Hohes Werbe-Potenzial:
Straßenzeitung „Trott-war“ besitzt besonders kaufkräftige Leser  [30.03.12]

Anzeigenkunden sollten auf Straßenzeitung setzen / BWL-Nachwuchs der Universität Hohenheim erarbeitet neues Konzept für Akquise & Verkauf

Lifestyle, Luxus und gehobene Öko-Artikel: Anzeigen für diese Produkte sind in der Straßenzeitung „Trott-war“ besonders gut aufgehoben. Denn deren Leserschaft ist überwiegend wohlhabend, weiblich und hat ein hohes Bildungsniveau. Diese Trümpfe kann die Straßenzeitung jetzt noch besser ausspielen – dank der Arbeit einer studentischen Forschergruppe am Lehrstuhl Marketing I der Universität Hohenheim. Drei Monate arbeitete der BWL-Nachwuchs Schulter an Schulter mit Trott-war-Mitarbeitern – und schlüpfte undercover auch selbst in die Rolle der Straßenverkäufer. So entstand ein ganzes Maßnahmenbündel für verbesserte Anzeigenakquise, neue Verkaufsauftritte und Vertriebsstrukturen.

„Trott-war“ – das ist Qualitätsjournalismus mit sozialem Mehrwert. Denn die Straßenzeitung wird von erfahrenen Redakteuren geschrieben und redigiert. Den Verkauf und das Anzeigengeschäft aber übernehmen sozial benachteiligte Menschen – die dadurch eine neue Perspektive bekommen.

Es ist gerade diese Kombination, die dem Blatt unter Lesern einen hervorragenden Ruf beschert. Vor allem weibliche Leser ab 35 mit überdurchschnittlich hohem Einkommen und Bildungsniveau spricht die Straßenzeitung an. So ein Ergebnis der Analyse von Studierenden der Universität Hohenheim – die nun dem Blatt neue Perspektiven eröffnet.

 

Image-Offensive im Straßenverkauf

„Die Zeitung sollte den sozialen Nutzen ruhig stärker herausstreichen“, rät Corinna Nefzger, Marketingstudentin, und ist sich sicher, dass „Trott-war“ damit an neue Kunden kommt. Ihr Vorschlag: Die roten Westen der Verkäufer sollen künftig auch als Werbeträger für die Arbeit des als mildtätig anerkannten Vereins dienen.

Denkbar wären Slogans wie „Trott-war schafft Arbeit“, „Trott-war bietet Chancen“oder „Wir brauchen kein Mitleid, wir brauchen Ihre Unterstützung!“ Auch Kundenstopper, könnten neue Kunden anziehen. „Manche Verkäufer hatten bereits selbst improvisierte Kundenstopper gebaut – und mit Erfolg eingesetzt.“

 

Praxis-Offensive für BWL-Studierende

Corinna Nefzger ist eine von zwölf Studierenden aus dem Master in Management der Universität Hohenheim. Gemeinsam haben sie an dem studentischen Forschungsprojekt des Lehrstuhl Marketing I von Prof. Dr. Markus Voeth teilgenommen. Für ihre Analyse haben die BWL-Studierenden Verkäufer auf ihrer Mission in den Innenstädten begleitet. Einige von ihnen schlüpften „undercover“ sogar selbst in die Rolle von Straßenverkäufern.

Andere kümmerten sich um die Anzeigenakquise und lauschten den Telefonaten mit Werbekunden. Eine dritte Gruppe untersuchte die soziale Komponente. Denn eines der Hauptziele des Trott-war e.V. ist sozial Benachteiligte wieder in eine feste Anstellungen zu integrieren.

 

Service-Offensive im Anzeigengeschäft

Wenn es nach den Studierenden geht, können Anzeigenkunden bei „Trott-war“ bald mit einer Service-Offensive rechnen. Denn von den vielfältigen und zahlreichen Anzeigenkunden schalten nur wenige regelmäßig eine Anzeige.

In einer Datenbank haben die angehenden Marketing-Experten die Kundendaten archiviert. „Damit lassen sie sich ganz einfach in verschiedene Zielgruppen aufteilen. Das erleichtert die Auswahl und Ansprache nach Themen“, erklärt Projektteilnehmerin Hannah Hutzel.

Die Kundenbindung will Hutzel mit einem selbstgedrehten Imagefilm verstärken. Im Mittelpunkt des zur Weihnachtszeit zum ersten Mal geschalteten Films stehen die Straßenverkäufer, die sich bei den Anzeigenkunden für ihr Engagement bedanken.

