Jahresbericht des Rektors:
„Krisen zeigen Relevanz der Hohenheimer Kern-Kompetenzen“  [20.06.22]

2021 war das Jahr der digitalen Transformation und großer Forschungs- und Lehr-Projekte. So ist die Uni Hohenheim weiterhin gut aufgestellt, um zur Lösung globaler Probleme beizutragen.

Ob Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, Klimakrise oder Artenschwund – die großen, globalen Krisen rücken die Bedeutung der thematischen Schwerpunkte der Universität Hohenheim in Stuttgart ins Bewusstsein. Die Bioökonomie, Leitthema in Forschung und Lehre, bleibe ein wichtiger Baustein zur Lösung der Probleme, erklärte Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert bei der heutigen Präsentation des Jahresberichtes 2021. Die Universität arbeite derzeit an ihrem nächsten Struktur- und Entwicklungsplan, in den auch Impulse aus der Coronakrise einfließen. Nicht nur in der Lehre wird die Universität künftig die digitale Transformation vorantreiben, nachdem diese 2021 durch das neue, gleichnamige Prorektorat gestärkt wurde. Mehrere große Projekte und Bauvorhaben haben im Berichtsjahr Forschung und Lehre vorangetrieben. Doch die Forderung nach mehr Eigenverantwortung beim Hochschulbau bleibe bestehen – die vom Land beschlossene Klimaneutralität bis 2030 sei in den bestehenden Strukturen definitiv nicht zu erreichen.


„Aus Krisen erwächst Stärke – das können wir derzeit bei der laufenden Strategie-Entwicklung der Universität Hohenheim erleben“, erklärte Rektor Prof. Dr. Stephan Dabbert bei der Präsentation des Jahresberichts 2021. „Denn wichtige Impulse aus der Corona-Pandemie finden nun auch Eingang in die künftige Strategie. Beispielsweise im Bereich des digitalen Lehrangebots.“

Im letzten Jahr des laufenden Struktur- und Entwicklungsplans arbeite die Universität derzeit an ihren strategischen Zielen für die kommenden fünf Jahre – und stelle damit wichtige Weichen.


CatchUp – Zusatzangebot federt Corona-Folgen ab

Doch zunächst einmal hatte die Pandemie im Jahr 2021 den Alltag des universitären Lebens noch fest im Griff. „Lehrende und Studierende haben die Situation auch letztes Jahr mit Bravour und großem Einsatz gemeistert, wofür ich allen sehr dankbar bin. Doch auch wenn uns Corona momentan eine Verschnaufpause gewährt, sind die Folgen der Pandemie spürbar.“ Vor allem für die Studierenden sei dies problematisch.

„Viele Studierende hatten bis vor Kurzem noch kaum einen Tag auf dem Campus verbracht. Sie haben jetzt sehr viel nachzuholen. Leute kennenlernen, gemeinsam lernen, Wissenslücken schließen, die persönliche Study-Life-Balance wieder ins Lot bringen – für vieles brauchen die jungen Leute jetzt Unterstützung. Dafür haben wir ein umfassendes Zusatzangebot auf die Beine gestellt, unter dem Motto ‚Catch up on your studies – Catch up on life!‘“ Gefördert wird es über das Landesprogramm „Abmilderung pandemiebedingter Lernrückstände“.


Investitionen in Querschnittsthema Digitalisierung

„Der Wert der Präsenzlehre ist uns jetzt mehr denn je bewusst“, betont der Rektor. „Doch kombiniert mit einem sinnvollen digitalem Lehrangebot ist sie unschlagbar.“ Um die Digitalisierung der Lehre weiter auszubauen, hat die Universität Hohenheim 2021 zwei große Projekte mit Fördergeldern in Höhe von rund 4,5 Mio. Euro eingeworben.

Neben dem Einsatz digitaler Technologien ist die digitale Transformation auch Gegenstand von Forschung und Lehre und behandelt digitale Transformationsprozesse in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft. „Zwei weitere neue Projekte mit rund 3,2 Mio. Euro Förderung schaffen für die Studierenden zusätzliche Qualifizierungsmöglichkeiten im Bereich Künstliche Intelligenz.“

Welche Bedeutung dem Querschnittsthema „Digitale Transformation“ zukomme, zeige auch eine wichtige strukturelle Veränderung: Seit 1. April 2021 koordiniert und begleitet das neu geschaffene Prorektorat für digitale Transformation das Thema in Lehre, Forschung und Hochschul-Organisation.


Vielfältiges, neues Lehrangebot trifft Nerv der Zeit

Das Lehrangebot der Universität Hohenheim werde nicht nur digitaler, sondern auch noch vielfältiger: „Letztes Jahr fiel der Startschuss für zwei neue wirtschaftswissenschaftliche Bachelor-Studiengänge: ‚Sustainability & Change‘ und ‚Digital Business Management‘. Und im Master-Bereich bieten wir jetzt auch Agrarbiologie an.“

Mittlerweile seien auch noch zusätzliche internationale Mehrfachabschlüsse dazugekommen: ein Triple-Bachelor in Wirtschaftswissenschaften und einen Doppel-Master in tropischen Agrarwissenschaften.


