Neue Profs: Tobias Würschum
Er züchtet Pflanzen gegen den Hunger [27.09.22]
Prof. Dr. Tobias Würschum | Foto: Uni Hohenheim / Corinna Schmid
Ein „Blick in die Pflanze“ – das erlauben neue Methoden der Pflanzenzüchtung. Sie sorgen dafür, dass angepasste Sorten künftig schneller zur Verfügung stehen. Prof. Dr. Tobias Würschum leitet seit März 2020 das Fachgebiet Pflanzenzüchtung an der Uni Hohenheim. Er möchte mit seiner Arbeit dazu beitragen, die Ernährung der Weltbevölkerung sicherzustellen.
Der Pflanzenzüchtung käme hierbei eine Schlüsselrolle zu, ist der Agrarbiologe und frühere Leiter der Landessaatzuchtanstalt überzeugt. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund der Auswirkungen des Klimawandels.
Herr Würschum, Ihr Fachgebiet wurde mit Ihrem Start umbenannt von „Angewandte Genetik und Pflanzenzüchtung“ auf „Pflanzenzüchtung“. Was machen sie anders als Ihr Vorgänger Albrecht Melchinger?
Die Pflanzenzüchtung ist ein sehr breites und spannendes Forschungsgebiet und reicht von Simulationsstudien und Selektionstheorie über Feldversuche und Phänotypisierung bis hin zu modernen molekularen Methoden, Genomik und Bioinformatik. Diese Bereiche möchte ich mit meiner Gruppe abdecken.
Sie waren auch schon vor Ihrem Ruf an der Uni Hohenheim tätig...
Ja, bevor ich im März 2020 das Fachgebiet Pflanzenzüchtung übernommen habe war ich an der Landessaatzuchtanstalt, zunächst als Leiter der AG Biotechnologie und ab 2013 als Leiter der gesamten Einrichtung.
Ich habe auch schon hier in Hohenheim studiert – Agrarbiologie mit einem Fokus auf Pflanzenzüchtung, Populationsgenetik und Pflanzenschutz. Für die Promotion bin ich dann nach Freiburg gegangen, wo ich an Stammzellen bei Pflanzen geforscht habe. Anschließend war ich zwei Jahre in der Industrie und bin dann nach Hohenheim zurückgekommen.
Hinweis der Redaktion |
Seit Beginn der Corona-Pandemie war es zeitlich nicht mehr möglich, die traditionellen Willkommensinterviews mit neuen Profs durchzuführen. Nun wird dies in Form einer Serie mit schriftlichen Fragebögen nachgeholt. |
Was ist die wichtigste Frage, die Sie bei Ihrer Arbeit antreibt?Die große Frage ist, wie wir die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung jetzt und auch zukünftig sicherstellen können – und das unter zunehmend erschwerten Bedingungen wie den Auswirkungen des Klimawandels. Der Pflanzenzüchtung kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.
Angenommen Sie würden über unbegrenzte Mittel und Möglichkeiten verfügen – welches Projekt würden Sie in Angriff nehmen?In der Pflanzenzüchtung geht es darum neue, verbesserte Sorten zu züchten. Warum genau diese besser sind bleibt bisher aber weitestgehend eine Black Box. Dies zu verstehen wäre aber wichtig, um zukünftig schneller auf neue Herausforderungen reagieren und zielgerichtet angepasste Sorten züchten zu können.
Neue Methoden erlauben es heutzutage, gewissermaßen einen „Blick in die Pflanze“ zu werfen und so zum Beispiel die Expression von RNA, Proteinen und Metaboliten zu erfassen. Dies an einer großen Anzahl von Linien über viele Umwelten hinweg zu realisieren, würde sicher helfen die agronomischen Zielmerkmale wie Ertrag, Qualität und Resistenzen, aber auch Ertragsstabilität besser zu verstehen.
Mit welchen Forschungsthemen beschäftigen Sie sich im Augenblick denn?
Hauptsächlich beschäftigen wir uns mit der Genetik züchterisch wichtiger Merkmale, um damit eine Genomik-unterstützte Züchtung zu ermöglichen. In einem universitätsweiten Projekt,
AMAIZE-P, geht es zum Beispiel um die Effizienz der Phosphornutzung bei Mais.
In einem anderen Projekt wollen wir die Qualitätseigenschaften bei Soja verbessern. Dazu führen wir unter anderem gerade wieder unser
1000-Gärten-Projekt durch, ein Citizen Science Projekt, bei dem die Teilnehmenden Soja im eigenen Garten anbauen und evaluieren.
Können sich Studierende auch an Ihren Forschungsprojekten beteiligen?Ja natürlich, mit Bachelor- und Masterarbeiten sowie Dissertationen. Auch HiWi-Jobs gibt es in der Pflanzenzüchtung regelmäßig.
Was sind die wesentlichen Inhalte Ihres Lehrkonzeptes?Lehre und Forschung können im Bereich Pflanzenzüchtung bestens Hand in Hand gehen und sollten dies meiner Meinung auch tun. So beruht auch der hervorragende Ruf der Hohenheimer Pflanzenzüchtung nicht alleine auf der Forschungsarbeit, sondern gleichermaßen auf der sehr guten Ausbildung im Bereich der Pflanzenzüchtung. Die Hohenheimer Schule für Pflanzenzüchtung vermittelt den Studierenden ein breites, aber auch praxisrelevantes Wissen – und damit das Rüstzeug für eine erfolgreiche Karriere in der Züchtungsindustrie.
Was bedeutet für Sie gute Lehre?
Fachgebiet Pflanzenzüchtung |
Seit 18.3.2020 leitet Prof. Dr. Tobias Würschum das Fachgebiet. Die Bezeichnung änderte sich von „Angewandte Genetik und Pflanzenzüchtung“, nachdem der frühere Leiter Prof. Dr. Albrecht E. Melchinger in den Ruhestand trat. |
Dazu beizutragen, den Studierenden diese Ausbildung angedeihen zu lassen, mit der sie national, aber auch international konkurrenzfähig und gefragt sind. Dazu muss man natürlich das Fachwissen vermitteln, gleichzeitig soll aber auch das Interesse und der Spaß an der Pflanzenzüchtung geweckt und genährt werden.
Wo arbeiten Ihre Absolventinnen und Absolventen später?Die Hohenheimer Absolventinnen und Absolventen haben in der Regel sehr gute Chancen, in der Pflanzenzüchtungsindustrie zu arbeiten.
Welchen guten Rat geben sie den Studierenden mit auf den Weg?Die Fächer zu wählen, an denen man das größte Interesse hat.
Eine letzte Frage: Was machen Sie denn, wenn Sie nicht gerade forschen und lehren?In meiner Freizeit mache ich gerne Sport und bin auch sehr gerne draußen in der Natur – das ist ein guter Ausgleich zur Büroarbeit.
Herzlichen Dank, Herr Würschum!
Interview: Elsner