50 Euro/Monat:
Rektor & Personalrat fordern Zuschlag für klimafreundliche Mobilität  [19.11.18]

Signal für Klimaschutz und Wertschätzung der Beschäftigten: Land soll pauschalen Mobilitätszuschlag von 50 Euro pro Monat im kommenden Tarifvertrag verankern

Klimafreundliches Mobilitätsverhalten fördern, ohne die zu diskreditieren, die (noch) auf PKW-Mobilität angewiesen sind: dieser Gedanke steckt hinter der Forderung der Universität Hohenheim in Stuttgart. Gemeinsam fordern Rektor und Personalrat im kommenden Tarifvertrag ab 2019 auch einen pauschalen Zuschlag für klimafreundliche Mobilität von 50 Euro zu verankern. Zusammen mit anderen Maßnahmen des Landes würde der Zuschlag die klimafreundliche Mobilität fördern. Gleichzeitig wäre diese Zulage ein Signal der Wertschätzung insbesondere an die unteren Lohngruppen und würde die Attraktivität des öffentlichen Dienstes in diesem Bereich erhöhen. Die Idee lehnt sich an das US-amerikanische Konzept einer sog. „Carbon Tax“, deren Wegbereiter im Dezember mit dem Nobelpreis ausgezeichnet werden.


Die Ziele der Landesregierung sind konsensfähig, bestätigen auch die Universitäts-Spitze und der Personalrat: Bis 2040 soll die Landesverwaltung klimaneutral arbeiten. Speziell den PKW-Verkehr gelte es auch wegen Feinstaub, Ozon und Stickoxiden zu reduzieren.

Die Universität Hohenheim unterstütze diese Ziele auch aktiv: z.B. mit der Teilnahme am Wettbewerb „Emmissionsfreier Campus“, durch Blockheizkraftwerke und Ökostrom sowie Forschungsprojekten zur Energieversorgung aus nachwachsenden Rohstoffen, mit denen auch Teile des Campus versorgt werden.


Isolierte Einführung von Parkgebühren führt zu Negativ-Effekten

Um umweltbelastendes Autofahren zum Arbeitsplatz weniger attraktiv zu machen, beschloss die Landesregierung am 6. März 2018, an allen Dienststellen Parkgebühren einzuführen. Doch diese Maßnahme hat auch ungewollte Konsequenzen:

  • Für Beschäftigte, die die Universität von ihrem Wohnort aus faktisch nur mit dem Auto erreichen können, bedeuten Parkgebühren eine Verminderung des verfügbaren Einkommens.
  • Emotional wird die Maßnahme von einer nennenswerten Zahl an Beschäftigten als mangelnde Wertschätzung wahrgenommen. Das Betriebsklima und die Identifikation mit dem Arbeitgeber leiden.

  • Bereits die Ankündigung erschwert die ohnehin schwierige Personalgewinnung in den unteren Gehaltsgruppen.

„Gerade in den Werkstätten, Sekretariaten, Laboren suchen wir oft händeringend“, so der Rektor. „Da die Gehälter im öffentlichen Dienst vielfach unter denen in vergleichbaren Tätigkeitsfeldern der freien Wirtschaft liegen, verweisen wir gerne auf den guten Ruf des Landes als Arbeitgeber und auf weiche Vorteile wie Familienfreundlichkeit, ein faires Miteinander und ähnliche Faktoren. Ein verkehrsträgerunabhängiger Mobilitätszuschlag für alle Bediensteten würde dazu führen, dass die Attraktivität des öffentlichen Dienstes insbesondere in den unteren Lohngruppen erhalten bleibt oder sogar steigt. Gleichzeitig bliebe die umweltpolitische Steuerungswirkung des Parkraummanagements voll erhalten.“


Mobilitätszulage dreht klimafreundlichen Lenkungseffekt ins Positive

Eine praktikable Lösung wäre, zusätzlich zum kommenden Tarifabschluss eine Mobilitätszulage von 50 Euro pro Monat im Tarifvertrag zu verankern. „Wer in den unteren Tarifgruppen im Labor, im Sekretariat oder in der Verwaltung arbeitet, hätte laut unserer Modellrechnung nach Steuern noch mindestens 25 Euro im Monat für die persönliche Mobilität übrig“, so Prof. Dr. Dabbert.

Der gewünschte Lenkungseffekt der Landesregierung würde so ins Positive gewendet. „Ziel der Landesregierung ist es, das Auto als Verkehrsmittel zum Arbeitsplatz unattraktiver zu machen. Durch einen frei verfügbaren Mobilitätszuschuss bleibt es jedem Arbeitnehmer überlassen, ob er das Geld in Parkgebühren, ÖPNV oder ein gutes Fahrrad investiert. Wer nicht unbedingt auf das Auto angewiesen ist, kann auf Alternativen umsteigen, die sich auch finanziell rechnen können.“

„Der Vorschlag hat den Charme, dass Autofahren weiterhin an Attraktivität verliert. Gleichzeitig fallen die nachteiligen Auswirkungen vor allem für Geringverdiener und auf die Arbeitsatmosphäre weg“, erläutert Herbert Klotz (Mitglied des Personalrats).


Verbesserung von ÖPNV und anderer Infrastruktur bedürfen gleicher Priorität

Ebenso wichtig sei es allerdings auch, die Alternativen zum Auto direkt zu stärken. „Bekanntermaßen gibt es einen erheblichen Nachholbedarf“, sagt Thomas Schmidt (Mitglied des Personalrats). So fordere die Universität seit Jahren eine direkte ÖPNV-Anbindung an die Innenstadt. Auf dem Campus bedürfe es deutliche Verbesserung, um die Attraktivität für Fußgänger und Radfahrer zu steigern.

„Zwar muss man auch anerkennen, das Bewegung in das Thema Mobilität gekommen ist. Dazu gehörten Maßnahmen wie das Job-Ticket oder die Ankündigung einer verbesserten Stadtbahn-Anbindung an die Innenstadt über die Möhringer Kurve – mit angekündigten Baubeginn jedoch erst in frühestens sieben Jahren“, kommentiert der Rektor. „Im Gegensatz zu Parkgebühren, die in einem Jahr erhoben werden, werden die anderen notwendigen Maßnahmen nicht mit entsprechendem Tempo verwirklicht.“

Das Konzept der Mobilitätszulage sei deshalb geeignet, die unteren Lohngruppen zu entlasten und dennoch sofort die Weichen in Richtung einer klimafreundlicheren Mobilität zu stellen.


HINTERGRUND: „Carbon Tax“ als geistiges Vorbild

Mit seinem Vorschlag lehnen sich Personalrat und Universitätsleitung an ein Konzept an, dessen Wegbereiter William Nordhaus den diesjährigen Wirtschafts-Nobelpreisträger erhielt: Um den privaten CO2-Ausstoß zu senken, solle der Staat eine Strafsteuer auf fossile Brennstoffe erheben, deren Erträge direkt an die Bürger ausgeschüttet werden – unabhängig von deren Energieverbrauch.

Der Vorteil: Energiefreundliches Verhalten rechnet sich für jeden Einzelnen, ohne dass einkommensschwache Bevölkerungsgruppen mit übergebührlichen Einkommensverlusten zu kämpfen haben.

Text: Klebs


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