„Ich zeige dem Gegner dezent, was sein Ziel sein sollte“  [16.11.07]

Er ist der härteste Verhandlungsführer im Management-Nachwuchs der Landeshauptstadt Stuttgart: Dreimal in Serie ging Michael Schwäble aus den Verhandlungswettbewerben der Universität Hohenheim als Sieger hervor

Verspätete Pendler, verpasste Liefertermine, verpatzte Fernreisen: Bei der Kraftprobe zwischen Lokführern und Bahn ist kein Ende in Sicht. Vielleicht hätten die Tarifparteien einen Unterhändler mit dem taktischen Geschick eines Michael Schwäble gebraucht: Zum dritten Mal in Serie gewann der Wirtschafts-Student der Universität Hohenheim alle Verhandlungswettbewerbe am Hohenheimer Lehrstuhl für Marketing. Sein Erfolgsrezept: Tagelange Vorbereitung, Menschenkenntnis und die Strategie, den Kuchen möglichst für alle zu vergrößern.

Verhandlungen mit der Brechstange sind nicht die Sache des 24jährigen: „Verhandlung ist kein Krieg. Ich zeige meinem Gegenüber nur dezent, was sein Ziel sein sollte“, lächelt der Wiwi-Student auf die Frage, wie er seit Jahren jeden Verhandlungsgegner aus dem Feld schlägt.

Doch unter der scheinbaren Leichtigkeit steckt harte Arbeit: Tagelang brütet Schwäble vor jedem Wettbewerb über der gestellten Aufgabe. Stellt Berechnungen an. Analysiert genau die eigene Verhandlungsposition. Und die des Gegners. „Nur, wenn ich die Ausgangssituation meines Gegenübers mindestens so gut kenne wie er selbst, weiß ich, wo ich nachgeben kann – und wo ich hart bleiben muss“.

Am Verhandlungstisch behält der König der Unterhändler das große Ganze im Blick: „Details sind verhandelbar - es gilt, ein intelligentes Gesamtpaket zu schnüren“. Schließlich bestehe eine Verhandlung nie nur aus einem Punkt: Bei Preisverhandlungen zwischen Unternehmen müssten beispielsweise auch Lieferfristen, Logistikkosten und Garantien festgelegt werden. „Wenn ich einen Punkt nach dem anderen abklappere, versucht jeder jedes Mal sein Optimum herauszuholen – was natürlich schlecht funktioniert“. Stattdessen müsse man sich die Gesamtsituation vergegenwärtigen und nach einer Art Tauschmechanismus vorgehen. „Nicht jedem ist alles gleich wichtig. Ich schaue deshalb immer zuerst: Bei welchen Positionen können wir eine Einigung zum Nutzen aller finden?“

Eine Strategie ganz im Sinne von Prof. Dr. Markus Voeth vom Lehrstuhl für Marketing, der sich mit seinem Team seit Jahren mit Verhandlungsforschung beschäftigt: „Das Integrationspotenzial von Verhandlungen wird meist völlig unterschätzt. Die meisten schauen nur darauf, wie sie das größte Stück vom Kuchen abbekommen können und vergessen dabei, dass man den Kuchen insgesamt vergrößern kann“.

Deutschlands Unternehmen stellt Prof. Dr. Voeth in diesem Punkt ein schlechtes Zeugnis aus: „Es ist erschreckend, dass trotz des hohen Verhandlungsvolumens in Deutschland kein ökonomisches Verhandlungsmanagement betrieben wird.“ In Hohenheim ist der Ökonom deshalb einer der Professoren, die hart daran arbeiten, das zu ändern.

Neben intensiven Pflichtveranstaltungen in der Lehre schuf Prof. Dr. Voeths ehemalige Mitarbeiterin Dr. Uta Herbst, die im Bereich der Verhandlungsforschung promoviert hat und heute als Juniorprofessorin für Industriegütermarketing an der European Business School (EBS) tätig ist, vor zwei Jahren deshalb den „Battle of the Sexes“: einen mehrstufigen Verhandlungsmarathon, bei dem jährlich Männer und Frauen einzeln und im Team gegeneinander antreten – und bisher jedes Mal Michael Schwäble ganz oben auf dem Siegertreppchen sahen.

Neben intensivem Training brauche ein guter Verhandler aber auch ein gewisses Grundtalent. Die Bestätigung dazu liefert Dreifach-Meister Schwäble mit einer Kindheits-Anekdote: Als fünfjähriger sei er im elterlichen Bio-Hof einmal ans Telefon gegangen. Ein Mann habe gefragt, ob man auf dem Hof Getreide in größeren Mengen kaufen kann. „Ich habe ihm geantwortet: Ja. Aber bringen Sie ordentlich Geld mit“, sagt Schwäble und lächelt.

„Er ist gewissenhaft, selbstbewusst, hat ein großes Empathievermögen und kann gut im Team spielen“, beschreibt Prof. Dr. Voeth seinen Meisterschüler. „Herr Schwäble hat sicher intensiv von der Ausbildung profitiert. Aber den Spirit, den ein guter Verhandler braucht, den hatte er schon vorher. Einen Verhandlungsprofi kann man nicht backen“.

 

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Markus Voeth, Universität Hohenheim, Lehrstuhl für Marketing
Tel.: 0711 459-22925, E-Mail: marketing@uni-hohenheim.de


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