Forschung & Tierschutz:
Land bewilligt neue Tierställe für Uni Hohenheim [20.11.17]
Rektor begrüßt Baufreigabe des Landes als „bedeutenden Baustein für Forschungsprojekte mit Millionenumfang“ / Optimismus bei dringender Renovierung des Kleintierhauses
Bessere Tierhaltung und bessere Forschungsbedingungen verspricht sich die Universität Hohenheim in Stuttgart durch die Bewilligung von zwei neuen Versuchsställen durch das Land Baden-Württemberg. Die bewilligten Neubauten sollen mehrere Altgebäude auf dem Unteren Lindenhof in Eningen ersetzen. Finanziert werden sie über das Hochschulbauprogramm „Perspektive 2020“. Die Bausumme beträgt 8,1 Mio. Euro, die Stallgrößen 520 und 1.400 Quadratmeter. Über ihre Arbeit mit Tieren informiert die Universität Hohenheim unter www.uni-hohenheim.de/tierversuche
Mit der Baufreigabe entsprach das Land der Bitte der Universität, die Bauten wegen besonderer Dringlichkeit gegenüber anderen Bauprojekten in Hohenheim vorzuziehen. „So haben wir das Land zum Beispiel gebeten, die Sanierung von Schloss Hohenheim im Herzen unseres Campus zugunsten der Tierställe auf die Jahre nach 2018 zu verschieben“, so Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert.
Für die Dringlichkeit gibt es zwei Gründe: „Zum einen haben wir im Bereich Tierernährung eine sehr starke Forschergruppe, die wir auch mit besserer Infrastruktur stützen wollen“, erklärt der Rektor. „Zum anderen reagieren wir auf Änderungen im Tierschutzgesetz, die mit den bejahrten Altgebäuden nicht umsetzbar gewesen wären.“
Wichtige Infrastruktur für prominente Forschungsverbünde
Im Detail handelt es sich um zwei Baumaßnahmen:
- einen neuen 1.400-Quadratmeter-Komplex zur Geflügelhaltung für 5,4 Mio. Euro. Das neue Gebäude soll die bisherige Geflügelhaltung aus den 1970er Jahren komplett ersetzen.
- einen 520 Quadratmeter großen Abferkelstall für 2,7 Mio. Euro. Die neue Stallung entsteht auf der künftigen Abrissfläche eines alten Boxenlaufstalles für Rinder aus den 1960er Jahren.
Zu den Forschungsarbeiten der Universität Hohenheim im Bereich Schweine/Geflügel gehören u.a. Fragen zu Tierernährung, Tierzucht, Ansprüchen und Wohlergehen von Tieren in der Tierhaltung inklusive Spezialfragen wie das Vermeiden von Federpicken bei Hühnern, der Renaissance des Zweinutzungshuhns oder Alternativen zur schmerzhaften Ferkelkastration.
Eine besondere Bedeutung hat die neue Infrastruktur für die DFG-Forschergruppe P FOWL (FOR 2601). In ihr betreiben Tierwissenschaftler der Universität Hohenheim Grundlagenforschung zur Phosphorverwertung und der Bedeutung von Phosphor für Tiergesundheit und Verhalten.
„Angesichts von weltweit verknappenden Phosphorvorräten handelt es sich um ein in vielerlei Hinsicht brisantes Thema“, erläutert Rektor Prof. Dr. Dabbert. Die Deutsche Forschungsgesellschaft fördert die Arbeit der Forschergruppe deshalb drei Jahre lang mit rund 2 Mio. Euro.
Verbesserte Haltung von Legehennen, Wachteln und Schweinen
Beide Baumaßnahmen haben neben der Forschung auch eine verbesserte Haltung der Versuchstiere im Fokus.
„In den beiden Ställen bringen wir die landwirtschaftlichen Nutztiere zeitgemäß und nach neuesten Standards unter“, betont Finanzministerin Edith Sitzmann.
„Auf dieser Basis können die Zusammenhänge zwischen dem Wohlergehen der Tiere und einer Lebensmittelqualität auf höchstem Niveau erforscht werden“, ergänzt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.
Universität hofft auf baldige Lösung für renovierungsbedürftiges Kleintierhaus
Als Rektor begrüßt Prof. Dr. Dabbert die Baufreigabe als „bedeutenden Baustein für millionenschwere Forschungsprojekte“ und dankt dem Land für seine Bereitschaft, in der Bauplanung auf die Prioritäten der Universität Rücksicht zu nehmen. Einer weiteren, dringend benötigten Baumaßnahme – der Renovierung des zentralen Kleintierhauses – sehe die Universität Hohenheim deshalb mit Optimismus entgegen.
„Ich bin den Landesministerien für Ihre Flexibilität sehr dankbar und zuversichtlich, dass wir auch für das Kleintierhaus bald eine Lösung finden, mit der wir eine gute Tierhaltung und wichtige Forschungsinteressen in Einklang bringen“, so der Rektor. Das Kleintierhaus diene v.a. zur Haltung von Mäusen als zweithäufigstem Versuchstier nach den Legehennen. Eingesetzt würden sie für Forschungsarbeiten zur Ernährung, zur Gesundheitsförderung, zum Immunsystem und zu weiterer biologischen Grundlagenforschung.
Tierversuche für universitätsweite Forschungsschwerpunkte von Bedeutung
Tierversuche besitzen eine hohe Bedeutung für die Universität Hohenheim. So umfassen die Forschungsschwerpunkte „Bioökonomie“ und „Globale Ernährungssicherung“ auch Tierproduktion und tierische Produkte. Genauso ist auch der Forschungsschwerpunkt Gesundheitswissenschaften derzeit noch auf die Forschung an Tieren angewiesen.
In der Versuchstiermeldung meldete die Universität im vergangenen Jahr insgesamt 6.070 Tiere, an denen ein Tierversuch abgeschlossen wurde. Häufigste Versuchstiere in der Meldung waren Hühner (3.971) gefolgt von Mäusen (1.730), Schweinen (152), Rindern (89), Fröschen (47) Ratten (31) und Ziegen (6).
In 81 % Fällen waren es Tierversuche mit geringem Schweregrad (z.B. Entnahme von Blutproben). 4 % wiesen einen mittleren Schweregrad auf (z.B. ein Huhn mehrere Tage im Einzelkäfig zu halten, um Exkremente zu sammeln). 15 % wurden als sog. „Tierversuch ohne Wiederherstellung der Lebensfunktion“ klassifiziert (z.B. Tötung von Tieren, um Organe oder Gewebe wie Muskeln, Nerven oder Verdauungsorgane zu entnehmen).
Einblicke in die Hohenheimer Leitlinien für Tierversuche, Tierversuchs-Statistik, Forschung, Lehre, Haltung von Versuchstieren und praktizierten Alternativen zu Tierversuchen gibt die Universität unter www.uni-hohenheim.de/tierversuche.
Weitere Informationen
Text: Klebs