Steigende Absolventenzahlen, neue Partner und marode Bausubstanz:
Rektor der Universität Hohenheim legt Jahresbericht 2005 vor  [17.05.06]

Mit deutlich geschärftem Profil, ausgebauter Forschung und Lehre und neuen Partnerschaften schloss die Universität Hohenheim laut dem Jahresbericht des Rektors das vergangene Kalenderjahr ab.

In seinem Bericht vor dem Senat wies Prof. Dr. Liebig allerdings auch auf erschwerende Rahmenbedingungen hin. Unter anderem kritisierte er die Studienfonds, die der Hochschule das Ausfallrisiko von Studiengebühren aufbürde und eine Verweigerungshaltung des Landes beim Hochschulbau, die dazu führe, dass das marode Gebäude der Lebensmitteltechnologie immer noch nicht saniert werde – obwohl die Universität Hohenheim eine dreiviertel Million Euro an Eigenmittel zuschoß, um den Baubeginn zu beschleunigen.

Mit der Besetzung von zwei neu geschaffenen Lehrstühlen für Ernährungsmedizin/Prävention sowie Biosensorik habe die Universität Hohenheim ihr fakultätsübergreifendes Profil in dem wissenschaftlichen Schwerpunkt „Ernährungswissenschaften im Rahmen der Food-Chain“ deutlich ausgebaut. In den Wirtschaftswissenschaften schlossen sich 27 Lehrstühle zum neuen Forschungszentrum „Innovation und Dienstleistung“ zusammen. In der Lehre sei der Studiengang Organic Food Chain Management hinzu gekommen, zitierte Prof. Dr. Liebig aus den Neuerungen des vergangenen Jahres.

„Eine besondere Bestätigung für unser Philosophie, Schwerpunkte fächer- und fakultätsübergreifend anzugehen, erhielten wir für unser Konzept, Doktoranden künftig durch eine Graduiertenschule „Sustainable Food Systems, Life Sciences and Innovation“ auszubilden.“ Nach Begutachtung habe die Deutsche Forschungsgemeinschaft und der Wissenschaftsrat die Universität Hohenheim aufgefordert, sich mit diesem Projekt im Rahmen der Exzellenzinitiative zu bewerben. Fachlich greift die Graduiertenschule das spezielle Profil der Universität Hohenheim auf und behandelt die Erforschung der nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion von deren Erzeugung über Lebensmitteltechnologie und Begleitforschung in Ernährungswissenschaften sowie biologischer Grundlagenforschung bis zur Vermarktung und zum Innovationsmanagement. „Die Entscheidung, ob wir gefördert werden, wird Mitte dieses Jahres fallen.“ Im Erfolgsfall könne die Universität Hohenheim mit einer jährlichen Förderung von einer Million Euro rechnen.

Vorangetrieben habe die Universität Hohenheim auch ihre Vernetzungspolitik. Mit regionalen Hochschulen und anderen Institutionen schloss die Universität Hohenheim insgesamt vier Kooperationsabkommen. International kamen acht weitere Partnerschaftsabkommen mit Hochschulen in Mexiko und den USA dazu, so dass Hohenheim insgesamt 70 Partnerschaftsabkommen ins Ausland und 17 nationale Kooperationen aufweist. „Dank unserer regen Auslandstätigkeit verfügt die Universität Hohenheim seit einigen Jahren über einen konstanten Ausländeranteil von 16 Prozent.“ Im Ranking des Deutschen Akademischen Austauschdienstes DAAD der Top 100 belege die Universität Hohenheim prompt einen hervorragenden dritten Platz.

Sorgen bereiteten dem Rektor dagegen einige hochschulpolitische Entwicklungen – so zum Beispiel bei den Studiengebühren: Dazu gehöre die Entscheidung des Landes, das Kreditrisiko bei Studienkrediten den Hochschulen aufzubürden. „Wir befürworten Studiengebühren, was aber auch bedeutet, dass alle Studierende Zugang zu günstigen Krediten haben müssten“, sagte Liebig. „Es darf allerdings nicht sein, dass Kreditausfälle zu Lasten der Universitäten gehen.“ Genau das geschehe allerdings derzeit mit dem sogenannten Studienfond, der Kreditausfälle ausgleichen und von den Hochschulen finanziert werden soll.

