Landwirtschaft & Digitalisierung:
Umfrage untersucht Potenzial für Betriebe in Baden-Württemberg [03.05.21]
Forschungsteam der Universität Hohenheim bittet Landwirte um Teilnahme an Online-Befragung bis Juni 2021 | Ergebnisse fließen in Entwicklung neuer Angebote ein
Wie digital sind die Ställe und Felder in Baden-Württemberg bereits? Wie groß ist die Bereitschaft von Landwirtinnen und Landwirten, künftig digitale Lösungen einzusetzen? Und welche besonderen Anforderungen stellen kleinere und mittlere Betriebe an die neuen Technologien? Das möchte das Team von Prof. Dr. Enno Bahrs am Fachgebiet für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim in Stuttgart, gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU), herausfinden. Dazu führt es im Rahmen des Forschungsprojekts „Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft (DiWenkLa)“ eine Online-Befragung unter landwirtschaftlichen Betrieben in Baden-Württemberg durch. Mit Hilfe der Ergebnisse will das Projektteam passgenaue Informations- und Beratungsangebote entwickeln. Die Umfrage läuft bis Juni 2021: diwenkla.uni-hohenheim.de/umfrage
Nachhaltiger Anbau, regionales Futtermittel, hochwertige Lebensmittel und ein ethisch vertretbarer Lebensraum für Nutztiere: Die Ansprüche an Tierwohl und Nachhaltigkeit steigen und werden komplexer. Prof. Dr. Bahrs, Koordinator des Projekts DiWenkLa, weiß: „Innovative digitale Technologien versprechen hierfür vielversprechende Lösungen. Allerdings gibt es für die hierzulande überwiegend kleinen und mittelgroßen Strukturen besondere Hürden beim Zugang zur Landwirtschaft 4.0.“ Hinzu komme die Herausforderung, den Ansprüchen auf wirtschaftliche und effiziente Weise gerecht zu werden.
Ob und inwiefern sich vor allem für Klein- bzw. Familienbetriebe der verstärkte Einsatz von digitalen Technologien lohnt, soll nun durch eine Umfrage ersichtlich werden. „Im Vordergrund stehen die Fragen, welche Technologien auf den Äckern und in den Ställen Baden-Württembergs bereits täglich zum Einsatz kommen, welche Hindernisse von der Nutzung bestimmter Technologien abhalten und wie digitale Möglichkeiten in der Praxis verbessert werden können“, so Prof. Dr. Markus Frank, stellvertretender Projektkoordinator.
Unterstützt wird die Umfrage von der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL) in Schwäbisch Gmünd und dem Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg, die zu den DiWenkLa Verbundpartnern gehören.
Mehr Tierwohl durch Digitalisierung
Die Umfrage betrachtet bei der Außenwirtschaft landwirtschaftlicher Betriebe vor allem den Anbau von Ackerfrüchten und Feldgemüse und die Digitalisierung in Grünlandsystemen. Für die Innenwirtschaft soll die Befragung vor allem Erkenntnisse über den Einsatz neuer Technologien in der Rinderhaltung und Pferdewirtschaft liefern.
Mithilfe einer automatisierten Tierhaltung können Landwirte beispielsweise frühzeitig erkrankte Kühe erkennen: Indem ein Kauschlaghalfter mit integrierten Sensoren über der Nase einer Kuh angebracht wird, wird der Kauvorgang während der Nahrungsaufnahme gemessen. So lässt sich die Futtermenge einschätzen und bei Abweichungen von der Norm können Landwirte schnell reagieren. Auf diesem Weg lässt sich ohne großen Zeit- und Personalaufwand mehr Tierwohl und eine bessere Qualität tierischer Produkte erreichen.
Umfrage untersucht Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz
Prof. Dr. Reiner Doluschitz vom Fachgebiet für Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim und Prof. Dr. Heinrich Schüle der HfWU erforschen, inwiefern der Einsatz von digitalen Technologien gewinnbringend ist bzw. zur Kostenreduktion beiträgt und somit die betriebliche Wettbewerbsfähigkeit verbessern kann. Entscheidend sind auch die Auswirkungen auf Arbeitsproduktivität, die Qualität und Ressourceneffizienz.
„Wir möchten auch herausfinden, welche Qualifikationen Landwirte benötigen, um digitale Technologien effektiv einzusetzen. Durch die Umfrage möchten wir u.a. erfahren, welche Kenntnisse sie mitbringen und wie aufgeschlossen sie gegenüber digitalen Innovationen sind“, sagt das Team um Prof. Dr. Andrea Knierim vom Fachgebiet Kommunikation und Beratung in ländlichen Räumen an der Universität Hohenheim. Im Projekt beteiligt ist außerdem die LEL.
Mit der Teilnahme an der Online-Umfrage können landwirtschaftliche Betriebsleitende aktiv an der Gestaltung der Landwirtschaft 4.0 in Baden-Württemberg mitwirken. Denn die Ergebnisse der Umfrage fließen im Projekt DiWenkLa direkt in weitere Forschung und die Entwicklung neuer Angebote ein. Ein Ziel ist die Weiterentwicklung von Förderprogrammen sowie Bildungs- und Beratungsangeboten.
HINTERGRUND: Projekt DiWenkLa
Das Schwergewicht der Forschung „Digitale Wertschöpfungsketten für eine nachhaltige kleinstrukturierte Landwirtschaft“ (DiWenkLa) ist ein Verbundprojekt mit insgesamt 14 Teilprojekten – davon umfasst die Umfrage zwei Teilprojekte. Unter der Leitung von Prof. Dr. Enno Bahrs vom Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre sind elf Fachgebiete der Universität Hohenheim beteiligt. Die Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) ist Projektpartnerin. Neben rund 20 landwirtschaftlichen Betrieben sind an dem Projekt einzelne Landesanstalten des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz in Baden-Württemberg sowie über 35 Partner aus der Wirtschaft, wie Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, beteiligt.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) finanziert das Projekt über die Förderrichtlinie „Experimentierfelder zur Digitalisierung in der Landwirtschaft“ mit einer Summe von rund 2 Mio. Euro für die Universität Hohenheim. Die Gesamtförderung beträgt rund 4,2 Mio. Euro, von denen das Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz ca. 0,9 Mio. Euro mitfinanziert. Das Forschungsprojekt begann am 2.3.2020 mit einer Laufzeit von 3 Jahren.
Text: Jung
Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Enno Bahrs, Universität Hohenheim, Leitung Fachgebiet für Landwirtschaftliche Betriebslehre (410b)
T +49 711 459 22566, E bahrs@uni-hohenheim.de