Polychlorierte Biphenyle (PCB) wurden bis in die 80er Jahre in elektrischen Bauteilen (Transformatoren, Kondensatoren), als Hydraulikflüssigkeit oder als Weichmacher (z. B. in Lacken, Dichtungsmassen, Isoliermitteln) verwendet. Es handelt sich dabei um chlorierte Kohlenwasserstoffe, die in der Natur nicht vorkommen. Insgesamt gibt es 209 mögliche Verbindungen (Kongenere). Einige Kongenere sind in ihrer Struktur und in ihrer biologischen Wirkung dioxinähnlich und gelten als krebserregend.
In der BRD dürfen seit 1982 keine PCB-haltigen Stoffe mehr produziert werden. Seit 1989 gilt in der BRD die generelle PCB-Verbotsordnung. Hier werden erstmals Vorsorge- und Sanierungswerte (s.u.) definiert. 2003 tritt eine PCB-Verordnung in Kraft, die anordnet, dass alle Landes-Gebäude auf PCB untersucht werden müssen.
Noch heute ist PCB neben Baustoffen auch in Böden, Wasser, Luft sowie Organismen verbreitet nachweisbar. Der menschliche Organismus ist daher im Alltag einer permanenten PCB-Hintergrundbelastung ausgesetzt. Ende der 90er Jahre wurde die tägliche Aufnahme auf ca. 0,02 Mikrogramm PCB pro Kilogramm Körpergewicht eingeschätzt. Als größte Belastungsquelle gilt der Verzehr von fettreichen, tierischen Lebensmitteln.
PCB wird vor allem deshalb als gefährlich eingeschätzt, weil es vom Körper nur sehr langsam abgebaut wird und sich über die Jahre im Fettgewebe anreichert. Kommt zusätzlich zur allgemeinen Hintergrundbelastung eine weitere Belastungsquelle hinzu, wie der langjährige Aufenthalt in Räumen mit erhöhten PCB-Werten in der Atemluft, summieren sich die Gesamtbelastung für den Organismus.
Untersuchungen zu möglichen gesundheitlichen Belastungen in Räumen erfolgen meist in 3 Stufen.
- Material-Probe
Um PCB-Quellen zu identifizieren werden in der Regel zuerst Proben von verdächtigen Materialien analysiert. Abgesehen von Faustregeln (s.u.) lässt der PCB-Gehalt in den Materialien aber noch keinen unmittelbaren Rückschluss auf die gesundheitliche Gefahr zu. Entscheidend dafür ist, wie sehr die PCB-Quelle ausdünstet und welche PCB-Konzentration sie so in der Atemluft ausdünstet verursacht. - Luftmessung
Die Luftmessung gibt Auskunft, wie gefährlich der Aufenthalt in den belasteten Räumen ist. Sie entscheidet, ob Vorsorge-Maßnahmen ergriffen oder die Räume geschlossen und saniert (s.u.) werden müssen. Die Messung selbst sollte 4-8 Stunden dauern (DIN ISO 16000-12, Probenahmestragie für polychlorite Biphenyle). - Blutprobe
Die PCB-Messung im Blut liefert ein Gesamtbild, wie stark ein individueller Organismus tatsächlich mit PCB belastet ist (s.u.). Dabei summieren sich alle PCB auf, das der Körper auf verschiedenen Wegen Nahrung und Atemluft aufgenommen hat.
Bei einer Feststoffmessung wird eine definierte Auswahl der verschiedenen PCB-Arten in der Probe addiert und als Gesamtsumme in mg/kg (s.u.) angegeben.
Als Faustregel gilt laut PCB-Richtlinie: ab einer PCB-Gesamtsumme über 0,1 Gewichtsprozent kann eine Beeinflussung der Raumluft unterstellt werden.
Um die Gesamtbelastung in der Luft abzuschätzen, wird eine definierte Auswahl von verschiedenen PCB-Arten in der Probe (s.u.) gemessen, addiert und mit 5 multipliziert. Das Ergebnis wird als Gesamtsumme in ng/m3 angegeben.
Für die Situation, dass PCB als Schadstoff vorliegt, ohne dass ein bewusster Umgang damit beabsichtigt ist, sind zum Schutz vor gesundheitlicher Gefährdung die Richtwerte aus der sogenannten PCB-Richtlinie maßgeblich.
Gesamt-PCB-Konzentration als Jahresmittelwert
Diese folgenden Richt- und Grenzwerte gelten für die Jahresmittelwerte der Gesamt-PCB-Konzentration:
- < 300 ng/m³ = Vorsorgewert:
Eine Belastung bis 300 ng/m³ gilt als langfristig tolerabel und stellt das Ziel bei der Sanierung dar.
