Dem Leben im Boden auf der Spur:
Forscher untersuchen Lebensbedingungen von Mikroorganismen  [30.06.15]

Universität Hohenheim an bundesweit angelegtem Biodiversitäts-Großprojekt beteiligt / DFG fördert das Projekt mit einer halben Mio. Euro

Sie sind mikroskopisch klein und mit bloßem Auge meist nicht erkennbar: Mikroorganismen. Diese winzigen Lebewesen sind nahezu überall präsent und besiedeln auch unsere Böden. Ihre Funktionen sind vielfältig. Wie sich das Zusammenspiel der Mikroorganismen in Grünlandböden unter veränderten Lebensbedingungen verhält, ist bisher weitgehend unerforscht. In einem großangelegten Forschungsprojekt untersuchen Bodenbiologen der Universität Hohenheim im Team von Prof. Dr. Ellen Kandeler und Dr. Sven Marhan die Besiedlung von neuen Lebensräumen des Bodens. Das Projekt „Mikrobielle Besiedlungsstrategien und Ressourcennutzung in Grünlandböden mit unterschiedlicher Landnutzungsintensität“ ist eines von mehr als 40 Projekten mit insgesamt rund 330 Wissenschaftlern an mehreren Universitäten in einem Schwerpunktprogramm zur Biodiversitätsforschung (SPP 1374) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die DFG fördert das aktuelle Projekt mit knapp einer halben Million Euro und macht es damit zu einem der Schwergewichte der Forschung an der Universität Hohenheim.

 

In den Böden wimmelt es von Mikroorganismen. Sie machen die Böden fruchtbar, zersetzen organische Schadstoffe und verbessern die Bodenstruktur. Außerdem beeinflussen sie das Klima, indem sie klimarelevante Gase wie CO2, Lachgas oder Methan freisetzen oder binden.

Häufig greift der Mensch in das von der Natur ausgeklügelte Wechselspiel in den Böden ein. Zum Beispiel, wenn er Grünland intensiver beweidet, Dünger ausbringt oder auch Wiesen häufiger mäht. Dadurch verändern sich die Lebensbedingungen der Bodenmikroorganismen.

„Wir analysieren die Veränderungen“, sagt Prof. Dr. Kandeler, Leiterin des Instituts für Bodenbiologie an der Universität Hohenheim und Leiterin des DFG-Forschungsprojektes. „Dazu gehen wir der Frage nach, wie neue Bodenoberflächen unter dem Einfluss von unterschiedlicher Grünlandnutzung durch Mikroorganismen besiedelt werden. Dafür vergraben wir bestimmte Mineralien und Wurzeln in kleinen Beuteln in unterschiedlich genutzten Grünlandböden“, erläutert Prof. Dr. Kandeler. „Wenn wir sie nach Monaten wieder herausnehmen, untersuchen wir, welche Mikroorganismen diese neuen Oberflächen besiedelt haben.“ Auf diesen Oberflächen – wie beispielsweise Tonminerale und Streu – wird die Aufteilung der Ressourcen (Kohlenstoff und Stickstoff) zwischen Bakterien und Pilzen quantifiziert.

 

Empfehlungen für Landwirte

Weiterhin nehmen die Wissenschaftler zu unterschiedlichen Zeitpunkten Bodenproben in drei verschiedenen Regionen im Bundesgebiet und untersuchen, ob es einen generellen Einfluss der Intensität der Grünlandnutzung auf mikrobielle Funktionen im Boden gibt. „Unser Ziel ist es, allgemeingültige Aussagen zu treffen und daraus Empfehlungen, beispielsweise für Landwirte, ableiten zu können“, sagt Prof. Dr. Kandeler.

Die Ergebnisse aller an dem DFG-Schwerpunktprogramm beteiligten Teilprojekte werden in einer zentralen Datenbank in Frankfurt am Main gesammelt. Damit soll dann ein Gesamtbild von Grünland- und Waldböden entstehen – eine Art Landkarte über die Verteilung von Bodenorganismen.

Die laufende Projektphase ist bereits die dritte von der DFG geförderte Projektphase. Im Mittelpunkt steht den Wissenschaftlern auch sehr stark der Kontakt zur Öffentlichkeit: So gibt es regelmäßig Infoveranstaltungen und Vorträge vor Ort sowie den Kontakt zu Naturschützern und der lokalen Bevölkerung an den drei Forschungsstandorten, den sogenannten Biodiversitäts-Exploratorien:

• Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (Brandenburg)

• Der Nationalpark Hainich und Umgebung (Thüringen)

• Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb (Baden-Württemberg)

 

Hintergrund: Forschungsprojekt „Mikrobielle Besiedlungsstrategien und Ressourcennutzung in Grünlandböden mit unterschiedlicher Landnutzungsintensität“

Das Projekt ist Teil eines DFG-Schwerpunktprogramms zur Biodiversitäts-Forschung. Die Wissenschaftler untersuchen darin die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Komponenten der Biodiversität (beispielsweise zwischen Pflanzen und Bodenorganismen). Ebenso gehen sie der Frage nach, wie Biodiversität die Prozesse im Ökosystem beeinflusst – wie etwa die Produktion von Biomasse oder den Kohlenstoffkreislauf.

An dem Schwerprojekt sind Universitäten und Forschungseinrichtungen beteiligt: Darunter die Universitäten in Bern, Ulm, Göttingen, Freiburg, Jena und Hohenheim, ebenso die TU München, die TU Darmstadt und das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena. Das aktuelle Projekt an der Universität Hohenheim läuft seit 1. Mai 2014 und ist auf drei Jahre angelegt. Es wird von der DFG mit 465.000 Euro gefördert. Damit zählt das Projekt zu einem der Schwergewichte der Forschung an der Universität Hohenheim.

 

Hintergrund: Schwergewichte der Forschung

Über 30 Millionen Euro an Drittmitteln akquirierten Wissenschaftler der Universität Hohenheim 2014 für Forschung und Lehre. In loser Folge präsentiert die Reihe „Schwergewichte der Forschung“ herausragende Forschungsprojekte mit einem Drittmittelvolumen von mindestens 250 000 Euro bei den Experimental- bzw. 125 000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.

Text: A. Schmid / Töpfer

Kontakt für Medien:

Prof Dr. Ellen Kandeler, Universität Hohenheim, Fachgebiet Bodenbiologie
Tel.: 0711/459-24220, E-Mail: kandeler@uni-hohenheim.de
Dr. Sven Marhan, Universität Hohenheim, Fachgebiet Bodenbiologie
Tel.: 0711/459-22326, E-Mail: sven.marhan@uni-hohenheim.de


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