RNA als natürliche Alternative zu chemischem Pflanzenschutz [22.02.22]
An einer innovativen Methode zur umweltfreundlichen Bekämpfung von Schadinsekten arbeitet derzeit ein Schwergewicht der Forschung an der Universität Hohenheim. In einem Verbundprojekt unter Leitung von Dr. Aline Koch vom Fachgebiet Phytopathologie beschäftigen sich die Forschenden mit einem noch sehr neuen Prinzip des Pflanzenschutzes: Biopestizide auf RNA-Basis. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert das Projekt mit insgesamt gut 700.000 Euro, davon entfallen rund 400.000 Euro auf die Universität Hohenheim.
Diese RNA-Biopestizide stellen eine besonders vielversprechende Alternative zu konventionellen, chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln dar. Sie verfügen nicht nur über eine ähnliche Handhabung und Praktikabilität, durch ihre hohe Spezifität schützen sie außerdem andere Organismen wie Nützlinge oder Bestäuber sowie die Umwelt. Aufgabe des Projektes „RNA-basierte Pflanzenschutztechnologien im Gartenbau“ (ho[RtikulturNA]) ist deshalb die Weiterentwicklung eines RNA-basierten Sprayverfahrens, um dessen breitgefächerten Einsatz für einen nachhaltigen Pflanzenschutz zu ermöglichen.
Das Verfahren nutzt dabei einen natürlichen Mechanismus der Genregulation: Durch die sogenannte RNA-Interferenz (RNAi, auch RNA-Silencing) werden gezielt Gene bzw. die Herstellung ihrer Produkte abgeschaltet. Ausgangspunkt ist eine doppelsträngige RNA (dsRNA), die von der Zelle als „fremd“ erkannt und in kleinere Stücke zerlegt wird. Dabei entstehen RNA-Einzelstränge, die an die dazu passende Boten-RNA (mRNA) binden und so den Prozess stoppen, die genetische Information umzusetzen und für die Zelle nutzbar zu machen.
Wird dsRNA, die Sequenzen von Genen der Krankheitserreger oder Schädlinge enthält, auf Pflanzen gesprüht, gelangt sie über das Verdauungssystem in die Zellen des Insekts, wo gezielt dessen Gene stillgelegt werden. Man erhält ein sehr präzises und wirkungsvolles Insektizid. Das Erbgut der Pflanze oder des Schaderregers wird dabei nicht verändert.
Bislang wurde dieses Verfahren jedoch vor allem unter Laborbedingungen entwickelt. Deshalb ist es ein Ziel des Projektes ho[RtikulturNA], die Praxistauglichkeit dieser neuen Technologie weiterzuentwickeln. Dazu untersucht das Forschungsteam unter Realbedingungen die Stabilität der aufgesprühten RNA gegenüber Umwelteinflüssen wie beispielsweise Regen oder UV-Strahlung und optimiert sie durch innovative Verkapselungstechnologien. Insbesondere die Regenfestigkeit von Pflanzenschutzverbindungen ist für deren Wirksamkeit maßgeblich. Wird eine Verbindung durch Regen oder Bewässerung schnell abgewaschen, ist der Schutz der Pflanze nicht mehr gewährleistet.
Das Ziel des Projekts ist es, auf diese Weise RNA-basierte Techniken, die keine genetisch veränderten Organismen erfordern, als innovatives, selektives Pflanzenschutzverfahren und als geeignete Alternative zum Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln im Gartenbau zu etablieren.
Die Eckdaten des Projekts:
- Projekttitel: „RNA-basierte Pflanzenschutztechnologien im Gartenbau“ - ho[RtikulturNA]
- Fördersumme/Geldgeber (Hohenheim): 401.788 Euro (nur Hohenheim), Gesamt 704.965 Euro (BMEL)
- Projektdauer: 13.10.21-31.10.24
- Projektpartner: Universität Hohenheim: Fachgebiet Angewandte Entomologie, (Prof. Dr. Georg Petschenka), RWTH Aachen: DWI Leibniz Institut für Interaktive Materialien (Prof. Dr. Andrji Pich) und Biochemie der Pflanze (Prof. Dr. Uwe Conrath)
Kontakt
Dr. Aline Koch, Universität Hohenheim, Fachgebiet Phytopathologie, + 49 (0)711 459-23194, Aline.Koch@uni-hohenheim.de
Schwergewichte der Forschung
Als „Schwergewichte der Forschung“ gelten herausragende Forschungsprojekte mit einem finanziellen Volumen von mindestens 350.000 Euro bei den Experimental- bzw. 150.000 Euro bei den Sozial- und Gesellschaftswissenschaften.