- 300 - 3.000 ng/m³:
Mittelfristiger Handlungsbedarf:Bei Werten in diesem Bereich ist die Quelle aufzuspüren und mittelfristig zu beseitigen. Zwischenzeitlich soll durch verschiedene Maßnahmen (regelmäßiges Lüften sowie gründliche Reinigung und Entstaubung der Räume) die Konzentration verringert werden.
- 3.000 ng/m³: Interventionswert:
Gesundheitsgefahren sind nicht auszuschließen. Sollten Kontrollanalysen die Belastung bestätigen, muss mittels Sofortmaßnahmen die Konzentration gesenkt werden. Betroffene Räume und Gebäude sind nur für 6 Monate für jeweils 8 Stunden täglich nutzenbar.
Spezialfall PCB 118
PCB 118 wird stellvertretend für die Gruppe der hochchlorigen PCB-Varianten (s.u.) gemessen, die als besonders gesundheitsschädlich gelten. Für den Fall, dass folgende zwei Bedingungen erfüllt sind, sind deshalb ebenfalls expositionsmindernde Maßnahmen zu ergreifen oder eine Sanierung durchzuführen:
- Gesamt-PCB-Konzentration Werte oberhalb 1000 ng/m³ und
UND
- PCB 118-Konzentration oberhalb 10 ng/m³
Beurteilung anhand von Jahresmittelwerten
Maßgeblich für eine Beurteilung sind jedoch nicht einzelne Messungen, sondern die Jahresmittelwerte.
Das bedeutet: Zeitweise auftretende höhere Schadstoffkonzentrationen, - zum Beispiel durch erhöhte Temperaturen verursacht - leisten zwar einen nicht zu vernachlässigenden Beitrag, sind aber für die Beurteilung der Gefährdung alleine nicht ausreichend.
In der Praxis ist die Ermittlung von Jahresmittelwerten allerdings sehr aufwändig. In der Regel wird deshalb versucht, die Jahresmittelwerte mit wenigen, dafür möglichst repräsentative Messwerten zu ermitteln. Dabei gilt: die Messungen sollten in jedem Fall konservativ, d.h. gegenüber dem wahren Jahresmittelwerten eher zu hoch angesetzt sein. Dies ist in den zugehörigen Messvorschriften (VDI 4300) berücksichtigt.
Zur Ergänzung:
Für berufliche, die bewusst mit PCB umgehen, gelten die Arbeitsplatzgrenzwert für PCB gemäß den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS 900) 3000 ng/m³. In den vorliegenden Fällen, in denen PCB als Gebäudeschadstoff einen regulären Arbeits- oder Studienplatz belastet, ist diese Regel jedoch nicht maßgeblich.
Die DFG legt „Biologische Grenzwerte“ für einzelne Schadstoffe fest. Der biologische Grenzwert gibt an, bis zu welcher Konzentration im Blut bzw. Urin oder Blutplasma etc., von keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgegangen wird. Bei PCB wurde für Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter ein besonders strenger Vorsorgewert definiert.
Biologische Grenzwert für PCB gemäß Technische Richtlinie für Gefahrstoffe TRGS 903
- für Erwachsene: 15 Mikrogramm pro Liter Blut.
- für Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter 3,5 Mikrogramm pro Liter Blut
Schwangere sind am Arbeitsplatz besonders schutzbedürftig. Dies leitet sich aus der Mutterschutz- und der Gefahrenstoffverordnung ab. So sollten Schwangere auf der Arbeit Räume meiden, deren PCB-Luftwert über 900 ng/m³ liegt.
Explizit ist dieser Wert nicht festgeschrieben. Es handelt sich dabei um einen Rechenwert. Grundlage ist der Vorsorgewert von 300 ng/m³, ab dem besondere Sicherheitsmaßnahmen für Normalpersonen zu treffen sind. Für Schwangere wurde dieser Wert als Obergrenze für einen 24-stündigen Aufenthalt definiert. Für einen 8-Stunden-Arbeitstag einer werdenden Mutter gilt entsprechend: 24/8 * 300 ng/m³ = 900 ng/m³.
Auch bei Bluttest gilt für Schwangere und Frauen im gebärfähigen Alter ein besonders strenger Vorsorgewert von 3,5 Mikrogramm pro Liter Blut.
Insgesamt gibt es 209 mögliche PCB-Verbindungen (Kongenere), die mit unterschiedlichen Methoden nachgewiesen werden. Meist liegen Mischungen von 70 bis 100 Verbindungen vor.
