Was der Westen vom Osten lernen kann:
10 Jahre Zusammenarbeit zwischen Osteuropazentrum, Universität Hohenheim und Robert Bosch Stiftung [21.09.09]
Rückkehrer des Lektorenprogramms berichten: Festveranstaltung am Sonntag, 27. Sept. 2009, 11 Uhr, Schloss Hohenheim, Balkonsaal
50 Stipendiaten waren im vergangenen Jahr an Hochschulen zwischen Russland und Albanien, zwischen der Ukraine und China tätig. Sie unterrichteten Deutsch und führten Projekte durch. Mit neuen Erfahrungen kehren 27 Stipendiaten jetzt nach Deutschland zurück und werden im Schloss Hohenheim im festlichen Rahmen der 10jährigen Kooperation für ihre Teilnahme ausgezeichnet. Seit 1999 koordiniert das Osteuropazentrum der Universität Hohenheim das Lektorenprogamm in Osteuropa und China für die Robert Bosch Stiftung. Die Veranstaltung beginnt um 11 Uhr mit der Begrüßung durch den Rektor der Universität Hohenheim, Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Peter Liebig und die Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung, Dr. Ingrid Hamm.Die Völkerverständigung leben. Das haben sich 27 junge Hochschulabsolventen für ihren Einsatz in Mittel-, Ost- und Südeuropa, Zentralasien sowie China vorgenommen. Für ein bis zwei Jahre haben die Stipendiaten der Robert Bosch Stiftung in 16 verschiedenen Ländern an einer Hochschule gearbeitet. Dort waren sie als Lehrkräfte für Deutsch als Fremdsprache tätig und wurden in die laufende Projektarbeit vor Ort miteinbezogen.
„Das gegenseitige Interesse stieg – kulturell, politisch und persönlich.“
Neben fachlichen Kompetenzen, Wissen über das Gastland und interkulturellen Kompetenzen sind es vor allem Einblicke in eine andere Art des Arbeitens, die die Lektoren mit nach Hause bringen. „Die Bosch-Lektoren arbeiten partnerschaftlich mit den Universitäten vor Ort zusammen, sie treffen dort auf bestehende Netzwerke und arbeiten im Tagesgeschäft mit“, so Christian Wochele, Projektleiter des Lektorenprogramms. „Wir wollen, dass die Stipendiaten etwas von der anderen Kultur mitnehmen“, ergänzt Dr. h. c. Jochem Gieraths vom Osteuropazentrum der Universität Hohenheim.
„In Osteuropa werden Neuerungsprozesse sehr pragmatisch und kurzfristig umgesetzt“, berichtet Wochele. Wer als Lektor in Kroatien, Rumänien oder Tadschikistan gearbeitet hat, lernte kreativ zu sein, schnell zu reagieren und auch ohne monatelange Planung ein Projekt erfolgreich zu beenden.
Die Lektoren wissen nach ihrem Aufenthalt außerdem, wie man persönlich Netzwerke aufbaut und im Job nutzt. „In Deutschland setzten wir im Arbeitsleben auf institutionelle Netzwerke, in Osteuropa hingegen kommt man mit persönlichen Kontakten ans Ziel“, so Wochele. In Russland beispielsweise werden enge persönliche Beziehungen zu Geschäftpartnern unterhalten und diese auch auf Dauer über kleine Gesten der Aufmerksamkeit gepflegt. Ein Lerneffekt der dem Networking der ehemaligen Stipendiaten sicher auch nach ihrer Rückkehr im Berufsleben weiterhelfen kann.
Dass Verträge und Formulare in anderen Kulturen nicht das einzige Mittel der Absprache sind, mussten die Lektoren ebenfalls erst lernen. „Mündliche Absprache zählt in vielen osteuropäischen Ländern mehr als eine Unterschrift. Daran muss man sich als Deutscher erst einmal gewöhnen“, so Gieraths. Sicher ist also, dass die Stipendiaten mit einer Extraportion an Zuversicht für den erfolgreichen Projektabschluss zurückkehren.
