Dünger aus Biogasanlagen:
Forschungsprojekt soll Einsatzmöglichkeiten verbessern  [27.01.16]

Universität Hohenheim untersucht wie verschiedene Ausgangsstoffe unterschiedlich verwendbaren Dünger produzieren / Ein Werkstattbericht

Gärreste aus Biogasanlagen stellen einen wertvollen Dünger dar. Doch um diesen gezielt einsetzen zu können, muss der Landwirt wissen, welche Nährstoffe in welchen Mengen enthalten sind und wie sie nach Ausbringung im Boden wirken. Und das hängt stark davon ab aus welchem Ausgangsmaterial das Biogas produziert wurde. Mit Laboranalysen, Feldversuchen und Isotopenanalysen nehmen Wissenschaftler der Universität Hohenheim nun verschiedene Gärreste unter die Lupe. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) fördert das Forschungsprojekt an der Universität Hohenheim mit knapp 480.000 Euro. Damit zählt es zu den Schwergewichten der Forschung an der Hochschule.

 

Die Rückstände einer Biogasanlage, die Gärreste, gelten als hochwertiger organischer Dünger. Ihre Nutzung stellt die Landwirte allerdings vor ein Problem: Sie kennen nicht die genaue Düngewirkung, die vor allem vom Ausgangsubstrat abhängt. Wissenschaftler der Universität Hohenheim und der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie erforschen diese Frage nun gemeinsam mit Kollegen der Universität Rostock.

„Wir untersuchen die Stickstoff- und Humuswirkung verschiedener Gärreste, also welche Nährstoffe und Kohlenstoffverbindungen in welchen Mengen enthalten sind und wie sich diese nach der Feldapplikation verhalten“, skizziert PD Dr. Kurt Möller vom Fachgebiet Düngung und Bodenstoffhaushalt an der Universität Hohenheim das Forschungsprojekt.

Mit diesen Kenntnissen, so der Experte, kann der Landwirt die Dünge- und Humuswirkung der jeweiligen Gärreste besser einschätzen. Er kann sie in Mineraldüngeräquivalente umrechnen und den Dünger bedarfsgerecht und gezielter ausbringen. Das schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel des Landwirts.

 

Versuche mit unterschiedlichen Ausgangssubstraten

An der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie betreiben die Forscher zu diesem Zweck 40 kleine Versuchs-Biogasanlagen mit unterschiedlichen Substraten, die teilweise gezielt mit Stickstoffisotopen angereichert werden. Dazu gehören unter anderem Mais, Kleegras, Zuckerrüben, Schweinegülle oder Gülle aus der Milchviehhaltung.

Die Forscher an der Universität Hohenheim haben ihr Augenmerk vor allem auf die Inhaltsstoffe der Gärreste wie Stickstoff, Phosphor, Kalium und andere Nährsalze gerichtet. Die Bodenkundler an der Universität Rostock dagegen nehmen die organischen Bestandteile und die Humuswirkungen ins Visier.

 

Inkubationsversuche zur Humuswirkung der Gärreste | Bildquelle: Universität Hohenheim, Franziska Häfner

Inkubationsversuche zur Humuswirkung der Gärreste
Bildquelle: Universität Hohenheim, Franziska Häfner

Inkubationsversuche zur Humuswirkung

Zunächst geben sogenannte Inkubationsversuche den Forschern Aufschluss darüber, wie stark die organische Masse der jeweiligen Gärreste abbaubar ist. Dafür mischen sie in Glasgefäßen Erdboden und Gärrest, inkubieren die Mischung unter konstanten Bedingungen und messen über zwei Monate die Menge des Kohlendioxids, das beim Abbauprozess entsteht. „Die Humuswirkung ist umso größer, je weniger das Material abbaubar ist“, erklärt PD Dr. Möller.