Aus Gründen der Praktikabilität beschränkt man sich bei Messungen in der Regel auf 6 PCB-Verbindungen, die besonders häufig vorkommen und sich leicht nachweisen lassen. Sie werden als „Indikator-Kongenere“ bezeichnet: PCB-28, -52, -101, -138, -153 und -180.
Treten bei Messungen der Gesamt-PCB-Konzentration Werte oberhalb 1000 ng/m³ auf, so muss ebenfalls PCB 118 gemessen werden, eine Verbindung, die als besonders gefährlich eingestuft wird.
Während aus Baustoffen die PCB-Kongenere 28, 52 und 101 besonders häufig in die Atemluft ausdünsten, dominieren in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft die Kongenere 138, 153 und 180.
Über die Zusammensetzung der Werte der unterschiedlichen PCB-Verbindungen bei einem Bluttest lassen sich auch Hinweise auf die Quelle der Belastung gewinnen.
Primärquellen
sind Produkte, denen die PCB gezielt zur Veränderung der Produkteigenschaften zugesetzt wurden. Solche Produkte, z. B. Fugendichtungsmassen oder Beschichtungen, enthalten in der Regel mehr als ein Gewichtsprozent PCB und können deutliche Belastungen der Raumluft verursachen.
Sekundärquellen
sind Bauteile (z. B. Wände, Decken) oder Gegenstände (z. B. Mobiliar oder Ausstattungsgegenstände wie Teppichböden oder Gardinen), die PCB meist über längere Zeit aus der belasteten Raumluft aufgenommen haben. Ähnlich wie bei Primärquellen können auch Sekundärquellen PCB in die Atemluft abgeben.
Das bedeutet: auch wenn die Primärquelle als eigentliche Verursacherin des Problems entfernt wurde, können Räume weiterhin durch kontaminierte Sekundärquellen belastet werden. Für die Erfolgskontrolle einer Sanierung ist es deshalb unerlässlich, eine weitere Luftmessung vorzunehmen.
Letztendlich kann nur eine Sanierung unter Beseitigung der PCB-belasteten Objekte (u.U. auch der Sekundärquellen) nachhaltig helfen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann allerdings durch systematisches Lüften sowie regelmäßiges Reinigen mit Beseitigung von Staubablagerungen die Exposition effizient reduziert werden.
Systematisches Lüften
Die PCB-Konzentration in der Raumluft wird nach einer Stoßlüftung deutlich abgesenkt und erreicht erst ca. 3-4 Stunden später wieder das ursprüngliche Niveau. Bei konsequenter Lüftung kann davon ausgegangen werden, dass sich gegenüber den ermittelten Messwerten eine stark reduzierte Raumluftbelastung einstellt. Empfehlungen dazu finden sich z.B. in den Technischen Regeln für Arbeitsstätten zum Thema „Lüftung" (ASR A3.6) der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
Konkret empfiehlt es sich deshalb, etwa alle 2 Stunden eine Stoßlüftung von 3 bis 10 Minuten durchzuführen. Die notwendige Dauer der Stoßlüftung ist von der Temperaturdifferenz zwischen innen und außen und den Windverhältnissen abhängig.
Bei Außentemperaturen > 20°C empfiehlt es sich, stündlich 10 Minuten lang eine Stoßlüftung durchzuführen. Es spricht nichts dagegen, anstatt einer Stoßlüftung eine Dauerbelüftung der Räume vorzunehmen, sofern dies nicht zu anderweitigen Störfaktoren (Lärm, Zugluft etc.) führt. Grundsätzlich gilt: Je höher die Außentemperaturen, desto länger sollten die Lüftungszeitraum dauern.
Wichtig: Auch im Winter muss gelüftet werden(!) – wenn auch nicht so lange. Zum einen findet der Luftaustausch bei niedrigen Außentemperaturen deutlich schneller statt, zum anderen sind im Winter die Raumluftkonzentrationen von PCB auch geringer.
Räume, die mit einer technischen Lüftung oder nach außen abblasenden Klimageräten ausgestattet sind, müssen nicht zusätzlich gelüftet werden.
Regelmäßiges Reinigen
Auch regelmäßiges Staub wischen und –saugen mit Hepa-Filter hilft. Denn das PCB in der Raumluft lagert sich relativ schnell an luftgetragene Partikel an. Diese sind in großer Anzahl überall vorhanden (ca. 1000 Partikel pro cm³) und können sich als Staub auf waagrechten Flächen ansammeln.
In stark belasteten Räumen kann es notwendig sein, die Reinigung einer spezialisierten Firma zu übertragen. Ob dies notwendig ist, beurteilt die Fachkraft für Arbeitssicherheit.