Universität Hohenheim schaut Radieschen von unten an [20.07.06]
Weltweit eine der größten Forschungseinrichtungen dieser Art: Hohenheimer Klimatron ermöglicht Pionierarbeit im Bereich der Wurzel- und Klimaforschung
Offizielle Eröffnung am Dienstag, 25. Juli 2006 ab 10:00 Uhr
Filderhauptstr. 169, 70599 Stuttgart
Ein Acker im Labor unter Zukunftsbedingungen, wie sie Klimaforscher aufgrund des Klimawandels erst für das Jahr 2050 erwarten: In einer der größten Versuchsanlagen dieser Art weltweit findet die Universität Hohenheim Antworten darauf, wie der Acker- und Gemüsebau mit dem globalen Klimawandel fertig werden kann. Dabei beschränken sich die Forscher nicht nur auf den sichtbaren Teil der Pflanzen. Dank Minikameras und Plexiglasröhren im Boden können sie nun auch die Radieschen von unten ansehen.
Schon bald könnte es den Tomaten in Italien zu heiß und trocken werden - und Deutschland zum einem vielversprechenden Anbaugebiet für mediterrane Kulturpflanzen werden: "Alle Szenarien zum Klimawandel zeigen, dass die CO2-Konzentration ansteigen wird und wir von einer allgemeinen Klimaerwärmung ausgehen können", erklärt Prof. Dr. Liebig, Leiter des Fachgebiets Gemüsebau und Rektor der Universität Hohenheim. Doch während für das Klima schon umfangreiche Prognosen vorliegen, besteht noch viel Forschungsbedarf, wie die Landwirtschaft und der Gemüsebau mit der kommenden Situation umgehen können.
Um jetzt schon zu wissen, wie auf die veränderten Klimabedingungen reagiert werden kann, haben Forscher der Universität Hohenheim den „Gemüseacker ins Labor geholt“. "Klimatron" nennt sich die Anlage zur Zukunftsforschung im Gemüsebau. Herzstück der Anlage sind die sogenannten "Substraträume" – eine Art „überdimensionierte Beetkästen“ von der Größe dreier Parkplätze, in denen Pflanzen wachsen.
Das Einzigartige am Hohenheimer Klimatron: der künstliche Boden ist von Plexiglasröhren durchsetzt. Von unten schiebt Martin Erbs, Mitarbeiter im Fachgebiet Gemüsebau der Universität Hohenheim, eine Minikamera durch die Röhren. Auf einem Bildschirm wird eine Reise durch das Wurzelsystem in Echtzeit und Farbe gezeigt. "Die bisherige Forschung hat den Wurzelraum oft vernachlässigt und sich meist auf die oberirdischen Teile der Pflanze beschränkt, die leicht zugänglich sind, - dabei ist das Wurzelsystem für das Pflanzenwachstum mindestens genauso wichtig", erklärt Erbs. "Unter anderem nehmen Wurzeln Wasser- und Mineralstoffe auf, dienen als Speicher und geben der Pflanze Halt." Bewässerung, Dünger und Temperatur werden für alle Beete zentral gesteuert. Von oben hängen spezielle Schläuche über das Beet, mit denen die CO2-Konzentration der Halle kontrolliert wird. „So können wir verschiedene Szenarien des Klimawandels heute schon durchspielen und ihre Auswirkungen von der Wurzel bis zur Blattspitze erforschen“, sagt Erbs.
„Zusätzlich ermöglichen drei Klimakammern die Kontrolle über die relevanten Umweltbedingungen, einschließlich des Lichtes“, berichtet Dr. Judit Pfennig, Mitarbeiterin des Fachgebiets Gemüsebau. "Während die Substratparzellen eine Kombination zwischen Freiland- und Laborbedingungen sind, stellen die Klimakammern den reinen Labormaßstab dar“, erklärt Prof. Dr. Liebig. „So können wir Forschungsergebnisse schrittweise vom Labor auf den Freilandanbau übertragen oder Fragestellungen vom Acker im Labor bearbeiten.“
Die Eröffnung beginnt um 10.00 Uhr mit Redebeiträgen von Prof. Dr. Hans-Peter Liebig, Michael Held (Leiter des Universitätsbauamts Stuttgart/Hohenheim), Dipl.-Ing. Gerhard Reisinger vom Forschungszentrum Jülich und Dipl. Biologe Martin Erbs.
Die Baukosten für das Klimatron betrugen 1,5 Mio. Euro.
Kontakt für Medien:
Dipl. Biol. Martin Erbs, Fg. Gemüsebau, Universität Hohenheim,
Tel.: 0711 459-23557, E-Mail: erbs@uni-hohenheim.de