Marienkäfer-Invasion im Wohnzimmer:
„Einfach vor die Tür setzen“, rät Biologe der Universität Hohenheim [08.11.11]
Aggressiv, fortpflanzungsfreudig, resistent: Asiatische Marienkäfer drängen einheimische Arten zurück. Dass diese aussterben, ist jedoch unwahrscheinlich
Schwarmweise setzen sich die gepunkteten Käfer an Balkontüren und Fenstern fest oder nehmen gleich das ganze Wohnzimmer in Beschlag. Seit rund zehn Jahren macht sich der Asiatische Marienkäfer Harmonia axyridis in Europa breit. Neuerdings suchen sich die geflügelten Glücksbringer ihr Winterquartier im menschlichen Zuhause. Dagegen hilft nur rauswerfen, meint Prof. Dr. Johannes Steidle vom Fachgebiet Tierökologie an der Universität Hohenheim. Denn die Tiere können problemlos im Freien überwintern.Ursprünglich, sagt Prof. Dr. Steidle, seien die possierlichen Tiere in hiesigen Gefilden als Schädlingsbekämpfer eingesetzt worden. „Weil er sich hervorragend als Blattlausvertilger eignet, hat man ihn auch in Deutschland eingesetzt.“
Wegen seiner schnellen Vermehrung und der Resistenz schien er für den Job perfekt geeignet. Irgendwann sei „der Käfer dann wohl ausgebüchst“, so der Tierökologe. „Seither vermehrt er sich auch in freier Wildbahn“.
Erfolgreiche Einwanderer: „Gut an Städte angepasst“
Aggressiver und fortpflanzungsfähiger als die einheimischen Arten drängen die ursprünglich aus Japan und China stammenden Marienkäfer ihre hiesigen Artgenossen immer weiter zurück. Der asiatische Käfer, erklärt Prof. Dr. Steidle, „frisst zum Teil sogar den einheimischen“.
Eine Methode, die asiatischen Marienkäfer an der weiteren Verbreitung zu hindern, gibt es momentan noch nicht. Im Gegensatz zu den einheimischen sind sie sogar resistent gegen bestimmte Insekten vernichtende Pilze.
Widrige Lebensbedingungen stören die Käfer auch nicht weiter. „Sie scheinen sich vor allem in so genannten gestörten Lebensräumen, also beispielsweise in Städten, wohlzufühlen“, sagt Tierökologe Steidle.
Aussterben eher unwahrscheinlich
Ob die Käfer zur Plage werden, könne man noch nicht vorhersagen. „Klar, sie vermehren sich schnell, aber die Verbreitung hängt natürlich vor allem von den Ressourcen des Lebensraums ab, also zum Beispiel davon, wie viel Nahrung und Platz vorhanden ist.“
Auch dass sie den einheimischen Marienkäfer zum Aussterben bringen, fürchtet der Tierökologe nicht unbedingt: „So weit würde ich nicht gehen. Aber sie scheinen sie schon sehr zurückzudrängen.“
Und sie seien schnell: „Die ersten Asiaten in Deutschland hat mein Mitarbeiter Till Tolasch vor zehn Jahren in Hamburg beobachtet. Damals waren dort schon bis zu 90 Prozent der Marienkäfer in Proben Einwanderer. Heute haben wir sie schwarmweise auch an Stuttgarter Fensterscheiben hängen.“
Bunt und winterhart
Rein ästhetisch findet der Tierökologe die Asiaten zum Teil sogar „noch hübscher“ als die einheimischen: „Es gibt sie nämlich in viel mehr Farbvariationen. Zum Beispiel schwarz, mit roten Punkten oder auch gelb mit schwarzen oder schwarz, mit gelben Punkten. Schließlich heißen sie auch Harlekinkäfer“, sagt Prof. Dr. Steidle.
Wer sein Wohnzimmer trotzdem nicht mit den gepunkteten Untermietern teilen möchte, kann sie guten Gewissens einsammeln und wieder vor die Tür setzen: „Die Tiere sind kalte Winter gewöhnt. Sie werden auch woanders überwintern können“, sagt Prof. Dr. Steidle.
Text: Mayer / Klebs
Kontakt für Medien:
Prof. Dr. Johannes Steidle, Universität Hohenheim, Fg. Tierökologie, Tel.: 0711 459-23667, E-mail: jsteidle@uni-hohenheim.de