Nachhaltigkeit im Uni-Alltag
Ein Kaffee mit… dem AStA-Umweltreferat [18.01.21]
Ein virtueller Kaffee mit... Ernesto Lunar Koch, Inga Müller, Lana Bersch und Oliver Peters vom AStA-Umweltreferat
Viele Forschungsprojekte der Uni Hohenheim drehen sich um Nachhaltigkeit – und Studierende sind in zahlreichen grünen Gruppen aktiv: Doch was den Alltag auf dem Campus betrifft gibt aus Sicht des AStA-Umweltreferats noch Luft nach oben. Im Interview mit dem Online-Kurier werben die Studierenden deshalb u.a. für die Idee eines „Green Office“ als zentrale Anlaufstelle, um Nachhaltigkeitsthemen voranzubringen und Studierende, Beschäftigte und Forschende aus allen Bereichen aktiv einzubeziehen.
Im Interview: Ernesto Lunar Koch, Inga Müller, Lana Bersch und Oliver Peters (nicht dabei: Mischa Bareuther)
Aus aktuellem Anlass: Wie wirken sich Corona und das Home-Studium aus Eurer Sicht auf das studentische Engagement aus?
Lana: Schon sehr stark. Die grünen Gruppen versuchen das natürlich mit Online-Angeboten zu kompensieren, was zum Teil auch richtig gut gelingt. Die landesweite Aktion zum Studienstart „Erstsemesterakademie BaWü zukunftsfähig“ (AKN) war z.B. ein Riesenerfolg. Alle Online-Veranstaltungen waren im Nu ausgebucht. Diese Resonanz hat unsere Erwartungen übertroffen.
Dieses Semester findet wieder die Online-Reihe „Sustainable Monday“ vom Arbeitskreis Nachhaltigkeit statt, die wechselweise von unterschiedlichen Gruppen organisiert wird. Unter anderem ging es z.B. um nachhaltige Neujahrsvorsätze oder das Thema Green Banking.
Ernesto: Doch wir machen uns schon Sorgen, dass wir gerade die neuen Studierenden nicht wirklich erreichen. Und dass sich das auch mittelfristig auswirkt, weil die Netzwerke, die man sonst in den ersten Semestern aufbaut, gar nicht erst zustande kommen.
Das wäre tragisch, denn eigentlich gibt es in Sachen Nachhaltigkeit keine Zeit zu verlieren. Im Gegenteil, wir denken, dass wir als gesamte Uni dringend einen Schritt vorankommen müssen.
Weil auch Klimawandel und andere Umweltprobleme keine Corona-Pause machen?
Ernesto: Ja, man muss sich klarmachen, dass die größten Herausforderungen dieses Jahrhunderts erst noch bevorstehen. Und sie werden gerade unsere Generation massiv betreffen.
Inga: Man kann sich natürlich fragen, warum das uns als Uni im Besonderen betreffen sollte. Wir glauben aber, dass es für die gesellschaftliche Transformation aktive Keimzellen benötigt, die auf den Rest der Gesellschaft ausstrahlen.
Und Unis sind dafür geradezu prädestiniert. Denn hier wird nicht nur an den entscheidenden Zukunftsthemen geforscht. Es werden auch Denkweisen, Verhaltensmuster und Netzwerke der heranwachsenden Generation geprägt, aus der bald die wichtigen Entscheidungsträgerinnen und –träger für unsere Gesellschaft hervorgehen.
Werden die Unis diesem hohen Anspruch aus Eurer Sicht gerecht?
Oliver: Glaubwürdig wäre es, wenn die Unis Nachhaltigkeit wirklich auf allen Ebenen umsetzen, als Thema für Forschung und Lehre – und zwar, wenn möglich in allen Studiengängen – aber eben auch ganz konkret im Campus-Alltag.
Ehrlich gesagt: Gerade was den letzten Punkt betrifft gibt noch sehr viel zu tun. Wir denken, die Uni Hohenheim, die sich „Bioökonomie“ als Leitthema auf die Fahnen schreibt, sollte hier durchaus den Anspruch haben, mit voranzugehen.
