Neue Profs: Christian Zörb

Er macht die Wein- und Weizen-Tester von morgen  [04.09.14]

Wein gedeiht besonders gut, wenn er unter Stress steht. Für die meisten Pflanzen gilt allerdings eher das Gegenteil. Wie man die Güte von Getreide, Gemüse, Früchten und Co beurteilt – und wie man diese durch Anbau und Zucht positiv beeinflusst, lehrt Prof. Dr. Christian Zörb. Seit Frühjahr 2014 besetzt er den Lehrstuhl für Qualität pflanzlicher Erzeugnisse.

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Herr Zörb, was wollen Sie uns eigentlich beibringen?

In meinem Fachgebiet haben wir die schöne Aufgabe, uns mit der Qualität von pflanzlichen Nahrungsmitteln zu beschäftigen – von Wein über Weizen bis hin zu Gemüse.

Im Bachelorstudium vermittle ich zunächst die Grundlagen, wie Qualität eigentlich definiert, gemessen und beurteilt wird. Labor-Analysen bilden dabei einen Schwerpunkt. Um zu beurteilen, wie ein Lebensmitteln voraussichtlich von Verbrauchern angenommen wird, sind aber auch sensorische Beurteilungen wichtig: Also wie gut riecht, schmeckt und sieht das Lebensmittel aus?

Freies Assoziieren


Ein zweiter, wichtiger Themenkomplex dreht sich um die Frage, wie man Pflanzen dazu bringt, sich möglichst optimal zu entwickeln und die gewünschten Qualitätsmerkmale auszubilden. Stress ist zum Beispiel ein sehr wichtiges Kriterium, das die Qualität beeinflusst.

Man sieht Sie also auch öfter mit Studierenden im weißen Laborkittel?

Ja, Labor-Praktika spielen schon eine wichtige Rolle. Im Bachelor-Studium geht es darum, Analyseverfahren kennenzulernen. Wir messen z. B. den Ascorbinsäuregehalt oder die Zuckerkonzentration in Früchten. Im Master werden die Analysen dann komplexer.

Besonders interessant sind beispielsweise auch gesundheitsfördernde Inhaltsstoffe von Pflanzen. Ein interessanter sekundärer Pflanzenstoff ist zum Beispiel das Allicin, das verantwortlich ist für die Schärfe in Zwiebeln und Knoblauch und das eine therapeutische Wirkung bei Arteriosklerose hat. Möglicherweise könnte es in Zukunft auch eine Rolle bei der Krebstherapie spielen.

Außer der reinen Messung solcher Inhaltsstoffe interessiert uns natürlich, wie man deren Ausbildung in der Pflanze gezielt steigern kann.

Und wie gelingt so etwas?

Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Nehmen wir zum Beispiel den Inhaltsstoff Resveratrol in Weintrauben. Dieser sekundäre Pflanzenstoff wird ausgebildet, wenn die Weinstöcke unter Stress stehen oder Fraßfeinde abwehren. Nicht umsonst wird Wein also bevorzugt an Steilhängen angebaut und der prallen Sonne ausgesetzt. Das alles wirkt sich positiv auf die Entwicklung aus.

Doch das ist kein allgemeines Prinzip. Abgesehen vom Wein, bedeutet Stress meist schlechtere Qualität und niedrigere Erträge. Das gilt vor allem für Trockenstress und Salzstress. Wir versuchen deshalb die physiologischen Mechanismen der Pflanze genau zu verstehen. Dann können wir Züchtern helfen, die Stressresistenz der Pflanzen gezielt zu verbessern.

Ein wichtiges Thema für Forschung und Züchtung ist in diesem Zusammenhang auch der Klimawandel. Der bedeutet für die Pflanzen zumeist auch erstmal Stress.

Was bedeutet für Sie gute Lehre?

Komplett ohne Frontal-Unterricht geht es leider nicht. Aber mir ist wichtig, dass ich die Studierenden immer wieder auch aktiv einbinde. Ich möchte dabei einiges ausprobieren. Zum Beispiel lege ich Studierenden im Master gerne wissenschaftliche Publikationen von Kollegen vor und lasse sie zur Übung Anträge formulieren, die zu der Veröffentlichung geführt haben könnten.

Wo arbeiten Ihre Studierenden später?

Der Arbeitsmarkt für Agrarwissenschaftler sieht generell gut aus. Wer sich speziell auf den Schnittpunkt Agrar-, Ernährungswissenschaften und Qualitätsanalytik konzentriert, könnte zum Beispiel in der Qualitätssicherung großer Firmen wie Nestle oder Fresenius arbeiten. Wer sich für Qualität von Wein interessiert, wird sicher auch in dieser Branche unterkommen.

Ich möchte allerdings ausdrücklich auch zu einer wissenschaftlichen Karriere ermuntern! Ich freue mich über jeden neuen Doktoranden. Wenn ich jemanden irgendwann von der Dissertation über die Habilitation bis zur Berufung an einen Lehrstuhl begleiten könnte, wäre das für mich super!

Wein beschäftigt Sie als Wissenschaftler. Sind Sie auch privat ein Weinliebhaber? Und was sagen Sie zu den regionalen Weinen?

Einem erlesenen Tropfen bin ich auf keinen Fall abgeneigt. Besonders gerne trinke ich Weißweine. Den Trollinger finde ich nicht übel, aber da ich nicht aus Baden-Württemberg komme, bin ich schon etwas breiter aufgestellt.

Wie wird denn der Hohenheimer Jahrgang 2014?

Er hat mit einem sehr frühen Austrieb begonnen 3-4 Wochen vor der eigentlichen Zeit. Für die Entwicklung der Beeren stand genügend Wasser und auch Sonne zur Verfügung. Das Klima der nächsten Wochen wird dann aber noch mal erheblich für die Ausbildung der Qualität verantwortlich sein.

Ich denke, der erste Jahrgang, den ich hier in Hohenheim mitbekomme, wird bestimmt super. Sie können das gerne selber testen, dazu brauchen Sie nur bei dem Verkaufs-Termin vor Weihnachten im Weinkeller unter dem Schlossmittelbau vorbei schauen. Dort können Sie dann die Erzeugnisse des letzten Jahrgangs auch erwerben.

Abgesehen vom Wein-Verkosten – wie verbringen Sie Ihre Freizeit?


Ich liebe Antiquitäten wie man vielleicht schon in meinem Büro hier sieht. Außerdem spiele ich gerne auf meinem Flügel. Ansonsten bin ich gerne in der Natur und fahre Rad.

Interview: Leonhardmair

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