Als ausgesprochen Ernst bezeichnete Prof. Dr. Liebig die neue Situation im Hochschulbau und ihre Auswirkungen auf Hohenheim. Bislang hatten sich Bund und Länder die Kosten für Neubauten und Sanierung geteilt, im Zuge der geplanten Förderalismusreform soll die Bauzuständigkeit allein auf die Länder übergehen. „Hier gab es bereits 2005 Finanzierungslücken und es ist zu erwarten, dass sich dringend notwendige Bauvorhaben um Jahre verschieben.“

Um eines der dringendsten Projekte in Hohenheim – die Sanierung der derzeit unbenutzbaren Lebensmitteltechnologie – noch im aktuellen Jahr beginnen zu können, hatte sich die Universität bereit erklärt, rund eine dreiviertel Million Euro aus eigenen Mitteln aufzubringen. „Es gibt mehrere Drittmittel-Projekte, die nur durch die Sanierung umgesetzt werden können. Außerdem wird das Gebäude dringend benötigt, um den sich zuspitzenden Engpass in der Lehre umzusetzen. Umso unverständlicher ist es, dass wir trotz Eigenbeteiligung noch immer kein grünes Licht seitens der Politik bekommen, um mit der Sanierung zu beginnen.“

Die Situation sei nicht nur deswegen so schwierig, weil die Lebensmitteltechnologie ein essentieller Baustein im besonderen Profil der Universität Hohenheim sei, sondern weil die Studierendenzahlen laut allen Prognosen bis zu einer Verdoppelung der Studienbewerber im Jahr 2012 steigen werden. „In diesem Jahr fallen die Absolventen der neuen achtjährigen Gymnasialausbildung mit denen der bisherigen, neunjährigen zusammen“, rechnet Prof. Dr. Liebig.

Bereits 2005 sei die Zahl der Studienbewerber, Studierenden und vor allem der Absolventen erneut gestiegen. Konkret bestanden 702 Studierende ihr Diplom, Staatsexamen oder Bachelor bzw. Master (plus drei Prozent). Hinzu kommen 132 Nachwuchswissenschaftler, die 2005 in Hohenheim ihren Doktortitel erwarben (plus fünf Prozent). Die Zahl der Studierenden stieg im Wintersemester 2005/06 auf 5.919 Studierende (plus sechs Prozent), die der Bewerber auf 6.610 Studieninteressierte (plus 21 Prozent). „Folge des Andrangs ist es, dass wir seit diesem Jahr in praktisch allen Fächern den NC einführen mussten“, so Prof. Dr. Liebig.

Um Studienzeiten weiter zu verkürzen und die hohe Zahl qualifizierter Absolventen zusätzlich zu steigern, räume die Universität Hohenheim dem Service für Studierende einen besonderen Stellenwert ein. „Für das laufende Jahr planen wir deshalb ein neues Studieninformationszentrum, das alle Service-Angebote bündelt.“ Einen steigenden Beratungsbedarf erwarte die Universität Hohenheim außerdem aufgrund der anstehenden Umstellung auf das Bachelor-/Master-System in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften 2006 und in den Naturwissenschaften 2007, der Einführung von Studiengebühren und der Zunahme von E-Learning-Angeboten.

Ein offenes Problem bei steigenden Studierendenzahlen bleibt das knappe Wohnraumangebot, da das Studentenwerk maximal 15 Prozent der Studierenden mit Wohnheimplätzen versorgen kann. „Speziell ausländische Studierende haben aufgrund Sprachschwierigkeiten und später Ankunft aufgrund Visa-Formalitäten einen schwierigen Start auf dem Wohnungsmarkt.“ Neben speziellen Wohnraummentoren, die die Universität zusammen mit der International Students Organisation Hohenheim e.V. einrichtete, plane die Hochschule ein so genanntes „Studierendenhotel“, das Neuimmatrikulierten für einige Wochen zur Verfügung steht, um auf dem Wohnungsmarkt Fuß zu fassen.

Insgesamt standen der Universität Hohenheim für ihren Lehr- und Forschungsauftrag 2005 rund 88 Millionen Euro Landesmittel zur Verfügung, hinzu kamen rund 20 Millionen Euro aus Drittmitteln. „Das Drittmittelaufkommen liegt damit bereits im dritten Jahr über der 20-Millionen-Euro-Grenze.“ Aktivste Einwerberin von Drittmitteln sei die Fakultät Agrarwissenschaften (7,5 Mio. Euro) gefolgt von der Fakultät Naturwissenschaften (4,2 Mio. Euro), der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (1,4 Mio. Euro), den Landesanstalten (1,1 Mio. Euro) und den Wissenschaftlichen Zentren (5,5 Mio. Euro).

Für ihre Mitarbeiter standen der Universität Hohenheim im vergangenen Jahr 1.224 Planstellen zur Verfügung. „Damit hat die Universität Hohenheim gemäß der Vereinbarung mit der Landesregierung im Solidarpakt in den vergangenen fünf Jahren insgesamt 101,5 Stellen mit einem Gesamtwert von rund fünf Millionen Euro abgegeben“, rechnet Prof. Dr. Liebig. Die Verpflichtungen der Hochschule seien damit insgesamt erbracht.


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