Ergebnisse des Ideenwettbewerbs Studiengebühren:
Studierende wollen vor allem Transparenz und Information  [20.01.09]

Siegerehrung an der Universität Hohenheim:
Studentische Jury vergab einen ersten und fünf zweite Plätze / Umsetzung soll kontrolliert werden / erneute Auflage des Ideenwettbewerbs gewünscht

Eine Homepage, die detailliert veröffentlicht, was mit Studiengebühren passiert, wie weit jede Maßnahme umgesetzt wurde und wie Studierende das Ergebnis bewerten: Für diesen Vorschlag erhielt Student Dennis Klum den ersten Platz beim Ideenwettbewerb Studiengebühren, die Maßnahme soll bis Sommer umgesetzt sein. Auf der Preisverleihung am Dienstag, 20. Januar 2009 vergab die Jury fünf weitere Preise für Ideen, die neue Lehrinhalte einführen, Information und Kommunikation in der Universität verbessern, bessere Arbeitsplätze bieten und Service erhöhen. Einen Sonderpreis prämierte die Jury für zwei satirische Beiträge. Mit der Umsetzung der prämierten Ideen soll im Februar begonnen werden. Die Jury will den Prozess begleiten und im Herbst evaluieren. Komplette Liste der Siegerideen und Auswahlbegründungen der Jury unter: www.uni-hohenheim.de/presse

Studiengebühren selbst sieht die rein studentische Jury ausgesprochen kritisch. Vom Ideenwettbewerb ziehen die neun Mitglieder jedoch eine positive Bilanz : „Wir finden es sehr gut, dass die Universität den Mut hatte, alle Ideen und auch uni-kritische Kommentare in Echtzeit und vor den Augen der Welt im Internet zu veröffentlichen“, so Jury-Mitglied David Maurer. Dadurch habe sich die Aktion von der Ideensammlung zum Stimmungsbarometer an der Universität entwickelt: „Hier kam ein Stein ins Rollen, der nicht mehr aufzuhalten ist: Jetzt sehen wir die Uni aber auch in der Pflicht, sich die Ideen und die Kritik genauer anzusehen und unabhängig von dem Ideenwettbewerb zu verfolgen.“

Parallel zu den Preisen stellte die Jury auch alle Beiträge zusammen, die generellen Verbesserungsbedarf an der Universität aufzeigen oder ihrer Meinung nach zwar zwingend notwendig sind, aber nicht aus Studiengebühren bezahlt werden sollen. „Wir werden diesen Katalog an Hochschulleitung und entsprechende Stellen weitergeben und auch aufmerksam verfolgen, was sich daraus entwickelt“, sagt Jury-Mitglied Maurer.

Jury-Mitglied Matthias Tisler fordert für die Zukunft eine Plattform, um weiterhin Ideen zur Verbesserung der Lehre einzurichten, damit der Prozess, der mit dem Ideenwettbewerb angeregt wurde, weiterläuft. Julia Weik fände es dagegen gut, wenn es den Wettbewerb wieder gäbe, um ab und zu die Stimmung unter den Studierenden zu testen. Dauerhafte Kommunikation zwischen Hochschul-Leitung und Studierenden: das fordern alle Jury-Mitglieder. „Es würde das Klima an der Universität unheimlich verbessern“, sagt Sabine Simons.

 

491 Ideen mit 723 Kommentaren und 57.015 Votings

In mehreren Runden und einer Zehn-Stunden-Sitzung sichtete und bewertete die Jury insgesamt 491 Ideen mit 723 Kommentaren und 57.015 Votings. Zusammengekommen waren sie vier Wochen von 24. November bis 19. Dezember 2009 in einem beispiellos unbürokratischen Ideenwettbewerb: Teilnehmer konnten ihre Visionen per Postkarte oder direkt im Internet einreichen und andere Ideen kommentieren, im Voting bewerten.

Prof. Dr. Martin Blum

Prof. Dr. Martin Blum

„Die Vision war es ein unkompliziertes Experimentierfeld für frische, unkonventionelle Ideen zu schaffen und Grenzen im Kopf zu sprengen“, beschreibt Initiator Prof. Dr. Martin Blum seine Idee. Bundesweit einmalig war, dass ausschließlich Studierende entscheiden, welche Ideen nun Wirklichkeit würden. Die einzige Bedingung bei der Ausschreibung war, dass die eingebrachte Idee gesetzeskonform sein musste und maximal 200.000 Euro kosten durfte.

 

Vielfalt bei den Siegerideen – dank aufwändigem Kriterienkatalog

Den ersten Platz machte die Idee, die Ausgaben der gesamten Studiengebühren detailliert zu veröffentlichen. Zusätzlich soll eine Netzzeitung an der Universität Hohenheim ins Leben und Seminare über Soft Skills und wissenschaftliches Arbeiten angeboten werden. Fortbildungs- und Förderprogramme, Belohnung von Dozenten mit den besten Evaluierungsergebnissen, ein Buchscanner und mehr Gruppenarbeitsplätze sind die weiteren Gewinner-Ideen.