Ukraine-Krieg bestätigt Relevanz der Hohenheimer Forschungs-Themen

Die Bedeutung der Hohenheimer Schwerpunkt-Themen, in der Lehre ebenso wie in der Forschung, zeige momentan der Krieg gegen die Ukraine überdeutlich auf. „Wir erleben gerade, wie vulnerabel Wirtschaft und Gesellschaft weltweit sind. Ob Sicherung der Welternährung, Klimawandel, Artenschutz oder alternative Energiequellen – die Relevanz vieler unserer Themen wird manchen Menschen erst jetzt in aller Deutlichkeit bewusst.“

Die Bioökonomie, fuhr Prof. Dr. Dabbert fort, bleibe ein wichtiger Baustein zur Lösung globaler Probleme. „Es ist und bleibt unser Anspruch als Universität, einen Beitrag zur Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft zu leisten – durch Forschung, Innovationen und nicht zuletzt durch eine exzellente Ausbildung unserer Studierenden. Und dazu kann unser Leitthema wesentliche Beiträge leisten.“

Er zeigte sich sehr erfreut darüber, dass die Bioökonomie im letzten Jahr weitere Stärkung erfuhr. „Im Frühjahr hat das KomBioTa, das Kompetenzzentrum Biodiversität und integrative Taxonomie der Universität Hohenheim und des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart seine Arbeit zum Schutz der Artenvielfalt aufgenommen.“ Auch die Fortführung der Geschäftsstelle des Forschungsprogramms Bioökonomie nach dem Abschluss des Landesprogramms sei eine große Unterstützung. Und nicht zuletzt lege das neu gegründete Forschungsnetzwerk Afrika einen Fokus auf eine Region dieser Welt, die nicht nur durch den Ukraine-Krieg vor immensen Herausforderungen steht.

Überhaupt sei 2021 ein Jahr großer Forschungsprojekte gewesen: So startete unter anderem das vom Europäischen Forschungsrat (ERC) im Rahmen eines ERC Synergy Grants geförderte Projekt SymPore. ERC Synergy Grants zählen zur Top-Liga in der Forschungsförderung. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG bewilligte eine Verlängerung der DFG-Forschungsgruppe P-FOWL, die zur Phosphor-Verwertung von Legehennen forscht. Und die EU-Aufbauhilfe REACT-EU, die der Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie dient, ermöglichte die Anschaffung hochleistungsfähiger Geräte in Millionenwert.


Dramatische Energiepreissteigerung: Rektor bittet Landesregierung um Hilfe

Insgesamt habe 2021 finanziell eine angespannte Situation geherrscht, räumt der Rektor ein. „Das lag nicht nur an zusätzlichen Belastungen wie z.B. coronabedingte Mehrausgaben, neuen gesetzliche Regelungen und Bauverzögerungen, sondern vor allem an den Konsequenzen bestimmter Regelungen aus der Hochschulfinanzierungsvereinbarung II, vor denen wir übrigens vorher gewarnt hatten.“ Durch ein Einsparprogramm habe die Universität die Situation in den Griff bekommen und ab 2024 habe man mit einer finanziellen Entspannung gerechnet. Diese sollte durch den in den Hochschulfinanzierungsvereinbarung II festgelegten jährlichen Aufwuchs des Grundhaushalts um drei Prozent erreicht werden.

Die seit dem 24. Februar 2022 eingetretenen Preissteigerungen insbesondere für Energie werden die Universität jedoch in unvorhergesehenem Umfang dramatisch belasten. „Wir rechnen damit, dass sich die Ausgaben für Energie mehr als verdoppeln und dass möglicherweise ein Loch im Haushalt von sieben Millionen Euro entsteht. Hier bitten wir die Landesregierung um Hilfe“, so der Rektor.


Große Bauvorhaben – und Forderung nach mehr Eigenverantwortung im Hochschulbau

2021 habe es wichtige Baufortschritte auf dem Campus gegeben, berichtete der Rektor. „Der erste Teil des Phytotechnikums, das künftig wohl größte Hightech-Forschungsgewächshaus Europas, konnte in Betrieb genommen werden. Es ersetzt nicht mehr sanierbare Uralt-Gewächshäuser. Wir haben die neue Landesanstalt für Bienenkunde, gestaltet in zeitgemäßer Holzbauweise, eingeweiht. Dadurch kann nun eine in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts als kurzfristiger Behelfsbau erstellte Baracke außer Dienst gestellt werden. Und für das bundesweit einmalige tierwissenschaftliche Zentrum HoLMiR begannen die Bauarbeiten.“ HoLMiR wird künftig Beiträge zu Tierwohl und Tiergesundheit, Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Grundlagenforschung in der Nutztierhaltung liefern.

„Bei den Gebäuden handelt es sich nicht nur um wichtige Infrastruktur für die Forschung. Sie sind auch in ihrer Energieeffizienz wegweisend“, berichtete Prof. Dr. Dabbert. Allerdings behindere der insgesamt unzureichende Zustand der baulichen Infrastruktur die Aufgabenerfüllung der Universität in verschiedener Hinsicht, es bestehe weiterhin ein hoher Sanierungs- und Modernisierungsstau. Trotz großen Engagements vieler Beteiligter sind erhebliche Bauverzögerungen Alltag. Die vom Land beschlossene Klimaneutralität bis 2030 sei in den bestehenden Strukturen und mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen definitiv nicht zu erreichen.

„Die Universitäten fordern eine neue Organisationsstruktur, die uns mehr Eigenverantwortlichkeit ermöglicht und die die Strukturen verschlankt. So könnten wir die Effizienz bei Bauvorhaben erhöhen. Das ist nicht nur zentrale Stellschraube für die Klimaneutralität, sondern auch ein wichtiger Faktor vor dem Hintergrund derzeit massiv steigender Energiepreise“, schloss der Rektor.

Text: Elsner


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