Faire Prüfungen:
Uni Hohenheim treibt Reformen bei Studienorganisation voran  [05.06.19]

Pressemitteilung anlässlich aktueller Medienberichte über Prüfungsabbrüche in einer BWL-Klausur im Mai 2018 sowie laufende Ermittlungen gegen einen Arzt und knapp 100 Studierende

Reformen bei den Prüfungen, mehr Selbstbestimmung statt Pflichtanmeldung: Die Universität Hohenheim in Stuttgart forciert Verbesserungen bei ihren Prüfungen – bei gleichem Qualitätsanspruch. Besondere Aufmerksamkeit erfahren solche Reformen seit dem 23. Mai 2018: An diesem Tag hatten an der Universität Hohenheim insgesamt 75 von 244 Teilnehmern eine bereits begonnene Prüfung abgebrochen und dies mit spontaner Erkrankung begründet. Nach aktueller Berichterstattung wurden im Zuge der Ermittlungen gegen den Arzt, der die Atteste für die Studierenden ausstellte, nun auch knapp 100 Studierende von der Staatsanwaltschaft Stuttgart um Stellungnahme gebeten.


Rund 150.000 Prüfungen nimmt die Universität Hohenheim jährlich von ihren fast 10.000 Studierenden ab. Doch eine BWL-Prüfung am 23. Mai 2018 fiel aus dem Rahmen: Knapp ein Drittel der Teilnehmer brach während der Prüfung ab.

Ein Teil der Prüfungsabbrecher reichte am gleichen Tag einen Antrag auf Rücktritt von der Prüfung ein, den sie mit Attesten begründeten. Einen Teil der Atteste hatte die Universität angezweifelt, da außergewöhnlich viele der Krankmeldungen vom gleichen Arzt ausgestellt waren und keine große Detailtiefe besaßen. (Nähere Infos siehe PM vom 10.07.2018)

In der Folge nahm die Universität auch weitere Atteste des betroffenen Arztes mit Eingangsdatum zwischen 23. und 25. Mai 2018, dem Ende des Prüfungszeitraums, genauer unter die Lupe, mit denen sich Studierende bereits im Vorfeld verschiedener Prüfungen krankgemeldet hatten.

Dies führte dazu, dass letztlich insgesamt 83 Prüfungsrücktritte nicht anerkannt wurden. Sieben Studierende verloren damit endgültig ihren Prüfungsanspruch und mussten die Universität verlassen.

Zu den laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wird sich die Universität Hohenheim nicht äußern. „Unser Hauptanliegen ist es, faire Klausuren zu gewährleisten. Dies haben wir durch unsere Attest-Überprüfungen im Jahr 2018 in einem Maße erreicht, dass wir mit Sicherheit nicht mit ähnlichen Wiederholungsfällen rechnen müssen“, erklärt die Prorektorin für Lehre, Prof. Dr. Korinna Huber.


Faire Prüfungen – Pflichtanmeldung für Klausuren soll abgeschafft werden

Außerdem habe die Universität den Vorfall zum Anlass genommen, ihre interne Organisation voranzutreiben: „Eigentlich sind wir laufend dabei, unsere Studienorganisation weiterzuentwickeln“, so die Prorektorin. Im vergangenen Jahr sei an der Universität Hohenheim jedoch besonders intensiv über das Thema Prüfungen diskutiert und Reformen in diesem Bereich verstärkt vorangetrieben worden.

„Als erste konkrete Maßnahme wollen wir die sogenannte Pflichtanmeldung für Klausuren abschaffen“, erklärt Prof. Dr. Huber. „Die Senatskommission Lehre hat die notwendigen Änderungen der Prüfungsordnungen vorbereitet und wird nächste Woche eine Beschlussvorlage für den Senat fertigstellen.“

Die derzeitige Regelung sieht vor, dass man sich zwar zu einem beliebigen Zeitpunkt für die Klausuren anmelden kann, den Prüfungstermin anschließend allerdings nur ein einziges Mal ohne Angabe von Gründen verschieben darf. Wer durchfällt oder sich krankmeldet wird automatisch für den nächstmöglichen Nachschreibetermin angemeldet. Künftig sollen Studierende selbst entscheiden können, wann sie die Prüfung wiederholen.


Reformen bei den Prüfungen: Kompetenz statt Auswendiglernen

„Darüber hinaus haben wir auch Reformen bei den Prüfungen angestoßen“, berichtet Prof. Dr. Huber. „Das Thema Prüfungswesen ist ein zentraler Aspekt in unserem neuen internen Qualitätsmanagementsystem zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität in der Lehre. Wir diskutieren in den einzelnen Studiengängen, ob und wo es sinnvoll ist, die Anzahl der Prüfungen zu reduzieren.“ Das könnte beispielsweise durch eine Zusammenlegung von Modulen oder durch alternative Formen des Leistungsnachweises geschehen.

Auch die Art und Weise der Prüfung solle dahingehend weiterentwickelt werden, dass weniger auswendig gelerntes Wissen abgefragt wird. Stattdessen soll bei den Prüfungen die Anwendung des Wissens im Vordergrund steht.

„Es gibt dafür aber keine einheitliche Lösung und die Reformen lassen sich auch nicht von heute auf morgen in allen Fachbereichen gleichermaßen umsetzen. Schließlich sind damit auch konzeptionelle und organisatorische Umstellungen verbunden, die wir sorgfältig vorbereiten“, betont Prof. Dr. Huber. „Daher sind viele Beteiligte in diesen Prozess eingebunden – natürlich auch Vertreterinnen und Vertreter der Studierenden.“

„Wichtig ist uns, dass wir bei dieser Neukonzeption aktuellste Entwicklungen in der Didaktik mitberücksichtigen. Daher erhalten die Lehrenden kontinuierlich Unterstützung zu Themen der Lehre und der Prüfungen durch die Arbeitsstelle Hochschuldidaktik und die Stabsstelle Weiterentwicklung in der Lehre“, berichtet Prof. Dr. Huber, „unter anderem mit Workshops zum Thema, wie eine möglichst gute Verbindung zwischen Gestaltung der Lehre und der dazugehörigen Prüfung erzielt werden kann.“


Qualitätsanspruch bleibt bestehen

Eines werden die Reformen jedoch nicht: die Qualität der Ausbildung senken. Auch künftig werden die Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hohenheim mit erstklassigem Lehrangebot, guter Ausstattung, einer internationalen Ausrichtung und einem guten Bezug zur Praxis punkten.

Bereits beim jüngsten CHE-Ranking im Jahr 2017 vergaben die Studierenden daher Bestnoten. Das CHE Hochschulranking ist laut eigenen Angaben das umfassendste und detaillierteste Ranking deutscher Hochschulen.


Weitere Informationen
Pressemitteilung vom 10.07.2018: https://www.uni-hohenheim.de/pressemitteilung?tx_ttnews[tt_news]=40967

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Text: Elsner


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