 

Beratungs-Offensive für die Straßenverkäufer

Gleichzeitig steht „Trott-war“ aber auch vor einer großen Herausforderung: Ziel des Trägervereins ist es Menschen in sozialen Notlagen durch den Zeitungsverkauf neue Perspektiven zu eröffnen. Einigen erfolgreichen Verkäufern, die trotz ihrer Verkaufsqualitäten keine andere berufliche Perspektive haben, bietet „Trott-war“ die Möglichkeit eines festen Arbeitsverhältnisses als Straßenzeitungsverkäufer mit sozialer Absicherung an.

Allerdings haben nicht alle Verkäufer immer Interesse an einem festen Arbeitsverhältnis. „In unseren Gesprächen erfuhren wir, dass es dafür die verschiedensten Gründe gibt“, sagt die BWL-Studentin Romy Schütz. „Der Verein sollte seinen Mitarbeitern daher die Vorzüge der Festanstellung ruhig noch deutlicher vor Augen führen.“

Soweit möglich sollte die umfassende Betreuung, die die sozial benachteiligten Mitarbeiter bei „Trott-war“ bekommen, in Einzelgesprächen individuelle Verkaufsziele aufstellen, so Schütz. Aufgrund personeller Engpässe sei dies aber ein schwieriges Ziel – insbesondere auch für die freien Mitarbeiter unter den Verkäufern.

Zudem lasse sich der Absatz auch durch eine bessere Identifikation der Mitarbeiter mit „Trott-war“ steigern. Dabei könnten gemeinsame Aktionen wie Wochenendeausflüge helfen.

 

Win-win-Projekt für Universität und Straßenzeitung

Juergen R. Spingler, Vorsitzender von „Trott-war e.V.“, und Prof. Dr. Voeth sind sich einig: „Durch das dreimonatige Projekt ist eine Win-Win-Situation entstanden.“

„Social Marketing ist ein wichtiger Bereich, der sich vom klassischen Marketing stark unterscheidet. Für unsere Master-Studierenden war es eine ganz besondere Chance dies in der Praxis zu studieren“, begründet Marketing-Experte Prof. Dr. Voeth.

Auch für „Trott-war“ liegt der Nutzen auf der Hand: „Die Finanzkrise hat auch uns getroffen. Dank der Studierenden-Analyse haben wir nun ein ganzes Maßnahmenbündel“, erklärt Geschäftsführer und Chefredakteur Helmut Schmid.

 

Aus Forschung wurde Freundschaft

Einer der Verkäufer, die mit den Studierenden arbeiteten, ist Thomas Schuler. Seit sechs Jahren ist er für „Trott-war“ auf der Straße. Die Studierenden aus Hohenheim hat er als „gewissenhafte Leute“ erlebt, die sich „viel Zeit nehmen und ihre Arbeit professionell und gründlich machen“. Anzeigen-Akquisiteur Michael Ernst ist besonders angetan von den pfiffigen Verkaufsargumenten, die ihm die Studierenden für seine Arbeit lieferten.

Auch der Hohenheimer BWL-Nachwuchs hat nicht nur Erfahrungen im Projektmanagement gesammelt, sondern auch persönliche Beziehungen zu den Mitarbeitern entwickelt: „Ein paar von uns sind in den Trägerverein eingetreten und wollen nun ehrenamtlich helfen, die Vorschläge auch in den Tat umzusetzen“, erzählt Lehrstuhl-Mitarbeiterin Dipl.-Kffr. Julia Heigl, die das studentische Forschungsprojekt betreut hat.

 

Text: Weik / Klebs

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Markus Voeth, Universität Hohenheim, Fachgebiet, BWL insb. Marketing I, Tel.: 0711/459 22925, E-Mail: voeth@uni-hohenheim.de

Dipl.-Kffr. Julia Heigl, Universität Hohenheim, Fachgebiet, BWL insb. Marketing I, Tel.: 0711/459 22927, E-Mail: julia.heigl@uni-hohenheim.de

Helmut H. Schmid M.A., Geschäftsführer und Chefredakteur „Trott-war“, Tel.: 0711/601 87 43 11, E-Mail: hschmid@trott-war.de

Juergen R. Spingler, Dipl.-Ing., M.Sc., Vorsitzender „Trott-war e.V.“, Tel.: 0711/69 20 17; E-Mail: j.r.spingler@t-online.de


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