Podcast hören statt fremd fühlen [22.03.24]
Mülltrennung, Sexualerziehung, Campus-Leben oder Jobsuche: Im Ausland laufen viele Dinge ganz anders. Diese Erfahrung machen auch unsere internationalen Studierenden an der Uni Hohenheim. Im Podcast „News4Internationals“ teilen sie ihre Erfahrungen – und helfen so anderen beim Ankommen. Was als Corona-Projekt begann, ist inzwischen gar nicht mehr wegzudenken. Der Online-Kurier hat einen Kaffee mit der Redaktion getrunken.
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Im Interview: Alessa Heisler vom Akademischen Auslandsamt und Deniz Erkan, Masterstudentin aus der Türkei und studentische Hilfskraft für den News4Internationals-Podcast.
Deniz, du hast dein Studium in Hohenheim während der Corona-Pandemie begonnen. Wie hast du dich hier eingelebt?
Deniz Erkan: Der Anfang war definitiv hart. Alle Vorlesungen fanden online statt und man saß allein im Wohnheimzimmer vor dem Bildschirm. Zoom-Meetings und E-Mails – das war mein Studien-Alltag. Das war schon ziemlich trist.
Erst im zweiten Semester gab es wieder mehr Möglichkeiten, andere Studierende kennenzulernen. Dadurch war ich schlagartig auch wieder motiviert.
Inzwischen fühle ich mich unglaublich wohl. Was ich an Hohenheim liebe, ist die familiäre Atmosphäre. In Großbritannien, wo ich meinen Bachelor gemacht habe, war das Studium im Vergleich dazu sehr anonym und es war unmöglich, alle zu kennen, mit denen man studiert.
Ganz anders hier in Hohenheim. Ich bin nicht nur in der Podcast-Redaktion aktiv, sondern auch in mehreren studentischen Gruppen. Ich denke mir oft: Wow, so viele Leute sind mit Herzblut dabei, den Campus noch einladender, interessanter oder nachhaltiger zu machen! Das ist echt etwas ganz Besonderes, finde ich.
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Frau Heisler, so wie Deniz ging es während der Corona-Pandemie wohl vielen internationalen Studierenden. Das Akademische Auslandsamt hat in dieser Zeit den Podcast „News4Internationals“ ins Leben gerufen. Was hat sich seit der ersten Folge verändert?
Alessa Heisler: Stimmt, unsere Internationals hatten es damals wirklich nicht leicht. Auch Veranstaltungen wie die Welcome Week mussten online stattfinden.
Deshalb suchten wir nach einem kreativen Weg, um trotz allem einen persönlichen Draht aufzubauen und ihnen zu zeigen, dass sie mit ihren Sorgen und Fragen nicht allein sind. Das war die Geburtsstunde des Podcasts!
Am Anfang habe ich noch selbst moderiert, und es ging leider zu oft um Neuerungen zu den Coronaregeln, und wie man sich am besten die Zeit im Lockdown vertreibt. Inzwischen gehören bis zu acht Hiwis, darunter auch Deniz, zum Podcast-Team. Alle bringen unterschiedliche Erfahrungen und Nationalitäten mit. So hat sich News4Internationals zu einer lebendigen Plattform von und für internationale Studierende entwickelt.
Seit einem Jahr haben wir auch einen eigenen Instagram-Kanal, auf dem wir regelmäßig posten und ankündigen, wenn eine neue Folge online geht.
Deniz, im Podcast deckt ihr ja ein sehr breites Themenspektrum ab. Gibt es eine Folge, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Deniz Erkan: Oh, da gibt es so einige…
Großartig war zum Beispiel „Birds and Bees“ – die erste Folge, die ich selbst moderiert habe. Darin haben wir über Sexualerziehung gesprochen – mit Erfahrungsberichten aus 8 unterschiedlichen Ländern. Es war superspannend zu sehen, wie sehr uns die jeweilige Art der Aufklärung geprägt hat.
Dabei wurde klar: Im Vergleich zu anderen Kulturen wird in Deutschland ziemlich offen über Sexualität gesprochen. Für einige von uns war es z.B. auch eine ganz neue Erfahrung, dass auf offener Straße für Verhütungsmittel geworben wird.
