Innovative Lehre: STEPS-Team im Interview

Studienstart leicht machen  [09.09.19]

Bild: Uni Hohenheim / Leonhardmair

Weichen für den Studienerfolg werden oft schon in den ersten Wochen gestellt: Denn wer sich willkommen fühlt, ist in der Regel auch besonders motiviert. Anfängliche Wissenslücken, z.B. in Mathematik, lassen sich mit etwas Unterstützung häufig schließen bevor sie zum Problem werden. Und frühe Einblicke in die Forschung können gleich zum Studienstart den eigenen Forschergeist wecken. Diese und weitere Ziele verfolgt die Uni Hohenheim im Rahmen der STEPS-Projekte. Im Interview erläutern Projektleiterin Stephanie Schmid und ihre Kolleginnen Barbara Hellwig, Elke Harnisch und Anna-Lena Müller-Wengerofsky die unterschiedlichen Ansätze.


Hintergrund STEPS: Die Uni Hohenheim will ihre Lehre kontinuierlich weiterentwickeln. Für mehrere erfolgreich eingeworbene und bewilligte Projektanträge erhält sie dazu aus der zweiten Tranche des Landesfonds „Erfolgreich Studieren in BW“ bis Ende 2020 insgesamt rund 1,1 Mio. Euro. Im Mittelpunkt stehen Reformen in der Studieneingangsphase. Mehr zum Thema…

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Im Bereich Lehre tut sich an der Uni Hohenheim zurzeit eine ganze Menge. Ein Beispiel ist die gerade angelaufene zweite Fördertranche der „STEPS-Projekte“. Frau Schmid, Sie sind als Gesamtprojektleiterin für die übergeordnete Koordination zuständig. Was genau hat es mit STEPS auf sich?

Schmid: Der Name „STEPS“ steht für „Studieneingangsphase“. Wir wollen es den Studierenden in den ersten Semestern erleichtern, an der Uni Hohenheim anzukommen. Sie erhalten die Möglichkeit etwaige Wissenslücken zu schließen und können von Beginn an Forschungsluft schnuppern.

Hierfür können die Studierenden verschiedene Angebote besuchen: Beispielsweise Forschung schnuppern an allen Fakultäten während der Einführungswoche zum Studienstart, ein Qualifizierungsprogramm für Tutorinnen und Tutoren, eine semesterbegleitende Mathe-Werkstatt oder den neuen Aktionstag „Forschung leicht gemacht“ zu Beginn des 2. Semesters.

Darüber hinaus unterstützen wir Fakultäten und Lehrende dabei, Forschendes Lernen in die vorhandenen Curricula zu integrieren.

Früher wurde man zum Studienstart mehr oder weniger ins kalte Wasser geworfen. Frei nach dem Motto: Selbständig werden gehört zum Studium dazu. Ändert sich hier die Denkweise?

Schmid: Die Rahmenbedingungen an den Unis ändern sich – beispielsweise studierten zur Jahrtausendwende nur ca. halb so viele Studierende in Hohenheim – und darauf müssen wir uns einstellen. Eigentlich werden die Jahrgänge wegen der sinkenden Geburtenrate immer kleiner. Anderseits wollen, prozentual gesehen, immer mehr junge Leute studieren. Das wird von der Politik durchaus unterstützt.

Für die Universitäten heißt das, dass die Studierendenschaft immer vielfältiger wird. Einige Studierende wollen ab dem ersten Semester voll durchstarten und möglichst schnell in die Welt der Wissenschaft eintauchen. Andere wollen zunächst ein wenig mehr an die Hand genommen werden und sich orientieren.

Hochschulen und Ihre Lehrenden stellt das vor große Herausforderungen. Deshalb hat das Land 2016 den Fonds „Erfolgreich Studieren“ ins Leben gerufen, aus dem die Uni Hohenheim in beiden Fördertranchen erfolgreich Mittel eingeworben hat.

Frau Hellwig, Sie leiten das Teilprojekt „Mathematisches Verständnis“, das in der aktuellen zweiten Förderrunde in die Verlängerung geht. Wo setzen Sie an?

Hellwig: Zusatzangebote vor Studienbeginn und in den ersten Semestern sollen Studierenden helfen, den Anschluss zu schaffen, vergessenes Schulwissen zu reaktivieren und ihnen auch die Angst vor Mathe nehmen. Unsere Botschaft dabei: Es ist uns wichtig, dass Sie die Prüfung schaffen – und: Mathematik kann sogar richtig Spaß machen!

Generell ist uns wichtig, möglichst viele Studierende zu erreichen, die unsere Hilfestellung benötigen. Um Berührungsängste abzubauen arbeiten wir deshalb auch eng mit Lehrenden zusammen, die im Rahmen ihrer Veranstaltungen immer wieder auf die STEPS-Angebote hinweisen.

Können Sie Beispiele nennen?

Sehr gut angenommen wird z.B. die „Mathe-Werkstatt“, die das Format eines offenen Lernraumes hat. Dort kann man sich treffen, um gemeinsam zu rechnen. Studentische Tutoren und ich stehen bei Problemen und Fragen zur Seite. Vielen Studierenden fällt es in diesem Kontext offensichtlich viel leichter, Fragen zu stellen, als in einer Sprechstunde.

Vor den Prüfungen bieten wir ein verstärktes Werkstatt-Angebot. Gerade vor den Nachklausuren nehmen viele Studierende das sehr dankbar an.

Auch mit dem Vorkurs „Mathematik für Biowissenschaften“ haben wir gute Erfahrung gemacht. Er wurde in diesem Semester aufstockt und auch für alle Studiengänge der Fakultät A geöffnet.