 

Versuche im Gewächshaus und auf dem Feld

Parallel dazu simulieren die Wissenschaftler im Gewächshaus eine Fruchtfolge mit Weidelgras und Mais, bei der sie sechs Mal ernten, den Boden wieder umbrechen und dabei mit dem jeweiligen Gärrest düngen. „Wir können aus diesen Versuchen die kurzfristige Stickstoff-Düngewirkung und die Stickstoff-Nachwirkung abschätzen“, so der Experte. Und über Kohlenstoffgehalt und Humusform könnten zudem die Rostocker Kollegen den Einfluss auf die Bodeneigenschaften beurteilen.

Um die Ergebnisse schließlich auch unter realen Bedingungen zu erproben, ergänzen Feldversuche mit Gärresten aus Praxisanlagen das Programm. In diesen Biogasfermentern werden überwiegend Mais, Kleegras, Geflügelmist, Bioabfälle oder Milchviehgülle vergoren. Die Forscher analysieren jeweils die Gehalte an Stickstoff und zahlreicher weiterer Nährstoffe und schätzen die Düngewirkung der Gärreste im Feld ab.

 

Vergärungsversuche mit isotopisch markiertem Substrat

Interessant ist für Forscher und Bauern jedoch nicht nur wie viel Stickstoff insgesamt im Gärrest enthalten ist, sondern auch aus welcher Fraktion er stammt. „Die feste und die flüssige Fraktion des Gärrestes werden bisweilen getrennt ausgebracht, so dass wir sie auch jeweils einzeln beschreiben müssen“, erläutert PD Dr. Möller den Hintergrund.

Feldversuch zur Düngewirkung von Gärresten | Bildquelle: Universität Hohenheim, Franziska Häfner

Feldversuch zur Düngewirkung von Gärresten
Bildquelle: Universität Hohenheim, Franziska Häfner

Um das herauszufinden, hat die Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim einen Teil der Ausgangssubstrate mit isotopisch markiertem Stickstoff hergestellt. Dazu ziehen sie Mais, Gras und Zuckerrüben heran, denen Stickstoff in Form eines Isotops zugeführt wird, um es gegenüber den natürlichen Gegebenheiten damit anzureichern. Es weist ein Neutron mehr im Atomkern auf und ermöglicht durch diese Kennzeichnung den Weg dieses Nährstoffs nachzuvollziehen.

„Wenn wir im nächsten Schritt nur jeweils eine Fraktion mit dieser Markierung verwenden, können wir unter anderem erklären, ob der Stickstoff aus der festen oder der flüssigen Fraktion stammt“, erklärt PD Dr. Möller das Ziel.

 

Basis-Arbeit für bessere Düngung

Am Ende des Projektes in knapp zwei Jahren wollen die Forscher nicht nur die verschiedenen Gärreste so genau charakterisieren können, dass die Landwirte sie bedarfsgerechter einsetzen können. „Wir möchten auch Grundlagen dafür erarbeiten, dass die Biogasproduzenten über das Substratmanagement ihres Fermenters gezielt die Düngewirkung der Gärreste beeinflussen können“, resümiert PD Dr. Möller.“

 

Hintergrund des Projekts

Das Forschungsprojekt „Optimiertes Substratmanagement und Einfluss von Gärrestzusammensetzung auf den Boden-Stickstoff- und Boden-Humushaushalt“ startete am 1. November 2014 und ist auf drei Jahre ausgelegt. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe fördert die Arbeit an der Universität Hohenheim mit rund 479.429 Euro. Beteiligt sind außer dem Fachgebiet Düngung und Bodenstoffhaushalt auch die Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie an der Universität Hohenheim sowie die Professur für Bodenkunde an der Universität Roststock.

 

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

Rund 30 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2014 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 250.000 Euro bei den Experimental- bzw. 125.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.

Text: Elsner / Klebs

Kontakt für Medien:

PD Dr. Kurt Möller, Universität Hohenheim, Fg. Düngung und Bodenstoffhaushalt
T 0641 74543, E kurt.moeller@uni-hohenheim.de


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