Resolution zur Welternährungskrise:
Deutschlands Agrarwissenschaftler fordern überfälligen Ausbau der Forschung  [07.10.08]

Bis Donnerstag, 9. Oktober 2008:
Mammut-Konferenz „Tropentag“ an der Universität Hohenheim - 600 Experten diskutieren Versäumnisse und Lösungsstrategien
 
Vollständiger Resolutionstext und Programm unter www.tropentag.de

Deutschland werde seiner weltweiten Verantwortung nicht gerecht: In einer Resolution zum Auftakt ihrer wichtigsten Fachkonferenz geißeln Deutschlands Agrarwissenschaftler Versäumnisse in Forschungs- und Entwicklungspolitik und fordern eine Trendwende. Nach jahrzehntelanger Vernachlässigung der internationalen Agrarforschung führe angesichts aktueller globaler Entwicklungen, kein Weg an einem neuen Engagement vorbei, so die Aussage einer 7-Punkte-Resolution der Wissenschaftler. Ihr öffentliches Statement bildet den Auftakt des Tropentags 2008, der dreitägigen Jahreskonferenz aller deutschsprachigen Experten der Agrarforschung, die sich schwerpunktmäßig in Ländern der Tropen engagieren. Konferenzort ist die Universität Hohenheim.


Konkret fordern Sprecher der rund 600 anwesenden Fachwissenschaftler ein sofortiges Moratorium bei Stellenabbau und Etatkürzungen sowie einen effektiven Ausbau der erfolgreichen internationalen Agrarforschung, als wesentlichen Motor für Innovationen im Kampf gegen die Welternährungskrise.

Als Forschungsschwerpunkt forderten sie Anpassungs-Strategien an den weltweiten Klimawandel, die Entwicklung und Verbreitung neuer, standortangepasster Technologien, außerdem gezielte Investitionen in die kleinbäuerliche Landwirtschaft der Tropen und Subtropen und einen ergänzenden Ausbau der Bioenergie, der nicht zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion gehen dürfe.

Bestätigt sehen sich die Fachwissenschaftler durch eine Reihe neuer Studien und Entwicklungen. „Die Weltbank hebt in ihrem „World Development Report 2008“ hervor, dass Investitionen im Agrarsektor zweimal so effektiv Armut in den Entwicklungsländern bekämpfen, als Investitionen außerhalb dieses Bereichs“, zitiert Prof. Dr. Volker Hoffmann, Agrarwissenschaftler der Universität Hohenheim und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Tropische und Subtropische Agrarforschung.

Auch in Deutschland habe der Wissenschaftsrat den Ausbau der internationalen Agrarforschung ausdrücklich empfohlen, erklärte Prof. Dr. Georg Cadisch, Leiter des Hohenheimer Tropenzentrums, als größtem Forschungszentrum für Agrarwissenschaften in den Tropen Deutschlands. Gleichzeitig sei der Anteil der Ausgaben für Landwirtschaft am internationalen Gesamtbudget für Entwicklungszusammenarbeit nach FAO-Angaben von 17% im Jahre 1980 auf 3% in 2006 gefallen.

„Deutschland muss das selbstgesetzte Ziel, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts in die Entwicklungszusammenarbeit fließen zu lassen, schneller umsetzen und mit einer Stärkung der internationalen Agrarforschung einhergehen lassen“, betonte Prof. Dr. Cadisch. Positive Beispielel gäbe es aus dem pazifischen Raum, wo die Agrarförderung jährliche Steigerungsraten von bis zu 5 Prozent aufweise. Hier drohte Deutschland den Anschluss – und damit auch politischen Einfluss und Gestaltungsspielraum zu verlieren.

„Klimawandel, wachsende Weltbevölkerung, Änderungen im Konsumverhalten in Schwellen- und Entwicklungsländern und die Konkurrenz zwischen Nahrungs- und Bioenergieproduktion machen landwirtschaftliche Produkte zu einem zunehmend knappen Gut, das nicht nur zu einer Erhöhung der Lebensmittelpreise, sondern auch zu vermehrter Armut, sozialen Unruhen führt und Migration zur Folge hat“, erklärte Prof. Dr. Cadisch. Eine Stärkung der internationalen Agrarforschung sei deshalb nicht nur eine Investition in ein wichtiges Zukunftsfeld mit hoher Dividende, sondern diene auch der langfristigen Friedenssicherung.

Tropentag 2008
„Competition for Resources in a Changing World – New Drive for Rural Development”, lautet das Tagungsmotto des Tropentages 2008. Der Tropentag führt rund 600 Mitglieder, die sich im deutschsprachigen Raum mit entwicklungsorientierter Forschung befassen, zum gegenseitigen Austausch und wissenschaftlicher Ergebnis-Präsentation sowie Strategiediskussionen über künftige Ansätze und Konzepte zusammen. Der Tropentag wird im jährlichen Wechsel von den Gründungsmitgliedern an den Standorten Bonn, Kassel Witzenhausen, Göttingen und Hohenheim durchgeführt. Inzwischen sind mit der Universität Hamburg und der ETH Zürich zwei neue Mitglieder hinzugekommen, die die Tropentage 2009 bzw. 2010 ausrichten werden. Die Organisation des Tropentags wird regelmäßig durch die Arbeitsgemeinschaft Tropische und Subtropische Agrarforschung (ATSAF) unterstützt. An der Finanzierung beteiligen sich das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), die Eiselen-Stiftung Ulm, Natura und der jeweilige Ausrichter – in diesem Jahr das Hohenheimer Tropenzentrum. Ein Teil der Finanzierung wird durch die Teilnehmerbeiträge aufgebracht.

Kontaktadresse (nicht zur Veröffentlichung): Dr. Ludwig Kammesheidt Universität Hohenheim, Geschäftsführung des Tropenzentrums Tel.: 0711 459-23742, E-Mail: ludwig.kammesheidt@uni-hohenheim.de

Text: klebs / Klebs

Kontakt für Medien:

Dr. Ludwig Kammesheidt Universität Hohenheim, Geschäftsführung des Tropenzentrums
Tel.: 0711 459-23742,
E-Mail: ludwig.kammesheidt@uni-hohenheim.de


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