Parkgebühren:
Personalrat lehnt Konsens-Konzept des Universitäts-Senats ab  [21.03.19]

Universität Hohenheim kann von ihrem Vorschlagsrecht zur Gestaltung der Parkraum-Bewirtschaftung keinen Gebrauch machen / Landesfirma Parken BW frei in Entscheidung

Die Entscheidung, wer künftig zu welchen Konditionen auf dem Campus der Universität Hohenheim parken darf, liegt nun nicht mehr in den Händen der Universität. Dieses Fazit ziehen Rektor und Kanzlerin, nachdem der Personalrat am vergangenen Dienstag seine Zustimmung zu einem Konzeptvorschlag verweigerte, den der Senat am 6. Februar 2018 noch einmütig beschlossen hatte.

Was nun folge, sei letztlich ein No-Deal-Szenario bei der Parkplatzvergabe, wie Rektor Prof. Dr. Dabbert und Kanzlerin Dr. Katrin Scheffer in den vergangenen Monaten gewarnt hatten.

Eine Möglichkeit sei, dass die Parken BW nun ihr Standard-Verfahren anwendet: Dabei werden vor allem langfristige Dauerparkberechtigungen nach dem Windhundverfahren vergeben. Verwaltungstechnisch sei dies das einfachste Verfahren. Die Universität befürchtet jedoch, dass neuangestellte Beschäftigte und die ständig wechselnde Gruppe der Studierenden durch ein solches Konzept von Dauerparkplätzen langfristig benachteiligt würden.

Da die Parken BW die bisherige Diskussion an der Universität intensiv miterlebte, sei es jedoch ebenso möglich, dass diese noch einmal andere Vorstellungen entwickle.

Fest stehe dabei nur eines: „Das Land wird die Parkplätze an die Landesfirma Parken BW übergeben und wir nutzen nun nicht einmal die Möglichkeit, Wünsche zu äußern“, so der Rektor.


Das Thema im Detail

Hintergrund ist die Entscheidung der Landesregierung vom 6. März 2018, auf allen Landesuniversitäten Parkgebühren einzuführen. Ziel der Maßnahme: die Attraktivität des PKW-Verkehrs zu verringern, um Klimaschutz und Luftreinhaltung zu verbessern.

Bei dieser Entscheidung hatten die Universitäten kein Mitentscheidungsrecht. Sie dürfen aber Vorschläge machen, wie die Parkberechtigungen vergeben werden.

Bewirtschaftet werden sollen die Parkplätze von der landeseigenen Parkraumgesellschaft Parken BW. Diese sieht für die Parkplatzvergabe ein Standardverfahren vor: Eine Parkberechtigung bekommt, wer sich zum Start des Anmeldeportals als erstes bewirbt – und das auf Dauer. Die Kosten dafür veranschlagt die Parken BW mit 25 € pro Monat.

Zu diesem Standard-Konzept entwickelte der Senat Universität Hohenheim einen Alternativ-Vorschlag: Statt reservierter Plätze sollten die Parkplätze nur tagesweise vergeben werden. In diesem Fall hätte die Parken BW 2 € pro Tag von Universitätsangehörigen und möglicherweise 2 € pro Stunde von Besuchern erhoben.

Entwickelt wurde der Vorschlag in einer Senatskommission mit jeweils 3 Vertretern von Studierenden, Beschäftigten und Professorenschaft. Senat und Rektorat schlossen sich dem Vorschlag mit großer Mehrheit bzw. einstimmig an.


Historie der Parkraumbewirtschaftung an der Universität Hohenheim

  • 2016/17: Der Masterplan 2030 für Bauen und Mobilität der Universität Hohenheim sieht ursprünglich auch Parkgebühren vor, um Fremdparker vom Campus fernzuhalten und autofahrenden Universitätsangehörigen zu jeder Zeit einen Parkplatz ohne langes Suchen zur Verfügung zu stellen. Nach heftigem Widerstand innerhalb der Universität legen Rektor und Kanzlerin das Projekt im Winter 2017 auf Eis.

