Ein Thema, drei Fragen

Was ist ein nachhaltiger Handabdruck?  [15.08.17]

Den „ökologischen Fußabdruck“ kennt inzwischen fast jeder. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler möchten nun zusätzlich den „Handabdruck“ etablieren. Was es damit auf sich hat? – 3 Fragen an Michael Kühnen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Nachhaltigkeitsmanagement

 

 

Ein Thema, drei Fragen

Michael Kühnen zum Projekt "Der Handabdruck: ein komplementäres Maß positiver Nachhaltigkeitswirkung  von Produkten".

 

Nachhaltiger Handabdruck – nie gehört. Was ist das?

Im Moment noch eine Vision. Es geht um eine Methode, um positive Nachhaltigkeitseffekte sichtbar zu machen, analog zum „ökologischen Fußabdruck“.

Der Fußabdruck bewertet, welche negativen Auswirkungen mit der Herstellung eines Produkts oder dem Erbringen einer Dienstleistung verbunden sind. Also z.B. den CO2-Ausstoß entlang des Produktlebensweges.

Mit dem Handabdruck wollen wir eine komplementäre Perspektive einnehmen: Er soll darstellen, welche positiven Nachhaltigkeitseffekte durch eine bestimmte Handlung bzw. den Kauf eines Produkts erzielt werden.

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Wozu ein neues Konzept? Reicht es nicht aus, den „ökologischen Fußabdruck“ möglichst klein zu halten?

Nicht ganz: Der Handabdruck soll auch zeigen, wie sozialer oder ökologischer Mehrwert geschaffen wird: z.B. wenn Arbeitsplätze mit fairer Bezahlung in einem Entwicklungsland entstehen oder ein Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt geleistet wird. Auch die Förderung von Umweltbewusstsein kann ein solcher Mehrwert sein. So etwas wird durch den ökologischen Fußabdrucks nicht erfasst.

Ersetzen soll der Handabdruck den Fußabdruck allerdings nicht. Wenn man negative Aspekte aus dem Auge verliert, besteht die Gefahr, dass Greenwashing betrieben wird. Unsere Vision ist, dass sich Fuß- und Handabdruck als ergänzende Konzepte etablieren.

Daher soll auch die Reduktion bestehender Umweltprobleme dargestellt werden: Wenn z.B. ein Baustoff bestimmte Schadstoffe bindet, z.B. durch Einlagerung und Bindung von CO2 in Holz beim Hausbau. Oder wenn ein Unternehmen Plastikmüll aus dem Meer fischt, um daraus neue Produkte, wie z.B. Textilien, herzustellen.

Es gibt aber noch ein anderes wichtiges Argument für den Handabdruck: Er soll die Motivation von Unternehmen fördern, sich ökologisch und sozial zu engagieren. Der Fußabdruck fokussiert negative Aspekte. Dadurch lässt er sich schwer als Argument einsetzen, um Konsumentenvertrauen herzustellen und zu fördern. Gleichzeitig scheint es in der Natur des Menschen zu liegen, dass positiv formulierte Ziele ein besonders starker Ansporn sind. Das trifft auch für nachhaltige Konsum- und Managemententscheidungen zu.

Worum dreht sich das zugehörige Forschungsprojekt?

Positive Nachhaltigkeitseffekte zu messen und dabei eine möglichst sachliche und objektivierbare Bewertung zu erreichen, ist nicht ganz einfach.

Welche Parameter und Indikatoren sinnvollerweise in den Handabdruck einfließen sollten und wie sich diese am besten darstellen lassen, erarbeitet derzeit ein Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production (CSCP), dem Fachgebiet für Nachhaltigkeitsmanagement der Universität Hohenheim, dem Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg sowie dem Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke.

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und läuft seit 2015. Inzwischen sind wir soweit, dass die ersten Pilot-Fallstudien mit Unternehmen begonnen haben, die den Handabdruck für ihre Produkte ausprobieren wollen. Mehr Infos gibt es auf unserer Projekt-Homepage!

Interview: Leonhardmair

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