Kein Platz für Rassismus & Diskriminierung [13.02.25]
Egal ob im Hörsaal oder im WhatsApp-Chat: Die Uni Hohenheim setzt sich für gegenseitigen Respekt und die Wertschätzung von Vielfalt ein. Wer unangemessenes Verhalten im Kontext der Uni erlebt, findet Hilfe beim frisch umbenannten „Büro für Gleichstellung & Diversität“. Was sich in Sachen Diversitäts-Management aktuell sonst noch tut, berichtet die Gleichstellungsbeauftragte Prof. Dr. Ute Mackenstedt und Gleichstellungsreferentin Rotraud Konca beim Kaffee mit dem Online-Kurier.
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Zum Thema: Das F.A.Z.-Institut zeichnet die Uni Hohenheim in einer Studie als „Vorbild in Vielfalt und Diversity“ aus. Bundesweit steht die Uni Hohenheim unter den Hochschulen auf Platz 4, in Baden-Württemberg auf Platz 2. Mehr...
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Frau Mackenstedt, Frau Konca, das ehemalige „Gleichstellungsbüro“ hat seit letztem Sommer einen neuen Namen: „Büro für Gleichstellung und Diversität“. Was hat es mit der Umbenennung auf sich?
Mackenstedt: Wir machen sichtbar, dass neben Gleichstellung auch Diversität ein wichtiges Thema an der Universität Hohenheim ist.
Wir wollen, dass alle Menschen an der Uni Hohenheim Respekt und Unterstützung erfahren und die gleichen Chancen genießen: Unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter, sozialer Herkunft, Religion, Nationalität oder körperlichen Fähigkeiten.
Denn die Universität Hohenheim ist vielfältig - und wir brauchen diese Vielfalt, um gemeinsam erfolgreich zu sein!
Konca: Was die Gleichstellung von Frauen und Männern betrifft, haben wir in den vergangenen Jahrzehnten wichtige Fortschritte erreicht. Doch es bleibt weiterhin noch sehr viel zu tun.
Das heißt: Wir fahren die Frauenförderung nicht zurück - sondern erweitern unsere Aktivitäten. Ab Frühjahr 2025 unterstützt uns dabei ein:e Referent:in für Diversität mit einer 50%-Stelle.
Infos & Kontakt |
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Büro für Gleichstellung & Diversität
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Das Büro für Gleichstellung und Diversität ist also auch eine wichtige Anlaufstelle, wenn ich Rassismus, Diskriminierung, sexuelle Belästigung oder Ähnliches an der Uni erfahre?
Mackenstedt: So ist es. Wir sind in solchen Fällen die zentrale Anlaufstelle - und holen ggfs. weitere Unterstützung an Bord.
Egal ob Studierende, Profs, Promovierende, Beschäftigte, Azubis oder Praktikant:innen: Alle Uni-Mitglieder können sich an uns wenden. Und es spielt keine Rolle, von wem das unangemessene Verhalten ausgeht - sofern es im Kontext der Universität passiert.
Dabei ist uns bewusst, dass der Schritt zu uns zu kommen, oft nicht leicht ist. Insbesondere, wenn das Problem von einer Person ausgeht, die in der Hierarchie über einem steht. Doch wir sind selbstverständlich auch auf solche Fälle vorbereitet.
Konca: Dabei gilt: Unsere Beratung ist immer streng vertraulich. Wir stehen an Ihrer Seite, zeigen mögliche Schritte auf und entscheiden gemeinsam mit Ihnen, wie es weitergeht.
Um es nochmal deutlich zu sagen: Für Rassismus, Diskriminierung, Antisemitismus und Sexismus ist an der Uni Hohenheim kein Platz. Und niemand, der so etwas hier bei uns erlebt, wird allein gelassen.
Wie groß sind diese Probleme denn an der Uni Hohenheim?
Mackenstedt: Das ist nicht einfach zu sagen. Denn leider müssen wir davon ausgehen, dass uns viele Fälle gar nicht erreichen. Eine unsere wichtigsten Aufgaben in der nächsten Zeit wird deshalb sein, uns und die weiteren Anlaufstellen der Uni unter Studierenden und Beschäftigten noch besser bekannt zu machen.
Wir sind gerade dabei unseren Homepage-Auftritt zu überarbeiten und planen im zweiten Halbjahr eine Kommunikations-Offensive. Außerdem wollen wir auch Befragungen zum Thema durchführen und ein Diversitäts-Monitoring etablieren.
