“Die Marke Opel ist nicht zu retten“  [02.03.09]

…das Unternehmen aber schon. Prof. Dr. Markus Voeth, Experte für Marketing der Universität Hohenheim, plädiert für einen Neuanfang für Opel – ohne Opel.

Herr Prof. Voeth, Sie halten den Fall Opel für hoffnungslos!

Prof. Dr. Voeth: Insofern ja, da ich bezweifle, dass jede Art von Staatshilfe, -beteiligung oder sonstige Investition irgendeine Aussicht auf Erfolg hat – so lange nicht das eigentliche Grundproblem angegangen wird: Denn die augenblicklichen Probleme bei Opel sind nicht die Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise. Diese hat sie allein an die Oberfläche gebracht.

 

Das müssen Sie erklären.

Prof. Dr. Voeth: Das Unternehmen war in den 70er Jahren exzellent aufgestellt. Dann kamen die Qualitätsprobleme der 80er. In den 90ern wurden viele Trends verschlafen und eine falsche Modellpolitik betrieben. Beispielsweise wurde der Trend zu Fahrspaß – denken Sie nur an den Cabrio-Trend - komplett verschlafen…

 

…wobei dies in Zeiten der Energiekrise auch nicht mehr en Vogue ist.

Prof. Dr. Voeth: Richtig. Trotzdem will niemand ein Auto fahren, das nicht „in“ ist. Opel steht seit Jahren für langweilig, unsportlich und spießig. Die Leute fahren einen Fiat 500, weil er cool ist, weil er wenig verbraucht – und weil sie sich im Freundeskreis nicht rechtfertigen müssen, dass sie einen Opel fahren.

 

Wie sieht Ihre Strategie aus, was schlagen Sie vor?

Prof. Dr. Voeth: Das Unternehmen Opel braucht nicht nur eine neue Gesellschaftsstruktur und neues Kapital, sondern vor allem eine neue Marke! Weil die Marke Opel das eigentliche Problem ist, wird kein Neuanfang erfolgreich sein, der sich nicht auch auf die Marke bezieht. Allerdings kann man eine Marke wie Opel nicht von heut auf morgen ersetzen.

 

Was heißt das konkret?

Prof. Dr. Voeth: Ich plädiere dafür, den Neuanfang zu nutzen und eine Zweitmarke aufzubauen, in die man dann schrittweise die alte Marke Opel aufgehen lässt. Das macht den Neustart auch für Kunden glaubwürdig – zumal, wenn der Neustart mit neuen Modellen, neuem Image und frischen Kampagnen versehen würde.

 

Aber dann würde doch die Traditionsmarke „Opel“ untergehen?

Prof. Dr. Voeth: Das Wort „Traditionsmarke“ wird mir in der ganzen Diskussion zu stark gewichtet. Fakt ist, dass auch schon vor der Finanz- und Wirtschaftskrise zu wenige Leute ein Auto dieser „Traditionsmarke“ haben wollten. Und die jetzige Diskussion wird auch nicht dazu führen, dass Kunden lieber Autos bei Opel kaufen. Im Gegenteil: Kunden kaufen lieber bei „Siegern“ und nicht bei Unternehmen, die mit Staatshilfe gerettet werden, dann aber weiter machen wie bisher. Deshalb nochmal: Opel braucht eine neue Marke, zumindest aber eine dynamische Zweitmarke!

 

Darin würde eine Chance bestehen?

Prof. Dr. Voeth: Darin würde eine wirkliche Chance bestehen! Das Motto muss lauten: ein ganzer Neuanfang für Opel ohne Opel!

 

 

 

Expertenliste zur Wirtschaftskrise

Mit ihrem „Hohenheimer Aufruf“ bezogen Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler der Universität Hohenheim schon in einem frühen Stadium der Wirtschaftskrise Position, um alle Entwicklungen seither aus Sicht der Forschung zu begleiten. Eine Expertenliste finden Sie unter www.uni-hohenheim.de/expertenlisten

Text: Klebs

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Markus Voeth, Universität Hohenheim, Fg. BWL insb. Marketing
Tel.: 0711 459-22925, E-Mail: voeth@uni-hohenheim.de


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