Ihre Entscheidungen begründete die Jury mit einem eigenen Kriterienkatalog: Die Idee sollte mit den Asta-Richtlinien zur Verwendung von Studiengebühren in Einklang stehen, allen Studierenden von Nutzen sein und ausschließlich zur Verbesserung der Lehre umgesetzt werden. Außerdem orientierte sich die Jury an den im Internet abgegebenen Votes der Studierenden.

 

Preisträger Pavlos Georgiadis

Preisträger Pavlos Georgiadis

Sonderpreis für satirische Beiträge

Einen Kaktus zum Anstacheln als Sonderpreis vergab die Jury für satirische Beiträge, die „sehr lustig waren, aber einen wahren Kern enthielten“, so Vera Bartenstein. Prämiert wurde die Idee, goldene Wasserhähne für das Restaurant „Speisemeisterei“ anzuschaffen – „ein Seitenhieb auf das Land Baden-Württemberg, das den Ausbau des Nobel-Etablissements auf dem Campus renovierte, während die Universitätstoiletten oft in nahezu unzumutbarem Zustand sind“ – und der Vorschlag, ein Schlauchboot für die Phytopathologie anzuschaffen – „ein Institut, das mit notorisch undichtem Dach zu kämpfen hat“.

In einem Forderungs- und Verbesserungskatalog hatte die Jury außerdem Vorschläge zusammengestellt, die über den Ideenwettbewerb hinausgingen. „Dazu gehören zum Beispiel organisatorische Fehler oder Verbesserungen im Nahverkehr. Raummangel und fehlende Grundausstattung in Hörsälen waren ein großes Thema, das in vielen Ideen vorkam und hoch bewertet wurde“, berichtete Jury-Mitglied Bartenstein. „Es ist uns ein Anliegen, dass die hier aufgezeigten Missstände dringend von der Universität angegangen werden.“

 

Jury mit Zukunftsplänen

Die Jury will die Umsetzung der Sieger-Ideen und den weiteren Prozess mitbegleiten, damit die vielen abgegebenen Gedanken und die angesprochenen Missstände nach dem Wettbewerb nicht ungehört und unbearbeitet bleiben. „Uns ist es wichtig, klarzustellen, dass wir alle gegen Studiengebühren sind – zumindest in ihrer jetzigen Form“, sagt Jury-Mitglied Julia Weik. „Bei der Aktion haben wir trotzdem mitgemacht, weil wir die Studierenden für das Thema sensibilisieren wollen und hoffen, dass jetzt mehr von ihnen sich konstruktiv mit der Vergabe von Studiengebühren auseinandersetzen.

Jury-Mitglied Simon Munder und Preisträger Florian Leonhardmair

Jury-Mitglied Simon Munder und Preisträger Florian Leonhardmair

Ein Kalkül, das aufgegangen ist – weshalb die Jury die Folgeprozesse auch weiter begleiten möchte. „Wir wünschen uns, dass die Siegerideen schnellstmöglichst angegangen werden und wollen dann Ende des Sommersemesters nachprüfen, ob sie in die Realität umgesetzt worden sind“, betont David Maurer.

 

Hoher Wille zur Zusammenarbeit bei Hochschulleitung

Auch der Initiator des Ideenwettbewerbs, Prof. Dr. Martin Blum, will die Dynamik des angestoßenen Projektes in einen kontinuierlichen Prozess überführen. „Der ganze Wettbewerb war ein hochdynamischer Prozess, bei dem wir neben den aufgezeichneten Ideen ganz viel darüber erfahren haben, wo unseren Studierenden der Schuh drückt. Hier geht es um interne Punkte wie Neuorganisation in der Verwaltung oder Fortbildung von Dozenten, aber auch um umfassendere Probleme, wie die Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz, bei denen die Universität aktiv werden kann.“

Viel verspricht sich der Prorektor auch von der Forderung der Studierenden nach einer Internet-Plattform, die ihnen dauerhaft die Möglichkeit bietet, Ideen abzugeben und zu bewerten. „Hier etabliert sich hoffentlich ein Forum, in dem Studierende kontrovers und im Dialog ihren Verbesserungsbedarf kommunizieren können. Gleichzeitig müssen die Uni-Leitung und die Dozenten darauf zugreifen und reagieren können.“

 

Text: Petschko / Klebs

Kontakt für Medien:

David Maurer, Jury-Mitglied, DavidMaurer01@aol.com
Prof. Dr. Martin Blum, Prorektor für Lehre, Tel.: 0711 459-22255, E-Mail: mblum@uni-hohenheim.de


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