Ich finde total spannend, was bei dieser Folge herausgekommen ist. Und ich denke, es ist wichtig, solche Gespräche zu führen, gerade auch über Aspekte, die in manchen Ländern tabu sind wie z.B. Queerness. Oder aber über das Thema der sexuellen Selbstbestimmung und warum Einvernehmlichkeit beim Sex ein absolutes Muss ist.
Für alle, die News4Internationals noch nicht kennen: Über welche Themen sprecht ihr denn normalerweise?
Deniz Erkan: Natürlich geht es in erster Linie um das Studierendenleben in Hohenheim. Zum Beispiel stellen wir verschiedene Anlaufstellen vor, die für internationale Studierende interessant sein könnten. Aber auch studentische Gruppen, wie z.B. das ehrenamtliche Team der TMS-Cafete. Das war ein echtes Heimspiel für uns, weil ich selbst oft hinter der Theke stehe und auch unsere Redaktions-Meetings oft in der Cafete stattfinden. Die Folge hieß „A Whole Latte Love“
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Ein großes Thema ist aber auch das Alltagsleben in Deutschland mit all seinen großen und kleinen Fragen. Hättest du z.B. gewusst, wie man einen Pizzakarton richtig entsorgt?
Ähm, in der Papiertonne…?
Deniz Erkan: Tja, leider nicht ganz korrekt. Der gehört nämlich in den Restmüll. Zumindest, wenn Käsereste dran sind. So etwas lernt man, wenn man sich intensiver mit dem komplexen Kosmos der deutschen Mülltrennung auseinandersetzt. Jetzt bin ich Expertin!
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Aber auch die schwäbische Kultur, Weihnachts- und Fastnachtsbräuche, der Stuttgarter Wasen etc., sind ergiebige Themen für unsere Redaktion. Dazu kommen Ausflugstipps und so weiter.
Alessa Heisler: Unser Themenspektrum lässt sich gut unter dem Begriff Infotainment zusammenfassen. Vor allem aber möchten wir unseren Internationals das Gefühl vermitteln, nicht allein zu sein, und dass ihre Stimmen wichtig sind und gehört werden sollen.
Unsere Hiwis hatten anfangs oft genau die gleichen Probleme wie die Neuankömmlinge und können daher authentisch von ihren Erfahrungen berichten: Wie haben sie es geschafft, Freund:innen zu finden? Mit welchen Herausforderungen wurden sie im Alltag konfrontiert?
Deniz Erkan: Stimmt, die Herausforderungen sind ähnlich. Doch unsere Geschichten sind immer völlig unterschiedlich. Wir geben uns daher Mühe, verschiedene Gäste in den Podcast einzuladen. Und wir sind jederzeit offen für Themenvorschläge per E-Mail oder Instagram.
Das klingt wirklich spannend. Lässt sich auch sagen, welchen Themen von besonders vielen Leuten angehört werden?
Alessa Heisler: Die Folge über die Sexualerziehung lief tatsächlich richtig gut.
Ansonsten alles zum Thema Jobsuche, Praktika oder Karriere in Deutschland. Man muss wissen: Internationals tun sich häufig extrem schwer, in Deutschland einen Job zu finden, auch, da es oft an Deutschkenntnissen fehlt. Wir versuchen deshalb, Unterstützung zu geben.
Auch aus diesem Grund bin ich froh, dass wir beim Akademischen Auslandsamt acht Hiwi-Jobs für den Podcast anbieten können.
Könnte der Podcast auch für deutsche Studierende interessant sein?
Deniz Erkan: Es würde uns auf jeden Fall sehr freuen, wenn auch deutsche Studierende bei uns reinhören. Ich habe das Gefühl, dass wir uns viel zu häufig in unserer jeweiligen Bubbles bewegen und dass Internationals und deutsche Studierende sich nur selten wirklich kennenlernen.
Es gibt einige studentischen Gruppen, die sehr durchmischt sind. Doch das ist eher die Ausnahme. Ich wünschte, es gäbe viel mehr solche Gelegenheiten. Vielleicht kann der Podcast ja dazu beitragen, uns Internationals mehr sichtbar zu machen – und die Hemmschwelle senken, miteinander ins Gespräch zu kommen. Das wäre wirklich großartig.
Wir werden berichten. Vielen Dank für das Gespräch!
Interview: Moormann / Leonhardmair