Das Bottwartal ist überall  [16.07.07]

Gegen Flächenverbrauch und für bessere Lebensqualität: Wissenschaftler der Universität Hohenheim präsentieren Ergebnisse einer Bürgerumfrage im Bottwartal und geben Empfehlungen für eine nachhaltigere Kommunalpolitik.

Das Bottwartal ist ein idyllischer Landstrich an der Württembergischen Weinstraße zwischen Ludwigsburg und Heilbronn. Entlang des Flüsschens Bottwar hat sich in fünf Gemeinden eine heftige Auseinandersetzung über die zukünftige kommunale Siedlungspolitik entzündet. In der Kontroverse stehen die Ausweisung von Umgehungsstraßen, Gewerbegebieten und Wohnflächen. Ein uninteressanter lokaler Konflikt könnte man sagen. Viel mehr als das, meint Prof. Dr. Werner F. Schulz vom Lehrstuhl für Umweltmanagement an der Universität Hohenheim.

„Die Schwierigkeiten im Bottwartal sind symptomatisch für die Probleme kommunaler Siedlungspolitik im gesamten Land“, diagnostiziert der Umweltmanagement-Professor. Auf der Agenda der Landesregierung stehen die Eindämmung des Flächenverbrauchs und eine effiziente Siedlungspolitik weit oben. Doch was tun? Auf Basis der Ergebnisse seiner Studie über die Entwicklung eines Leitbildes für das Bottwartal gibt der Hohenheimer Wissenschaftler klare Empfehlungen: interkommunale Zusammenarbeit und die Einbindung der Bürger.

Es ist ein echtes Dilemma: Im Ringen um mehr Einnahmen für die chronisch notleidende Gemeindekasse kämpfen die Kommunen um jeden neuen Einwohner und um jede Unternehmensansiedlung. Um an Gewerbesteuer und hohe Einkommenssteueranteile zu kommen, weisen sie Bauplätze für Wohn- und Gewerbegebiete samt Verkehrsinfrastruktur auf der grünen Wiese aus. So konkurriert Gemeinde A gegen die Nachbargemeinde B mit der Folge, dass alle verlieren. Dass jede Kommune für sich plant und baut führt zu Redundanzen und einem Überangebot an Infrastruktur. Das führt zum Verfall der Preise, die eine Refinanzierung der Erschließungskosten in weite Ferne rücken lässt. Gleichzeitig geht wertvoller Naturraum verloren und damit ein Stück Lebensqualität. Natürliche Flächen im Ausmaß von 14 Fußballfeldern gehen laut Statistischem Landesamt im Jahr 2006 jeden Tag verloren. Kommunen sollen im Interesse ihrer Bürger handeln, doch tun sie dies mit so einer Politik? „Mitnichten. Dieses engstirnige Konkurrenzdenken ist den Bürgern fremd. Ihr Lebensraum endet nicht an einer Gemeindemarkung“, so Professor Schulz.

Die Hohenheimer Wissenschaftler befragten 500 Leute in einer Telefonumfrage über die Zukunft des Bottwartals und kamen zu eindringlichen Ergebnissen. Als wichtigste Kriterien für den Reiz des Bottwartals nannten die Befragten eine intakte Natur und eine unverbaute Landschaft. Gleichfalls erachten 35 % der Befragten eine Ausweisung von Gewerbeflächen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung als notwendig. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn man hinzuzieht, dass vier von fünf Befragten die Entwicklung eines kommunenübergreifenden Zukunftsplanes, ein Leitbild für das Bottwartal, für wichtig oder sehr wichtig halten: "Die Menschen wollen nicht, dass die Gemeinden sich gegenseitig ausbooten, sondern dass sie gemeinsam an einem Strang ziehen. Zum Vorteil der gesamten Region", so Professor Schulz. Diese interkommunale Zusammenarbeit könne den Blick öffnen für eine innovative Siedlungspolitik, die die fortschreitende Zersiedlung eindämmt, ohne den Gemeinden ihr vorhandenes Wachstumspotenzial zu nehmen. So könnten Gemeinden gemeinsam Gewerbegebiete planen und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer aufteilen.

Auch wollen die Bürger in die Planung miteinbezogen werden: "Unsere Erhebung hat gezeigt: Die Menschen interessieren sich sehr wohl für ihre Kommune", sagt Professor Schulz. Über die Hälfte der Befragten findet es sehr wichtig, dass die Bürger bei der Ausarbeitung eines Leitbildes beteiligt werden. "Dies ist ein Signal an die Bürgermeister: Nehmt die Menschen mit und achtet darauf, was ihnen wichtig ist", so Professor Schulz. Politik und Verwaltung könnten von diesem basisdemokratischen Potenzial nur profitieren. Eine Gemeinde aber, die in ihrer Zukunftsplanung die Präferenzen ihrer Einwohner vernachlässige, lebe gefährlich, so der Hohenheimer Wissenschaftler weiter. Im Bottwartal, wie im ganzen Land.

 

Kontakt für Medien:

Prof. Dr. Werner F. Schulz, Universität Hohenheim, Institut für Betriebswirtschaftslehre, Fachgebiet Umweltmanagement
Tel.: 0711 459-24051, E-Mail: wfschulz@uni-hohenheim.de


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