Projekt „Internationale Spitzenforschung“:
Intelligente Traktoren schonen Grundwasser und steigern Ertrag [02.08.05]
Landesstiftung Baden-Württemberg fördert internationale Spitzen-Kooperation der Universität Hohenheim mit der Iowa State University
Pressekonferenz am Mittwoch, 10. August, 11:00 Uhr
Versuchssstation Ihinger Hof, 71272 Renningen
Traktoren, die den Untergrund genau kennen und bei der Feldbearbeitung darauf eingehen, können Felderträge steigern und das Grundwasser schonen. So lauten die ersten Vorab-Ergebnisse aus einer hochkarätigen Forschungskooperation zwischen der Universität Hohenheim und US-Wissenschaftler Prof. Dr. William David Batchelor von der Iowa State University. Möglich wird dies durch eine Weiterentwicklung des "Precision Farming", welches Traktoren und Landmaschinen mit Sensortechnik, Satellitennavigation und vor allem Computermodellen ausstattet - ein Feld, in dem Prof. Dr. Batchelor als weltweit führender Experte gilt. Die Kooperation ist eines von drei Projekten im Forschungsprogramm „Internationale Spitzenforschung“, mit der die Landesstiftung besonders innovative und zukunftsträchtige Projekte fördert.
Erstmals erstellten Prof. Dr. Batchelor und die Hohenheimer Arbeitsgruppe "Precision Farming" um Prof. Dr. Wilhelm Claupein feinmaschige Karten von Bodenbeschaffenheit eines Ackers, kombinierten sie mit Ertragszahlen der Vorjahre und Klimamessungen und verknüpften die Daten in einem Computermodell. Dazu unterteilten sie jeden Acker in nahezu 100 Einzelflächen von rund 1200 Quadratmetern. Ergebnis ist ein Managementkonzept, mit der Landwirte bei Aussaat, Düngung und Spritzmittel punktgenau auf kleinräumige Unterschiede ihrer Felder reagieren können.
Um Ihnen den direkten Augenschein der Versuchsfelder und verwendeter Technik zu ermöglichen, laden wir Sie ein zu einer einstündigen Presse-Exkursion zum Erntetermin auf den Ihinger Hof am:
Mittwoch, 10. August, 11 Uhr,
Versuchsstation für Pflanzenbau und Pflanzenschutz Ihinger Hof,
71272 Renningen
(siehe Anfahrtsskizze)
Ziel des Projektes ist Grundwasserschutz, der selbst den strengen Vorschriften von Wasserschutzgebieten genügt. Denn längst gibt es am Markt schon Landmaschinen mit Sensoren, die während der Fahrt den Ernährungszustand von Pflanzen anhand ihrer Farbe ermitteln, um ihre Düngergabe bei kargem Pflanzenwachstum hochzufahren.
"Tatsächlich gibt es aber eine Reihe von Gründen, warum Teilflächen eines Ackers geringeren Ertrag haben", erklärt Prof. Dr. Claupein, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Grünland der Universität Hohenheim. Eine könnte sein, dass der Boden weniger Wasser speichern könnte, die Pflanzen also unter Wassermangel leiden. „Der Sensor schließt aber nur auf Stickstoffmangel, erhöht die Düngerzufuhr und kann so den Nitrateintrag ins Grundwasser an dieser Stelle erhöhen. Was auf dem Markt noch fehlt, ist Technik, die die Messergebnisse während der Fahrt differenziert betrachtet und intelligente Entscheidungen trifft.“
Erste Ergebnisse zeigen, dass das Modell von Professor Batchelor diese Lücke schließen kann. "Auf unseren Versuchsfeldern haben wir etwa die gleiche Menge Stickstoff ausgebracht wie bei einem konventionellen Düngeeinsatz - allerdings kleinräumig sehr stark verteilt", sagt Prof. Dr. Claupein.
Das diese Strategie erfolgreich war, können die Forscher schon vor der Ernte belegen: „Wir haben insgesamt zwei Mais- und zwei Weizenfelder mit stark variablem Untergrund. Auf allen sind Biomasse und ährentragende Halme stark angestiegen.“ Dies bedeutet, dass ein viel größerer Anteil des Düngers von Pflanzen aufgenommen wurde, anstatt möglicherweise ins Grundwasser zu wandern.