Konca: So viel kann man aber vielleicht zu Ihrer Frage festhalten: Wir erleben in unserer Gesellschaft eine allgemeine Tendenz zur Verrohung, insbesondere in den sozialen Medien. Das macht auch vor der Uni Hohenheim nicht Halt. In letzter Zeit haben uns insbesondere Vorfälle in WhatsApp-Gruppen beschäftigt.
In WhatsApp-Gruppen? Ist die Uni denn auch für Chats unter Studierenden zuständig?
Konca: Wenn eine Kommunikation eindeutig im Kontext der Universität stattfindet, spielt es keine Rolle, ob im Hörsaal oder in einem digitalen Chat. Es gelten überall die gleichen Regeln. Gegenseitiger Respekt ist nicht verhandelbar.
Heute ist es üblich, dass sich die Teilnehmer:innen von Modulen, Praktika und Co. über eigens eingerichtete WhatsApp-Gruppen austauschen. Wenn in solchen Gruppen rassistische Sprüche fallen, dann muss das niemand einfach so hinnehmen.
Wie reagieren Sie in solchen Fällen?
Mackenstedt: Im Fokus steht die Beratung der Betroffen. Ein weiterer Schritt können Gespräche mit der Person sein, von der die Diskriminierung ausgeht. Wir konfrontieren sie mit ihrem Fehlverhalten und weisen darauf hin, welche Konsequenzen im Wiederholungsfall drohen.
Die Uni ist kein zahnloser Tiger: Je nach Schwere des Vorfalls und nach Häufigkeit stehen verschiedene Sanktionen zur Verfügung. Als letztes Mittel kann für Studierende der sogenannte „Ordnungsausschuss“ einberufen werden und sogar eine Exmatrikulation beschließen. Auch Beschäftigten haben mit Konsequenzen zu rechnen.
Konca: Natürlich geht es in unserer Arbeit in erster Linie darum, zu vermeiden, dass es überhaupt so weit kommt. Wir wollen durch breitgefächerte Maßnahmen das gute Miteinander und die Wertschätzung von Vielfalt auf dem Campus fördern und bei Schwierigkeiten Unterstützung bieten.
Um welche Maßnahmen geht es dabei zum Beispiel?
Mackenstedt: Wir beteiligen uns als eine der ersten Unis überhaupt an dem Pilot-Audit „Vielfaltsgerechte Hochschule“. Die erste Zertifizierung haben wir 2023 erhalten. Bis zur Re-Auditierung 2026 müssen wir ein festgelegtes Maßnahmenprogramm umsetzen.
Die ersten grünen Häkchen auf unserer ToDo-Liste können wir bereits setzen:
Beispielsweise hat die Uni eine neue Senatskommission für das Thema Diversität eigerichtet. Hier wird der strategische Rahmen für unser Diversity-Management gesetzt. Vertreten sind alle Statusgruppen von Studierenden bis zu den Profs. Die Leitung liegt beim Prorektor für Internationalisierung, Prof. Dr. Andreas Pyka.
Alle Uni-Mitglieder sind eingeladen, sich mit Anliegen, Problemen oder Ideen rund um das Thema Diversität an die Kommission zu wenden.
Und was steht in nächster Zeit an?
Mackenstedt: Ein Projekt, das uns schon sehr lange beschäftigt, soll im Frühjahr 2025 zum Abschluss kommen: Ein neuer Raum der Stille wird in der Emil-Wolff-Straße 30 eröffnen.
Der Raum wird gleichermaßen für Meditation, Gebet oder einfach als Rückzugsort für die stille Erholung zur Verfügung stehen. Die Gestaltung erfolgt zusammen mit dem Institut für Architektur und Gestaltung der Hochschule für Technik Stuttgart und orientiert sich an Nachhaltigkeitsgesichtspunkten.
Auch darüber hinaus haben wir alle Hände voll zu tun. Die große Bedeutung der Kommunikation habe ich ja bereits angesprochen: Wir wollen auf der Website einen Wegweiser Diversität etablieren, der dabei hilft, Anlaufstellen und Angebote besser zu finden. Im Zuge des Webrelaunch wird die Uni-Homepage auch möglichst barrierefrei gestaltet.
Konca: Außerdem wollen wir das Thema Diversität als festen Bestandteil des On-Boardings neuer Beschäftigter und Studierender etablieren. Wir wollen Schulungen zur Sensibilisierung von Führungskräften einführen, das Buddy-System für ausländische Studierende stärken und unsere Kooperation mit dem Verein Arbeiterkind e.V. intensivieren, um Studierende aus bildungsfernen Familien den Einstieg an der Universität zu erleichtern.
Es sind auch noch zahlreiche weitere Maßnahmen angedacht. Wir halten Studierende und Beschäftigte über unsere Aktivitäten auf dem Laufenden!
Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Leonhardmair