Forschungsprogramm Bioökonomie:
Uni Hohenheim punktet auch bei 2. Runde des Landesprogrammes  [20.09.18]

Wissenschaftsministerium BaWü bewilligt rund 2,2 Mio. Euro für Forschung zur Wirtschaft im Post-Erdöl-Zeitalter / Universität Hohenheim mit Leitung/Beteiligung bei 5 von 8 Projekten

Können Extrakte aus Mikroalgen zum Schutz vor Pilzinfektionen im ökologischen Weinbau eingesetzt werden? Wie kann es gelingen holzige Biomasse vollständig zu Grundbausteinen für die Herstellung von Chemikalien und Materialien wie zum Beispiel Biokunststoffe oder Biotenside umzusetzen und wie sind diese ökologisch und ökonomisch zu bewerten? Wie kann die dafür benötigte Biomasse auf nachhaltige Weise bereitgestellt werden? Diese und weitere Fragen wollen die größtenteils interdisziplinär aufgestellten Vorhaben angehen, die das Wissenschaftsministerium nun mit insgesamt rund 2,2 Millionen Euro im Rahmen des Forschungsprogramm „Bioökonomie Baden-Württemberg“ unterstützt. Die Universität Hohenheim mit ihrem gesamtuniversitären Forschungsschwerpunkt Bioökonomie engagiert sich durch Leitung oder Beteiligung an fünf der insgesamt acht Projekte.


„Den wirtschaftlichen Erfolg vom Verbrauch fossiler Ressourcen zu entkoppeln ist ohne Frage eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Für ein Hochtechnologieland wie Baden-Württemberg gilt dies ganz besonders. Wir sehen in dieser Herausforderung aber vor allem die Chance, die Innovationskraft Baden-Württembergs zu erhalten. Wir möchten deshalb die Entwicklung neuer Technologien und Ideen unterstützen, um Wirtschaft und Nachhaltigkeit zu vereinen“, sagte Ministerin Theresia Bauer am Donnerstag (20. September).

Das Konzept einer Bioökonomie – mit ihrem Leitprinzip der Kreislaufwirtschaft, die eine bestmögliche Verwertung sowie Mehrfachnutzung von Rohstoffen und Stoffströmen ermöglicht – könne hier wichtige Beiträge leisten, so die Ministerin. Voraussetzung sei, dass sich die Forschungslandschaft auf die komplexen Fragestellungen einer Bioökonomie ausrichte.


Bioökonomie als gesamtuniversitärer Forschungsschwerpunkt der Universität Hohenheim

Die Universität Hohenheim ist diesen Schritt bereits im Jahre 2012 gegangen, als sie das Thema Bioökonomie als gesamtuniversitären Schwerpunkt verankerte.

Einzigartig in Deutschland, besitzt sie die umfassende Expertise, um die gesamte Wertschöpfungskette der Bioökonomie abzudecken. So spannt sie den Bogen von Pflanzen- und Tierproduktion über neue technische Verfahren bis zum notwendigen Veränderungsprozess in Wirtschaft und Gesellschaft. Dazu arbeiten Agrar-, Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaftler Hand in Hand mit Physikern, Biologen und Biotechnologen, sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlern.

Bereits in der ersten Förderrunde des Landesforschungsprogrammes Bioökonomie fiel die Universität Hohenheim durch die größte Anzahl von Projektbeteiligungen auf. In der Lehre bietet sie Europas ersten, internationalen Masterstudiengang Bioeconomy an.


Landesprogramm vernetzt Universitäten in vielversprechenden Kooperationen

Wie in anderen Zukunftsfeldern – etwa Digitalisierung oder Mobilität – steht auch in der Bioökonomie der Vernetzungsgedanke im Vordergrund: Mit dem Forschungsprogramm Bioökonomie Baden-Württemberg unterstützt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg seit 2014 daher inter- und transdisziplinär aufgestellte Forschungsverbünde, die die sehr vielfältige Expertise auf dem Gebiet der Bioökonomie in Baden-Württemberg verbinden.

Die nun für eine Förderung ausgewählten Forschungsvorhaben der zweiten Förderrunde sollen in erster Linie die Ergebnisse aus der ersten Förderrunde in Richtung Anwendung weiterentwickeln. Außerdem werden Vorhaben gefördert, die neuartige oder auch unkonventionelle Methoden, Technologien und Ansät-ze für eine Bioökonomie anschieben.


FÖRDERLINIE 1:
„Bioökonomische Prozess- und Produktinnovationen mit konkreter Transferperspektive (Regionale Best-Practice-Beispiele)“


  • Bioraffinerie für die Bioökonomie in Baden-Württemberg
    Aufbau und Betrieb einer Bioraffinerie-Anlage. In Form einer repräsentativen Technikumsanlage soll die möglichst vollständige stoffliche Verwertung lignozelluloser Biomasse (v.a. Miscanthus und Holz) zu Plattformchemikalien demonstriert werden.
    (KIT, Universität Hohenheim, BIOPRO Baden-Württemberg GmbH)

  • Herstellung von Mikroalgenpräparationen und Testung als gesundheitsfördernden Nahrungsstoff für den Menschen sowie als umweltschonendes Pflanzenstärkungsmittel im Weinbau.