  • 6. März 2018: Die Landesregierung überrascht die Landesuniversitäten mit dem Beschluss, flächendeckend Parkgebühren einführen zu wollen. Von dem geplanten Vorstoß des Verkehrsministeriums erfuhr die Universität am 5. März 2018 aus der Zeitung.

  • August 2018: Der Personalrat stellt einen Initiativantrag für eine Dienstvereinbarung an das Rektorat. Kernforderung: 80 % der Dauerparkplätze sollen für Beschäftigte reserviert werden, 20 % für Studierende, Professoren u.a. Das Rektorat lehnt den Initiativantrag ab. Daraufhin wendet sich der Personalrat im sogenannten Stufenverfahren an das Wissenschaftsministerium. Im Oktober weist das Wissenschaftsministerium den Initiativantrag zurück. Begründung: Da die künftige Parkplatzvergabe in die Zuständigkeit der Parken BW falle, könne die Universität dies nicht durch eine Dienstvereinbarung regeln. Gegen diese Entscheidung beschließt der Personalrat im Januar 2019 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart einzureichen.

  • Oktober 2018: Der Senat richtet eine Senatskommission ein, die einen Vorschlag erarbeiten soll, wie Parkplätze auf dem Campus künftig vergeben werden. Mitglieder sind jeweils 3 Vertretungen von Studierenden, Beschäftigten und Professorenschaft. Das Rektorat kündigt an, die Ergebnisse bei Zustimmung durch den Senat als Vorschlag der Universität zu beschließen. Einzige Vorgaben: Die Verteilung muss alle Gruppen der Universität ausgewogen berücksichtigen und das Vergabeverfahren muss ressourcenneutral für die Universität erfolgen. Das Gremium fordert den Personalrat auf, sich in der Kommission zu engagieren. Dieser lehnt ab und pocht auf separate Beteiligung.

  • Oktober/November 2018: Auf Initiativen von Rektor Prof. Dr. Dabbert fordern Universitätsleitung und Personalrat, angesichts der zunehmenden Belastungen für Arbeitnehmer durch Mobilität im kommenden Tarifvertrag eine Mobilitätszulage von 50 € aufzunehmen, die Landesangestellte frei für Parkgebühren oder zur Bezuschussung alternativer Mobilität verwenden dürfen.

  • 6. Februar 2019: Mit 19 Ja-Stimmen bei 3 Enthaltungen stellt sich der Senat hinter den Vorschlag der Kommission. Statt reservierter Parkplätze soll es nur Tagesparken auf dem Campus geben. Laut Vorverhandlungen mit der Parken BW ergäben sich daraus Kosten von 2 € pro Tag für Universitätsangehörige und möglicherweise 2 € pro Stunde für Besucher. Das Rektorat beschließt den Vorschlag in der Folgewoche. Die Vorteile: der Vorschlag vermeidet jeden Konflikt um Dauerberechtigungen, die Parkplatzauslastung wäre höher. Der Nachteil: bei einer Fünf-Tage-Woche läge die monatliche Belastung bei 41 €, während die Parken BW im Standardverfahren einen Teil der Parkplätze für nur 25 € über Dauerkarten vergibt. Allerdings hätten alle diejenigen, die keine Dauerkarte erhalten, für den restlichen Campus im Tagesparken auch diese rund 41 € aufwenden müssen.

  • 19. März 2019: Der Personalrat verweigert seine Zustimmung zu dem Vorschlag des Senats mit drei Gründen. Erstens habe eine Zustimmung zur Folge, dass die rechtliche Klärung vor Gericht, ob die Zurückweisung des Initiativantrages des Personalrats durch das Ministerium rechtlich zulässig sei, gefährdet sei. Zweitens habe eine Zustimmung zum Parkberechtigungskonzept voraussichtlich zur Folge, dass der Personalrat bei der zukünftigen Ausgestaltung der Parkbewirtschaftung nicht mehr nach dem Landespersonalvertretungsgesetz beteiligt sein werde. Schließlich sei die Standardvergabe der Parken BW für Beschäftigte vorteilhafter und preisgünstiger. Auch das vom Personalrat in seinem Initiativantrag erläuterte Modell sei für die Beschäftigten vorteilhafter als das von Senat und Rektorat beschlossene Modell.

