Angesichts Affäre um WestLB:
„Kontrollsystem aller Landesbanken muss reformiert werden“  [26.07.07]

Drei Antworten aus der Forschung: Prof. Dr. Hans-Peter Burghof, Bankenexperte der Universität Hohenheim, über die Schwächen der Corporate Governance bei deutschen Landesbanken

Millionenverluste, Managementfehler, Manipulationsvorwürfe gegen Mitarbeiter – die WestLB sieht sich existenzbedrohenden Anschuldigungen ausgesetzt. Hat das Modell einer öffentlich-rechtlichen Bank versagt?

Prof. Dr. Burghof: Der Skandal um die WestLB – ehemals stolzes Flaggschiff der deutschen Landesbanken – zeigt uns einen Systemfehler, wie er für die meisten Landesbanken leider typisch ist: Sie werden von Aufsichtsgremien überwacht, deren Mitglieder allein vom Sachverstand oftmals nicht in der Lage sind, ein international agierendes Kreditinstitut zu kontrollieren. Bei der WestLB hat die mangelnde Kontrolle dazu geführt, dass die Mitarbeiter vor allem Eigeninteressen verfolgten, was anscheinend bis zu strafwürdigem Verhalten reichen könnte. Das strukturelle Problem besteht allerdings bei allen Landesbanken.

Das müssen Sie erklären.

Prof. Dr. Burghof: Die Landesbanken sind die Spitzeninstitute der Sparkassenorganisation. In ihren Aufsichtsgremien sitzen vor allem Bürgermeister, Sparkassendirektoren und Landespolitiker – alles honorige Menschen, die aber mit den sich hier aufstellenden Fragestellungen oftmals überfordert sein dürften. Im schlimmsten Fall missbrauchen sie die Landesbank sogar für parteipolitische Interessen. Hier muss unbedingt externe Kompetenz und Kontrolle herein – und damit meine ich nicht eine Präsenz in Beiräten, sondern in den tatsächlichen Entscheidungsgremien. Ich würde allen Ländern, auch wenn sie mit ihren Landesbanken bislang keine Probleme hatten, raten, vom Negativ-Beispiel der WestLB zu lernen.

Gerade Sparkassen sind die Hausbanken der kleinen Leute. Müssen Millionen Angestellte um ihr Gehaltskonto fürchten, wenn die WestLB in den Strudel gerät?

Prof. Dr. Burghof: Das sicher nicht. Die Sparkassen-Finanzgruppe verfügt insgesamt über eine ausgezeichnete Bonität und kann die möglichen Verluste aus der WestLB sicher auffangen. Allerdings erhöht die Affäre den Druck, schnell eine grundlegende Lösung für die Zukunft der WestLB zu finden. Die Tatsache, dass mit WestLB-Chef Thomas Fischer erst vor drei Jahren ein Hoffnungsträger ans Ruder geholt wurde, der jetzt vor einem Scherbenhaufen steht und nun wahrscheinlich seinen Hut nehmen muss, zeigt, dass hier mit halbherzigen Schritten kein Vorwärtskommen mehr ist.

 

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Hans-Peter Burghof, Universität Hohenheim,
Lehrstuhl für Bankwirtschaft und Finanzdienstleistungen
Tel.: 0711 459-22901, E-Mail: burghof@uni-hohenheim.de


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