Ticketvergabe zur WM 2006:
80 Prozent der Bevölkerung sind mit der Internet-Verlosung unzufrieden [05.09.05]
Fernseh-Zuschauer wünschen sich Johannes B. Kerner als WM-Kommentator - ARD und ZDF in der Gunst der Fußballfans ganz oben
Hintergründe und Zusatzinfos unter www.wm-studie.de
Dank der aktuellen Auswertung der WM-Langzeitstudie der Universität Hohenheim liegen jetzt belastbare Zahlen über die Kundenzufriedenheit bei der Ticket-Vergabe zur Fußball WM vor. Demnach kritisieren gut 80 Prozent der Befragten die Ticket-Vergabe im Internet. 25 Prozent wollen bei weiteren Vergaberunden dennoch dabei sein, 28 Prozent planen, ihr Glück auf dem grauen Markt zu probieren. Für alle, die nicht ins Stadion können, bleibt Fernsehen mit den Spielzusammenfassungen und Live-Übertragungen das Fußball-Medium Nummer Eins. Wunschkommentator der Zuschauer ist laut der Studie Johannes B. Kerner, gefolgt von Günter Netzer und Reinhold Beckmann.
Deutschland freut sich auf die WM: „Die Akzeptanz ist seit der Vergabe im Jahr 2001 kontinuierlich gestiegen“, erklärt Prof. Dr. Markus Voeth, Initiator der Studie. Aktuell befürworten 83 Prozent der Bevölkerung, dass die WM in Deutschland ausgetragen wird (2001: 76 %). Nur acht Prozent lehnen das Ereignis ab (2001: 17 %). Befürworter sehen die WM an erster Stelle als gute Werbung für Deutschland und als Plattform für die Völkerverständigung. Handfeste Vorteile versprechen sie sich für die Tourismus-Industrie. Gegner nennen in erster Linie die hohen Kosten und fürchten Überfüllung, Hooligans, sonstige Kriminalität und andere Sicherheitsrisiken.
Mit seinen Aussagen stützt sich der Marketing-Experte der Universität Hohenheim auf repräsentative Ergebnisse einer aktuellen Befragungsrunde im Rahmen einer Fußball-Langzeitstudie. Insgesamt ließ Prof. Voeth 2.093 Personen zu Themen wie allgemeine Akzeptanz, Ticket-Vergabe und TV-Übertragung befragen.
Nur zwei Prozent loben die Ticketvergabe als "sehr positiv"
Auf deutliche Kritik stieß dabei die Ticket-Vergabe, bei der die Eintrittskarten im Internet verlost werden. „81 Prozent der Befragten sind mit diesem Prozess insgesamt unzufrieden“, erklärt Projektleiterin Uta Herbst. Dabei handele es sich keineswegs nur um die Kritik von Fans, die bei der bisherigen Vergabe leer ausgingen: „Nur zwölf Prozent der erfolgreichen Ticketkäufer empfanden das Verfahren als sehr positiv. 42 Prozent der Ticketbesitzer stufen es als eher negativ bis sehr negativ ein“, sagt Herbst.
Für Unmut sorgten vor allem die geringe Anzahl der regulären Tickets im Verkauf als auch die relativ hohe Anzahl der VIP-Tickets, gefolgt von den Umtausch-Modalitäten und der Verpflichtung, die Nummer des Personalausweises bei der Bestellung angeben zu müssen. Kritisiert wurden außerdem das Losverfahren und der Ticket-Preis. Akzeptiert werden dagegen die Aufsplittung in mehrere Vergaberunden, Bestell-Modalitäten wie die Art der Bezahlung und die Abwicklung des Verfahrens über das Internet.
Dass die Nachfrage abflaut, ist dennoch nicht zu erwarten. „Insgesamt zeigt die Hälfte der Bevölkerung Interesse, ein WM-Spiel anzusehen. Knapp 25 Prozent der Befragten will sich deshalb auch an weiteren Vergaberunden beteiligen“, bilanziert Stefan Sandulescu, Co-Projektleiter der WM-Studie. 28 Prozent geben gleichzeitig an, auf Tickettauschbörsen und grauen Markt umsteigen zu wollen, sollten sie auf offiziellem Weg keine Tickets mehr bekommen.
Experten-Interviews im Fernsehen sind out
Für alle, die nicht ins Stadion können, bleibt Fernsehen mit Live-Übertragungen und den Spielzusammenfassungen das Medium Nummer Eins. Dahinter folgt die Berichterstattung der Tageszeitungen und Kurznachrichten in Radio/Fernsehen noch vor dem Internet, Sportmagazinen und individuellen Informationsdiensten.
Eindeutiger Star der Fernseh-Moderatoren ist Johannes B. Kerner, den sich 45 Prozent der Befragten als Berichterstatter wünschen. Zum Spitzentrio gehören weiterhin Günter Netzer (36 %) und Reinhold Beckmann (35 %). Erst an vierter Stelle folgt Franz Beckenbauer (31 %), im Anschluss Gerhard Delling und Marcel Reif mit 27 Prozent (bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen zugelassen. Vollständige Liste unter www.uni-hohenheim.de/presse).
Bei den Sendern liegen ARD und ZDF in der Zuschauergunst vorne: Gut 80 Prozent finden es richtig, dass ARD und ZDF sich die Live-Übertragung von mindestens 48 Spielen gesichert haben. „Insgesamt hätten es 44 Prozent der Befragten gutgeheißen, die Übertragung allein den öffentlich-rechtlichen Sendern zu überlassen“, zitiert Herbst aus den Ergebnissen. Die derzeit realisierte Lösung, bei der sich öffentlich-rechtliche und Privatsender die Exklusivrechte teilen, gilt immerhin als „Second Best“ (34 % Zustimmung). Für eine Gebührenerhöhung, um dies zu finanzieren, zeigt die Mehrheit von 85 Prozent jedoch kein Verständnis.
„Laut Studie wünscht sich die Bevölkerung zudem mehr Hintergründe zu Geschehnissen rund um die WM aus den Spielorten“, liest Sandulescu aus den Ergebnissen. Vor allem Expertengespräche und Spielanalysen aus dem WM-Studio könnten dafür nach Ansicht der Befragten gern reduziert werden. Zurückgefahren werden sollten auch Spielstatistiken wie zum Beispiel Kopfballtreffer pro Spieler, gefolgt von Spielwiederholungen, Interviews mit den Spielern und technische Spielereien wie zum Beispiel Linienzug/Abstandsmessungen.
Langzeit-Fußballstudie zur WM 2006
In einer groß angelegten Langzeitstudie zur FIFA Fußball-WM 2006 misst der Lehrstuhl für Marketing von Prof. Dr. Voeth in jährlichen Befragungsrunden unter anderem die Begeisterung, Präferenzen und Vorstellungen der Bevölkerung für die WM 2006. Daneben erfassen jährlich wechselnde Sonderschwerpunkte Themen wie Vermarktungspotenzial, Sicherheit, Ticket-Pricing, Merchandising und Standortwahl der Stadien. Die Studie soll einerseits Stimmungsindikator, andererseits auch konstruktiver Beitrag für eine erfolgreiche Organisation sein. Alle Informationen unter www.wm-studie.de
Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Markus Voeth
Universität Hohenheim, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Lehrstuhl für Marketing
Tel: 0711 459-22925, E-Mail: marketing@uni-hohenheim.de