Der Vorkurs findet vor dem eigentlichen Studienbeginn statt und ermöglicht angehenden Studierenden, Schulstoff noch einmal aufzufrischen. Ganz nebenbei können sich die Teilnehmer schon untereinander vernetzen und den Campus kennenlernen. Denn bei studentischen Tutorinnen und Tutoren kann man natürlich nicht nur nach Rechenwegen fragen, sondern auch, wie das hier mit dem WLAN funktioniert und vieles mehr.

Nicht nur für Mathe-Übungen spielen fortgeschrittene Studierende als Ansprechpersonen auf Augenhöhe eine wichtige Rolle. Frau Müller-Wengerofsky, Sie sind für das Teilprojekt „Tutorienprogramm“ zuständig. Worum geht es genau?

Müller-Wengerofsky: Tutorien, in denen der Stoff von Veranstaltungen wiederholt und eingeübt wird, gibt es in vielen Modulen. Sie leisten einen nachhaltigen und unverzichtbaren Beitrag zum Universitätsalltag. Meistens werden dazu Studierende mit besonders guten Noten vom Lehrstuhl angesprochen, die sich aktiv in die Vorlesung mit einbringen.

Natürlich ist ein gutes Verständnis des Stoffes wichtig, um ein Tutorium zu betreuen, aber es stellen sich auch ganz andere Herausforderungen, z. B.: Wie strukturiere ich den Stoff? Wie präsentiere ich anschaulich? Wie motiviere ich eine heterogene Gruppe? Wie gehe ich mit Fragen um, die ich nicht beantworten kann? Was mache ich, wenn ich mit der Zeit nicht durchkomme oder wenn der Beamer nicht funktioniert?

Und auch die Reflexion der eigenen Rolle ist sehr hilfreich: Sehe ich mich eher als Teil der Studierendengruppe oder als Dozent bzw. Dozentin? Entscheide ich mich fürs Du oder fürs Sie?

Bis 2015 gab es an der Uni Hohenheim dafür ein studiengebührenfinanziertes Qualifizierungsprogramm für Tutorinnen und Tutoren. Nach dem Wegfall der Studiengebühren wurde das Angebot von vielen schmerzlich vermisst. Im Teilprojekt „Tutorienprogramm“ lassen wir es nun in überarbeiteter Form wiederaufleben. Den ersten Tutorienworkshop gibt es bereits zu Beginn des Wintersemesters vom 04.-05.10. und 18.-19.10. So profitieren Tutorinnen und Tutoren, Tutandinnen und Tutanden sowie natürlich auch die entlasteten Dozentinnen und Dozenten bereits zeitnah von dem Angebot.

Gefördert durch MWK

Gefördert durch das MWK


Die vermittelten Kompetenzen und Soft Skills dürften den Studierenden wahrscheinlich nicht nur für ihr Tutorium zugutekommen. Wie ist das Programm aufgebaut?

Müller-Wengerofsky: Das Tutorienprogramm setzt sich aus verschiedenen Formaten zusammen: Im Oktober finden die Basic-Workshops für die (angehenden) Tutorinnen und Tutoren statt. Parallel hospitieren sie in einem anderen Tutorium und schnuppern so in die Tutorienarbeit hinein.

Sobald sie die theoretischen und praktischen Erfahrungen in ihrem eigenen Tutorium erproben konnten, erhalten sie nach einer Hospitation von uns Feedback. Abgerundet wird das Programm durch zwei Tutorienwerkstätte, in denen es einerseits Input zu einem gewünschten Thema, andererseits Zeit für Reflexion und Austausch gibt.

Unterstützung bieten wir aber auch außerhalb der Veranstaltungen an, beispielsweise in den Tutoriensprechstunden. Auch für Dozierende gibt es eine Sprechstunde, in der z. B. thematisiert wird, wie die Zusammenarbeit mit Tutorinnen und Tutoren effektiver gestaltet werden kann, um Zeit und Ressourcen zu sparen.

Der Workshop schließt mit einem Zertifikat ab und kann im Rahmen des Portfoliomoduls angerechnet werden. Die Anmeldung auf F.I.T. ist noch bis zum 15. September möglich.

Frau Harnisch, in Ihrem Teilprojekt geht es um ein Update für das „Portal für Lehrende“, richtig?

Harnisch: Ja. Es soll eine Plattform entstehen, die die Bedürfnisse der Lehrenden bestmöglich aufgreift. Die bereits vorhandene Informationssammlung für Lehrende bietet eine gute Grundlage. Bestehende Informationen werden in das neue Portal einfließen.

Bis zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2020 wollen wir diese Website gemeinsam mit den tatsächlichen Nutzern einer Weiterentwicklung unterziehen. Dazu hat bereits ein erster „Design Thinking“-Workshop stattgefunden, an dem Erstlehrende, wissenschaftliche Mitarbeiter und Professoren aus allen Fakultäten teilgenommen haben.

Zudem bereicherten Mitarbeiter der Hochschuldidaktik, der Hochschulkommunikation und des Humboldt reloaded-Teams diesen Workshop. Die Veranstaltung wurde gut aufgenommen und ein weiterer Workshop ist angedacht.

Nach einer Auswertung und weiteren Gesprächen zeigt sich u.a., dass die Website nicht nur als reines Informationsportal dienen soll, sondern dass auch eine Plattform für den kollegialen Austausch und Inspirationsquelle für Lehre gewünscht ist. Ein weiteres Ergebnis ist, dass Personen auf Internetseiten unterschiedliche Zugänge zu Informationen präferieren.

Wir werden berichten! Vielen Dank für das Gespräch.


Interview: Leonhardmair

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