    (Universität Stuttgart, Universität Hohenheim, Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Weinsberg)



FÖRDERLINIE 2:
„Technologische Innovationen für neue Verfahren in der Bioökonomie“


  • Mikrobielle Verwertung von Lignozellulosehydrolysaten
    Entwickelt werden soll die vollständige Konversion von Holzzuckern in Rhamnolipid-Biotenside im Bakterium Pseudomonas putida. Gegenüber Tensiden petrochemischen Ursprungs zeichnen sich Rhamnolipide dadurch aus, dass ihre Biosynthese auf Basis nachwachsender Rohstoffe erfolgt und sie vollständig biologisch abbaubar sind. Tenside kommen derzeit v. a. in Wasch- und Reinigungsmittel sowie Körperpflegeprodukten zum Einsatz.
    (Universität Hohenheim, Universität Ulm)

  • Herstellung biobasierter Elektrodenmaterialien aus Biomasse für die E-Mobilität mittels einstufiger in situ-Funktionalisierung
    Mit dem Vorhaben soll ein Beitrag zur nachhaltigen Etablierung einer bio-basierten Ressourcen- und Werkstoffbasis für die E-Mobilität in BW geleistet werden. Die in situ-Funktionalisierung soll anhand verschiedener Biomassen und Metalloxide getestet werden.
    (Universität Hohenheim)

  • Entwicklung und Bewertung biobasierter Wertschöpfungsketten für Baden-Württemberg
    Entwicklung lignozellulosebasierter Wertschöpfungsketten für die Verwertung von Biomasse aus der Landwirtschaft (z.B. Miscanthus, Kurzumtriebsplantagen) zur Ermittlung der ökonomischen und ökologischen Potentiale neuer biobasierter Wertschöpfungsketten in Baden-Württemberg.
    (Universität Hohenheim, Universität Stuttgart, KIT)

  • Nachhaltige Biomassebereitstellung für die Bioökonomie in Baden-Württemberg
    Modellbasierte Bewertung der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit der Biomassebereitstellung in BW. Dabei steht die Bereitstellung von perennierenden Kulturpflanzen für Wertschöpfungsketten der Bioökonomie im Vordergrund.
    (Universität Hohenheim, Universität Freiburg)

  • Biotechnologische Produktion von Bio-Terpenoiden auf Basis von Lignocellulose-Hydrolysaten
    Nachhaltige, biotechnologische Produktion von Bioterpenoiden auf Basis von Holzabfällen. Terpenoide werden bislang aus petrochemischen Rohstoffen gewonnen. Für den industriellen Einsatz ist besonders Isopren relevant, welches der Herstellung von synthetischem Gummi dient.
    (Universität Ulm)

  • Biotechnologische Produktion von Platt-form-Chemikalien mittels Anoden-assistierter Fermentation
    Biotechnologische Produktion der Plattformchemikalie Butandiol mittels einer Anodenassistierten Fermentation. Durch den neuartigen bioelektrochemischen Prozess soll eine bis dato nicht erreichbare Gesamteffizienz möglich wer-den, die überdies nachhaltig mit einer elektro-chemischen Wasserstoffproduktion verknüpft werden kann.
    (KIT)



14 Mio. Euro für Bioökonomieforschung von 2014-2020

Insgesamt stellt das Wissenschaftsministerium von 2014 bis 2020 rund 14 Millionen Euro für die Umsetzung der Landesforschungsstrategie „Bioökonomie im System aufstellen“ zur Verfügung.

Die erste Förderrunde widmete sich der Untersuchung

  • von „Wertschöpfungsketten für Biogas“,
  • der „Stoffliche Nutzung von Lignozellulose“ und
  • des Einsatzes von „Mikroalgen für die Ernährung“.

Die Verbünde entwickelten neue Methoden und Technologien und untersuchten auch die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen dieser Entwicklungen.

Das Kompetenznetz Modellierung der Bioökonomie und übergreifende Projekte aus dem Bereich der sozioökonomischen Begleitforschung ergänzten diese Verbünde und wirkten als integrierende Klammer um das Forschungsprogramm. Finanziert wurden von 2014 bis 2018 insgesamt 53 Teilprojekte mit rund 9,4 Mio. Euro.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit muss vor allem auf der Ebene der Promovierenden gelebt werden, die in der Regel die praktische Forschungsarbeit erledigen. Daher wurde im Rahmen des Forschungsprogramms auch das interdisziplinäre, standortübergreifende Graduiertenprogramm „BBW ForWerts - Bioökonomie BW: Erforschung innovativer Wertschöpfungsketten“ aufgebaut.

Die Landesgeschäftsstelle zum Forschungsprogramm koordiniert die Zusammenarbeit aller im Rahmen des Forschungsprogramms geförderter Vorhaben und sorgt unter anderem auch für eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit.


Weitere Informationen

Landesforschungsprogramm Bioökonome

Bioökonomie in Hohenheim

Masterstudiengang Bioökonomie

Text: Klebs

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Iris Lewandowski, Universität Hohenheim, Chief Bioeconomy Officer
T 0711 459 22221, E iris_lewandowski@uni-hohenheim.de


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