Exakte Ergebnisse sollen Bodenproben im Herbst nach der Ernte liefern. Die erste wissenschaftliche Präsentation erfolgt im Rahmen des 3. Workshop „Precision Farming“ der Universität Hohenheim am 18. Oktober 2005 auf dem Ihinger Hof.
Hintergrund: „Precision Farming“
Ein Acker ist keine gleichförmige Fläche: Einzelne Quadratmeter haben nasse Böden, andere sind wasserarm, Kuppen sind weniger fruchtbar als der Hangfuß, Unkräuter wachsen häufig am Rand. Bei konventionellem Ackerbau werden Düngung, Pflanzenschutz und andere Maßnahmen auf die durchschnittliche Qualität eines Schlages ausgerichtet. Kleinräumige Unterschiede bleiben außer Acht.
Ansätze, die eine Rückkehr zur Kleinfelderwirtschaft in die moderne Landwirtschaft integrieren, bietet das sogenannte "Precision Farming". Dabei arbeiten Landmaschinen mit Sensoren und Satellitennavigation, um Aussaat, Dünger und Pflanzenschutzmittel punktgenau nach Pflanzenbedarf zu dosieren.
Gerade in Baden-Württemberg gibt es dabei besonders hohen Forschungsbedarf. Denn vom Schwemmland des Oberrheingrabens bis zu den Kalkfelsen der Schwäbischen Alb schwanken die Standortbedingungen der Böden im Land besonders stark. Die Universität Hohenheim forscht deshalb in drei repräsentativen Agrarräumen Baden-Württembergs: dem Oberrheingraben, dem Heckengäu und der Schwäbischen Alb.
Hintergrund: Programm „Internationale Spitzenforschung“
Wie die Wirtschaft, so muss sich auch die Wissenschaft zunehmend dem internationalen Wettbewerb stellen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Forschung an den Universitäten Baden-Württembergs hängt dabei immer mehr davon ab, herausragende Forschungsrichtungen mit exzellenten Projekten zu etablieren. Auf Einladung der Landesstiftung Baden-Württemberg haben drei international renommierte ausländische Spitzenforscher aktuell ihre Arbeit in Baden-Württemberg aufgenommen und führen im Rahmen des Programms „Internationale Spitzenforschung“ Projekte an den Universitäten Freiburg, Heidelberg und Stuttgart-Hohenheim durch. Gemeinsam mit den jeweiligen universitären Nachwuchs-Forschergruppen aus Baden-Württemberg bearbeiten sie wissenschaftliche Fragestellungen, die eine Positionierung an der vordersten Front der Wissenschaft ermöglichen. Die Landesstiftung Baden-Württemberg GmbH wurde im Januar 2000 gegründet und fördert seitdem gemeinnützige Projekte aus den Bereichen Forschung, Bildung, Soziales und Kultur. Derzeit werden rund 300 Projekte mit einem Gesamtvolumen von über 300 Mio. Euro gefördert.
„Der Aufenthalt von Prof. Dr. W. D. Batchelor fördert die interdisziplinäre Vernetzung einzelner Fachdisziplinen an der Universität Hohenheim“, kommentiert Prof. Dr. Claupein. „Die Kooperation schafft im Bereich der Modellierung ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal für die Universität Hohenheim: Zukunftsfähige Konzepte für Grundlagenforschung und angewandte Fragestellungen können unter Einbeziehung der Modellierung erstellt werden und langfristig zur Bildung eines einzigartigen Kompetenzzentrums beitragen. Dies wird die Position der Universität Hohenheim international und im Gesamtfeld der Agrarfakultäten in Deutschland entscheidend festigen.“
Kontakt für Medien:
Professor Dr. Wilhelm Claupein, Institut für Pflanzenbau und Grünland, Universität Hohenheim 23, 70599 Stuttgart
Tel.: 0711 459-24114, Email: claupein@uni-hohenheim.de