lohnt sich daher, Dozent:innen bei Interesse konkret danach zu fragen, ob eine bestimmte Online-Veranstaltung als Hybrid-Version ausgeweitet werden kann.
Corona-Regeln bereiten bislang wenig Probleme
Und wie kommen die Studierenden mit den Corona-Regeln zurecht? Die Studierenden vorm Schloss jedenfalls scheinen gut damit leben zu können.
„Als ich die Mail des Rektors durchgelesen hatte, dachte ich mir im ersten Moment: Oh Mann, das wird kompliziert… Aber hier vor Ort stellt man dann fest: Eigentlich ist alles halb so wild und es funktioniert wirklich gut. Sicher gewöhnt man sich schnell daran. Ich vergesse sogar immer wieder, dass ich eine Maske trage“, sagt Tim Lindner.
Auch Karina Kunert empfindet den Aufwand als überschaubar: „Geimpfte müssen ihren Health-Pass ja nur einmal im Semester validieren. Ich finde: Das ist eine gute Lösung. Stressig wird es höchstens für diejenigen, die sich regelmäßig testen müssen.“
Möglich ist das immerhin ab sofort auch auf dem Campus: Die Garben-Apotheke hat im Euroforum ein neues Testzentrum eingerichtet. Öffnungszeiten: Mo-Fr 7:30-8:15 Uhr, 11:45-13:00 Uhr. Derzeit sind Tests ohne Termin möglich. Auf Nummer sicher geht man jedoch mit einer Terminvereinbarung unter: testkalender.de/teststelle-uni-hohenheim
Erstsemester erkunden den Campus
Ganz besonders wichtig sind Präsenz-Veranstaltung für Studierende in den ersten Semestern. Denn sie müssen sich im neuen Umfeld erst noch orientieren – und vor allem: neue Kontakte knüpfen. Um sie dabei zu unterstützen haben sich die Fachschaften in den letzten Tagen kräftig ins Zeug gelegt: Mit Campus-Führungen in Kleingruppen, Speed-Meeting-Events oder Grillabenden.
Vanessa Maucher, Alina Troscheit und Louise Hengstberger beginnen ihr Bachelorstudium Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie und haben sich in den ersten Tagen auf dem Campus kennengelernt.
„Es gibt einige Leute, die sagen: Ach, Online-Lehre ist doch viel bequemer. Ich sehe das anders und freue mich wirklich, dass wir hier sein können“, meint Vanessa. „Neue Leute kennenzulernen funktioniert doch im Grunde nur, wenn man sich vor Ort begegnet. Unsere Fakultät hat auch schon einen Pizza-Abend organisiert, das fand ich wirklich eine Super-Aktion.“
Uni-Alltag muss sich noch einpendeln
Manchmal verläuft das Kennenlernen allerdings auch etwas anders als geplant: „Wir wollten eigentlich gerade eine Veranstaltung vor Ort besuchen, haben aber niemanden angetroffen. Offenbar gab es hier ein Missverständnis oder eine spontane Planänderung. Stattdessen sind wir nun gemeinsam in die Mensa gegangen und haben uns unterhalten“, berichtet Alina.
Alle drei Studentinnen sind gespannt darauf, wie sich ihr neuer Uni-Alltag unter Corona-Bedingungen einpendeln wird: „Ich hoffe, dass es gute Möglichkeiten gibt, sich vom Campus aus in Online-Veranstaltungen einzuloggen, wenn diese zwischen zwei Präsenztermine fallen. Für uns Erstsemester wurden extra für diesen Zweck Hörsäle reserviert. Künftig müssen wir uns dann allerdings selbst um freie Lernplätze kümmern“, berichtet Louise.
Dabei ist in diesem Semester etwas Vorab-Planung gefragt: Plätze in den Bibliotheken und speziell ausgewiesenen Hörsälen müssen über ILIAS reserviert werden. Zusätzlich können auch die Speisesäle der Mensa außerhalb der Essenszeiten zum Lernen genutzt werden (Mo bis Fr 8:15 - 10:50 Uhr | 14:15 - 16:40 Uhr). Dazu hat die Uni einen neuen Nutzungsvertrag mit dem Studierendenwerk unterzeichnet. Die Buchung ist bei den Helfer:innen mit Warnweste im Eingangsbereich möglich.
Text: Leonhardmair