Das klingt in der Theorie gut. Praktisch dürfte die Sache nicht ganz so leicht sein…
Inga: Ja, das ist uns nur zu gut bewusst. Beispielsweise haben sich mehre Studierendengenerationen beim Kampf gegen die Einwegbecher in der Cafeteria immer wieder die Zähne ausgebissen.
Doch manchmal kommt dann doch überraschend Bewegung in eine Sache: So hat das Studierendenwerk Tübingen-Hohenheim im Oktober bekannt gegeben, dass Schritt für Schritt in den Cafeterien nur noch Mehrwegbecher angeboten werden sollen. Einen konkreten Termin für Hohenheim gibt es zwar noch nicht, aber wir bleiben am Ball.
Lana: Fest steht auf jeden Fall: Sobald man sich näher mit einem Thema beschäftigt, merkt man wie komplex die Hintergründe, Zuständigkeiten und Rahmenbedingungen sind.
Das nimmt natürlich gerade dem studentischen Engagement viel Wind aus den Segeln. Bis man sich mal in ein Thema eingearbeitet hat ist das Studium schon halb vorbei. Und von Generation zu Generation geht auch immer viel Wissen verloren.
Oliver: Vermutlich stoßen aber auch Beschäftigten, die etwas in Sachen Nachhaltigkeit bewegen wollen, manchmal frustriert an ihre Grenzen, weil sie sich als Einzelkämpfer fühlen.
Was also tun?
Ernesto: Wir glauben, dass wir mehr erreichen können, wenn engagierte Studierende, Forschende, Beschäftige der Verwaltung und anderer Einrichtungen sowie die Uni-Leitung noch mehr an einem Strang ziehen.
Seitens des Umweltreferats wollen wir deshalb zur gegenseitigen Vernetzung anregen und in den kommenden Monaten dazu das Gespräch mit der Kanzlerin und mit unterschiedlichen Einrichtungen suchen, von der Mensa bis zur Beschaffung.
In diesem Zusammenhang möchten wir auch ganz konkret für eine Idee werben, die gerade an mehreren Unis in Europa Gestalt annimmt: Ein „Green Office“, das von der Uni und der Verfassten Studierendenschaft kooperativ betrieben wird.
Was genau kann man sich darunter vorstellen?
Oliver: Eine zentrale Anlaufstelle mit festen Räumen, einer festen Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter und ggfs. Hiwis. Nachhaltigkeitsthemen könnten von hier aus unterstützt – und Studierende wie Beschäftigte aus allen Bereichen gleichermaßen aktiv eingebunden werden.
Ein Vorbild ist das Green Office der Uni Maastricht, das bereits 2010 eingerichtet wurde. Inzwischen greifen auch deutsche Hochschulen das Modell auf, z.B. die Uni Konstanz. Aktuell ist auch die Uni Stuttgart dabei, ein Green Office aufzubauen und hatte dafür Ende letzten Jahres die Stelle einer Nachhaltigkeitsmanagerin bzw. eines –managers ausgeschrieben.
Auch an der Uni Hohenheim ist das Thema Nachhaltigkeit inzwischen verankert: Bei der Neuausschreibung der Stelle für das Energiemanagement wurde der Bereich Nachhaltigkeit mit aufgenommen.
Ernesto: Darüber haben wir uns sehr gefreut. Die neue Mitarbeiterin, Frau Gärtner, ist auch bereits auf uns zukommen und hat angekündigt, dass sie eng mit den studentischen Gruppen zusammenarbeiten möchte. Das wissen wir sehr zu schätzen.
Wir hoffen, dass wir gemeinsam erreichen können, dass dem Thema Nachhaltigkeit an der gesamten Uni in Zukunft eine noch höhere Priorität beigemessen wird – und dass alle Gruppen dabei aktiv mit ins Boot geholt werden. Wenn es gelingt, hierfür die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, ist es im Grunde zweitrangig, ob das Ganze am Ende den Namen „Green Office“ trägt. Entscheidend ist, dass wir gemeinsam vorankommen!
Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Leonhardmair