  • 20. März 2019: Rektor und Kanzlerin kündigen an, die Suche nach einem inneruniversitären Kompromiss zu beenden.


Mit ihrer Entscheidung wollen Rektor und Kanzlerin an der Linie festhalten, mit der sie den Prozess für einen Konsensvorschlag gestartet hatten. „Wir hatten dies in der Überzeugung getan, dass ein Vorschlag der Universität gegenüber der PBW im Sinne der Mitbestimmungspflicht grundsätzlich auch durch den Personalrat bestätigt werden muss“, begründet Prof. Dr. Dabbert. „Daran wollen wir nun auch festhalten, obwohl unter Juristen inzwischen kontrovers diskutiert wird, ob ein solcher Prozess angesichts des vorliegenden Vorschlags tatsächlich mitbestimmungspflichtig ist.“

Allerdings kündigten Rektor und Kanzlerin an, den Sachverhalt der jüngsten Entwicklung gegenüber der PBW detailliert zu schildern. Da die Parken BW auch in die Entwicklung des Vorschlages von Senat und Rektorat involviert gewesen sei, erhalte sie so ein vollständiges Bild der widerstreitenden Sichtweisen an der Universität.

Dazu das Fazit des Rektors: „An sich steht für mich außer Frage, dass der Senat die verschiedenen Gruppen der Universität von allen Gremien am besten repräsentiert. Nun können wir nur hoffen, dass die Parken BW bei der Vergabe der Parkplätze möglichst umsichtig mit ihrem Hintergrundwissen umgeht.“



HINTERGRUND: Parkplätze an der Universität Hohenheim

Die Universität Hohenheim besitzt nach eigener Zählung knapp 1.700 Parkplätze – was nach Ansicht vieler Universitätsangehöriger und Anwohner viel zu wenig ist. Das Thema „Parken“ gehört deshalb zu den am emotionalsten diskutierten Standortfaktoren auf und neben dem Campus.

Dem gegenüber steht die Einschätzung der Stadt Stuttgart, nach der baurechtlich weniger als die vorhandenen Parkplätze gefordert werden. Grundlage dafür ist die baurechtliche Bedarfsermittlung. Darin fließen neben der Zahl der Universitätsangehörigen, Geschäften und gastronomischen Angeboten (Denkbar, Speisemeisterei) auch Faktoren wie die ÖPNV-Anbindung oder Wohnheime auf dem Campus ein.

Tatsächlich sind die Parkplätze über das Jahr hinweg sehr unterschiedlich ausgelastet. Vor allem zu Semesterbeginn wurden in den vergangenen Jahren immer häufiger Feuerwehrzufahrten und Rettungswege zugeparkt. Deshalb lässt die Universität Hohenheim Falschparker in ausgeschilderten Problemzonen regelmäßig abschleppen.


HINTERGRUND: Mobilitätskonzept der Universität Hohenheim

Unabhängig von den aktuellen Plänen zur Parkraumbewirtschaftung entwickelte die Universität Hohenheim bereits vor geraumer Zeit ein Konzept für eine bessere Mobilität auf und zum Campus, das derzeit Schritt für Schritt umgesetzt werden soll. Das Mobilitätskonzept ist Teil des Masterplans 2030 für Bauen und Mobilität auf dem Campus.

Wichtiger Baustein ist die ÖPNV-Anbindung zu verbessern. So setzt sich die Universität zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern für eine direkte Stadtbahnlinie Campus-City ein. Als eine der prominentesten Forderungen des Bürgerhaushaltes soll dieses Projekt nun in einigen Jahren verwirklicht werden.

Für den Campus plant die Universität Hohenheim ein weitreichendes Maßnahmenbündel, um die Aufenthaltsqualität und Attraktivität für Fahrrad, Fußgänger und E-Bike zu erhöhen. Dazu gehören verbesserte Wegeführungen, Mobilitätsstationen, sichere Abstell- und Akkuladeplätze, Leihfahrräder, Duschmöglichkeiten und mehr.

Text: Klebs


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