Hohenheimer Gärten: Der Gewöhnliche Spindelstrauch
Was blüht uns Ende November? [27.11.15]
Der Gewöhnliche Spindelstrauch ist für seinen leuchtend pinkrosa bis roten Fruchtschmuck im Herbst bekannt. Die vierkantigen Kapseln ähneln einem Birett, der scharlachroten Kardinalsmütze. Dies brachte dem Strauch den deutschen Namen Pfaffenhütchen. Aber so verlockend die Früchte mit ihren orangegefärbten Samen aussehen mögen, so ist Vorsicht geboten, denn diese und andere Pflanzenteile sind stark giftig.
Beheimatet ist der Spindelstrauch in Europa, Kleinasien und dem Kaukasus bis nach West-Sibirien. Im östlichen Nord-Amerika ist er verwildert und zählt zur lokalen Flora. Er wächst in mäßig-warmen, sonnig bis halbschattigen Standorten, wie Waldrändern und Hecken auf frischen, humosen Böden.
Nahrungsquelle Vögel – gefährlich für Mensch und Haustiere
Das sommergrüne Gehölz wird 3-7 m hoch und erreicht Höchstalter von 50-60 Jahren. Es bildet oft Schösslinge an der Stammbasis aus. Die Rinde wird im Alter grau-braun und rissig. Die Seitenzweige sind vierkantig, sehr dünn und grün gefärbt. Oft besitzen sie Korkleisten. Das Wurzelsystem ist flachreichend. Die Blätter sind gegenständig, kahl und fein gesägt. Die Herbstfärbung der Blätter ist attraktiv rot.
Von Mai bis Juni erscheinen gelblich-grüne, zwittrige Blüten in langgestielten Trugdolden. Sie sind dreihäusig verteilt, es gibt rein männliche und weibliche, sowie zwittrige Pflanzen. Die Blüten werden meist von Fliegen bestäubt. Die auffallenden Kapselfrüchte reifen von August bis Oktober. Sie bestehen aus vier Klappen, die aufspringen und die weißen, 5 bis 7 mm langen, von einem orangeroten Mantel umgebenen Samen, an einem Stielchen hängend, frei geben. Die Samen oder vielmehr der ungiftige, orangene Samenmantel werden von Rotkehlchen, sowie Singdrosseln und Elstern verspeist, weshalb man sie auch als „Rotkehlchenbrot“ bezeichnet.
Die Samen enthalten Digitaloide und Alkaloide. Beim Menschen lösen diese nach Verzehr Koliken, Kreislaufstörungen und weitere Vergiftungserscheinungen aus, die erst 12 bis 18 Stunden nach Einnahme auftreten. Auch für Pferde, Hunde, Schafe und Ziegen sind die Samen gefährlich. Selbst das Einatmen des Holzstaubs bewirkt Schwindelgefühle und Übelkeit.
Von gutem Namen
Das Holz des Spindelstrauchs ist gelblich gefärbt, zäh und wenig dauerhaft. Schreiner und Drechsler nutzten es, um Etuis, Schachbretter, Orgelpfeifen und Webspindeln daraus herzustellen. Dazu ist es ein gutes Ausgangsmaterial für Holz- und Zeichenkohle. In Russland wird der Spindelstrauch zur Gewinnung von Guttapercha, einer kautschukähnlichen Substanz aus der Wurzelrinde in Plantagen angebaut. Getrocknete und zermahlene Früchte wurden früher als Pulver auf Kopf und Kleider gegen Läuse aufgetragen. Die Sträucher werden zur Befestigung von Ufern sowie als Erosionsschutz gepflanzt oder zur Zierde von Parks und Gärten. Sie sind sehr schnittverträglich und pflegeleicht.
Die Gattung Euonymus zählt zur Familie der Spindelbaumgewächse (Celastraceae) und umfasst 130 Arten in Asien, Europa und Amerika. „Euonymus“ bedeutet im Griechischen „von gutem Namen“.
Text: R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner
Fotos: A. M. Steiner