Streit um Ehegattensplitting:
Befürworter und Gegner suchen nach politischen Lösungen  [24.01.07]

Universität Hohenheim versammelt Splitting-Experten zum Symposium "Ehegattensplitting und Familienpolitik" mit anschließender Parteiendiskussion
31. Januar 2007, 10.30 bis 19.30 Uhr und 01. Februar 2007, 8.30 bis 15.00 Uhr
Universität Hohenheim, Aula, Schloss Mittelbau, 70599 Stuttgart

Jedes Ehepaar kann die Steuervorteile des Ehegattensplitting in Anspruch nehmen, unabhängig davon, ob Kinder vorhanden sind oder nicht. Ebenso stehen verheiratete Paare vor dem Fiskus besser da als unverheiratete. Dies führt zu Kritik an einer Regelung des Einkommensteuerrechts, die seit 50 Jahren Steuererleichterungen für Verheiratete bietet. Befürworter des Gesetzes hingegen stützen sich auf das Grundgesetz. Ihrer Meinung nach ist die Steuererleichterung zum Zwecke des Schutzes von Ehe und Familie geboten. Heiße Debatten verspricht das Symposium "Ehegattensplitting und Familienpolitik", bei dem politische und wissenschaftliche Befürworter und Gegner einer grundlegenden Reform aufeinander prallen. Organisator ist das Kompetenzzentrum Gender und Ernährung der Universität Hohenheim. Den Abschluss bildet eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus den vier großen Parteien.

Die Bundesrepublik Deutschland lässt sich das Ehegattensplitting jährlich rund 20 Milliarden Euro kosten. Steuerausfälle, die der Staat direkt zu Gunsten der Familienpolitik einsetzen könnte. "Das Splitting begünstigt einseitig die Ehe mit traditioneller Arbeitsteilung, vor allem aber Ehepartner mit gutem Einkommen", meint Prof. Dr. Barbara Seel, Leiterin des Kompetenzzentrums Gender und Ernährung an der Universität Hohenheim.

Unter Politikern und Wissenschaftlern aller Disziplinen gehören Thesen wie diese derzeit zu einem wichtigen Debattenthema, zumal unlängst eine Meldung durch die Medien ging, nach der die Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ursula von der Leyen vorschlägt, das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting auszuweiten. Auf dem Symposium stellen Splittingexperten aus Ökonomik, Recht und Politik ihre konträren Standpunkte und Modelle zum Thema vor und erläutern die möglichen Perspektiven der Familienpolitik.

AUS DEM PROGRAMM

Ist das Ehegattensplitting durch die Verfassung geboten?

„Ja“, meint Prof. Dr. Christian Seiler, Universität Erfurt, schließt aber Reformen nicht aus. „Nein“, urteilt hingegen Dr. Franziska Vollmer, ehemalige Mitarbeiterin am Bundesverfassungsgericht, weil das Splitting zum Beispiel nicht berücksichtigt, ob in der Ehe Kinder vorhanden sind oder nicht. Gender-Mainstreaming-Expertin Ulrike Spangenberg kritisiert, dass die Annahme der intakten Durchschnittsehe, die der gesetzlichen Regelung zugrunde liegt, heute nicht mehr unbedingt der Regelfall ist.

Steht beim Ehegattensplitting das Steuerrecht im Widerspruch zu Unterhalts- und Sozialrecht?

Unverheiratete Paare genießen keinen Splitting-Vorteil – müssen aber unter bestimmten Umständen bei Arbeitslosigkeit füreinander einstehen: einer der Widersprüche, die Prof. Dr. Dagmar Felix, Universität Hamburg, diskutiert.

Gehorcht das Ehegattensplitting dem Prinzip der Steuergerechtigkeit?

Je höher das Einkommen, desto größer der Splitting-Vorteil. „Legitim“, urteilt Prof. Dr. Cay Folkers, Ruhr-Universität Bochum. “Nicht gerechtfertigt“, meint Prof. Dr. Theodor Siegel, Humboldt Universität Berlin.

Ist das Ehegattensplitting frauenfeindlich?

„Ja“, meint Prof. Dr. Gisela Färber, DHV Speyer, weil der geringer verdienende Ehepartner – meist die Frau – den höheren Einkommensteuersatz des besser verdienenden zahlt. Thema von Prof. Dr. Matthias Wrede, RWTH Aachen, ist der Einfluss des Ehegattensplittings auf die relative ökonomische Position der Ehepartner.

Wie wirken sich die verschiedenen Reformvorschläge auf die Lage der öffentlichen Finanzen aus?

Aktuelle Schätzungen werden von Prof. Dr. Gerhard Wagenhals, Universität Hohenheim, und Prof. Dr. Miriam Beblo, FHW Berlin, vorgelegt.

Welche grundgesetzkonformen Alternativen der Ausgestaltung der Familienförderung sind denkbar?

Ein Überblick wird von Prof. Dr. Ute Sacksofsky, Universität Frankfurt, gegeben.

Den Abschluss des Symposiums bildet eine Diskussion mit Prof. Dr. Peter Bareis, Steuerexperte der Universität Hohenheim, Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff, Richter des Bundesverfassungsgerichtes, und Vertretern der vier großen Parteien.

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Barbara Seel, Universität Hohenheim, Kompetenzzentrum für Gender und Ernährung
Tel. 0711 459-22863, Fax: 0711 459-23953, E-Mail: hhoek@uni-hohenheim.de


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