Festveranstaltung: 10 Jahre interkultureller Austausch
Gegründet im Jahr 1993 stiegen die Teilnehmerzahlen des Bosch-Lektorenprogramms schnell an. Seit 1999 wird das Programm in Zusammenarbeit mit dem Osteuropazentrum der Universität Hohenheim koordiniert. Die Festveranstaltung in Hohenheim zieht Bilanz und bietet Eindrücke aus erster Hand von frisch zurückgekehrten Stipendiaten und Stipendiatinnen.
Nach der Begrüßung durch den Rektor der Universität Hohenheim, Professor Dr. Dr. h.c. Hans-Peter Liebig, und der Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung, Dr. Ingrid Hamm, hält Adam Krezmiński den Gastvortrag. Der polnische Journalist schreibt in seiner Heimat zu Deutschlandthemen. Krezmiński ist Vorsitzender der deutsch-polnischen Gesellschaft, Warschau und erhielt 1993 die Goethe-Medaille für seine Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung. Adam Krezmiński spricht zum Thema „1949 – 1989 – 2009: Wohin führt uns das Jahr der Jahrestage?“. Sein Vortrag reflektiert die Bedeutung dieser Jahreszahlen aus einer europäischen Perspektive.
Sprichwörter und mehrsprachige Literatur
Zwei der ehemaligen Lektoren präsentieren ihre Projekte, die sie vor Ort durchgeführt haben. So hat Natalie Lochmann in Russland die deutsch-russisch-chinesischen Bildungstage durchgeführt. Studierende und Universitätsmitarbeiter aus den drei Ländern hat sie in diesem Projekt an einen Tisch geholt; das Thema: Sprichwörter. Wie man im Chinesischen oder Russischen „Der frühe Vogel fängt den Wurm“ sagen würde, oder ob es in anderen Kulturen gar der späte ist, das zeigt ein Film aus dem Workshop.
Jelena Knežević, Tandem-Lektorin, aus Montenegro führte in ihrem Projekt eine Schreibwerkstatt mit Studierenden aus Albanien, Serbien und Montenegro durch. Die Zusammenarbeit mit den jungen Erwachsenen zeigte: Eine Sprache ist uns einfach nicht genug. Wie man sich trotz Sprachgrenzen über Literatur verständigen kann, zeigt das im Projekt entstandene Buch. Eine einmalige Lesung im Drei-Sprachen-Mix.
Die ehemaligen Bosch-Lektoren sind sich sicher, dass Völkerverständigung mehr als eine Worthülse ist. Für ihre Teilnahme am Bosch-Lektorenprogramm werden die Stipendiaten im Anschluss mit Zertifikaten honoriert.
Hintergrund Osteuropazentrum
Das Hohenheimer Zentrum für Forschung, Lehre, Weiterbildung und Beratung in und mit den wissenschaftlichen Einrichtungen der mittel-, ost- und südosteuropäischen Länder wurde 1995 gegründet. Mit dem Auftrag, das Lektorenprogramm zu koordinieren, wurde das OEZ seit 1999 durch die Robert Bosch Stiftung in Stand gesetzt, über das fachwissenschaftliche Spektrum der UH hinaus, die Transformationsprozesse in diesen Ländern auch unter geschichtlich-kulturellen, politischen und sozialen Gesichtspunkten zu reflektieren. Über die Jahre hinweg ist so ein Kompetenzzentrum entstanden, das der Universität Hohenheim im regionalen und auch im nationalen Kontext zu einem Alleinstellungsmerkmal in der Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Einrichtungen der Länder Mittel- und Osteuropas verholfen hat. Das Osteuropazentrum der Universität Hohenheim koordiniert neben dem Lektorenprogramm auch das Kulturmanagerprogramm der Robert Bosch Stiftung.
Hintergrund Robert Bosch Stiftung
Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland. Sie wurde 1964 gegründet und setzt die gemeinnützigen Bestrebungen des Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861-1942) fort. Die Stiftung beschäftigt sich vorrangig mit den Themenfeldern Völkerverständigung, Bildung und Gesundheit.
Text: Konstantinidis / Fehrle
Kontakt für Medien:
Kontaktadresse (nicht zur Veröffentlichung):
Dr. h.c. Jochem Gieraths, Geschäftsführer Osteuropazentrum
Tel.: +49 711/459-23572, osteurop@uni-hohenheim.de