Hohenheimer Gärten: Der Wacholder
Was blüht uns im Januar [24.01.19]
Der Wacholder besaß schon immer eine große Symbolik. Er wurde als europäischer Totembaum, als immergrüner Hüter der Schwelle zwischen Leben und Tod, oft an Gräbern gepflanzt. In der Übergangszeit befanden sich die Seelen im Wacholder. Sterbende hatten unter bestimmten Umständen durch ihn eine Aussicht auf eine Rückkehr ins Leben. Das Wort Wachholder stammt vom althochdeutschen wechalter oder queckolder. Queck heißt wach oder munter, so dass man ihn als Wach-Halter bezeichnen kann.
Anspruchslos und weit verbreitet
Das Verbreitungsareal des Wacholders und seiner sechs Unterarten erstreckt sich über die gesamte Nordhalbkugel von Eurasien bis Nordamerika. Damit besitzt er das größte Areal aller Nadelbäume. Der Wacholder dringt als lichtbedürftige Pionierpflanze auf Freiflächen wie Weiden oder Wiesen vor, wo er meist von Fraßschäden verschont bleibt. Dies führte zur Bildung der Wacholderheiden. Was die Böden angeht, ist er anspruchslos.
Im Tiefland wird er ein bis zu 12 m hoher säulenförmiger Baum. Im Gebirge gedeiht er als Zwergwacholder (subsp. saxatilis), das europäische Gehölz, welches bis in Lagen von 3500 m über Normalnull vorkommt.
Der Wacholder wächst langsam, dicht verzweigt und bildet eine rötlichbraune Streifenborke aus. Die Nadeln sind schmal, stachelspitzig in dreizähligen Wirteln um den Zweig angelegt und werden erst nach drei bis vier Jahren abgeworfen. Der meist zweihäusige Baum blüht von April bis Juni.
Die jungen weiblichen Zapfen werden durch den Wind bestäubt. Im ersten Jahr sind die Beerenzapfen grün, reifen in drei Jahren und sind dann blauschwarz. Sie bestehen aus drei fleischigen Tragblättern und enthalten 1-8 Samen. Die Beerenzapfen werden gerne von Vögeln gefressen, besonders von Wacholderdrosseln und Amseln.
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Zum Genuss und mit Heilwirkung
Als Gewürz, dem einzigen der Nadelgehölze, werden die reifen Beerenzapfen im Winter ab November mit einem Mähnenkamm geerntet. Sie schmecken bitterlich-würzig und machen Speisen wie Wildbret oder Sauerkraut bekömmlich. Außerdem sind sie zuckerhaltig und gelten als Ausgangsprodukt für Spirituosen wie Gin oder Wacholderschnäpse.
Der Wacholder ist eine wichtige Heilpflanze. Er wirkt wundversorgend, reinigend, harntreibend und wird bei Gicht, Rheuma und Wassersucht verwendet. Allerdings sind die Inhaltsstoffe teilweise leicht giftig, denn sie reizen die Nieren und können Herz und Atem beschleunigen.
Das harzfreie, witterungsresistente Holz besitzt keine wirtschaftliche Bedeutung, es wird als Drechselholz oder für kleinere Artikel genutzt. In der Bauernküche war das Holz zum Räuchern von Würsten und Schinken unentbehrlich. Mit brennenden Scheiten räucherte man früher Krankenstuben aus um böse Dämonen zu vertreiben.
Zier-Wacholder im Exotischen Garten
Im Gartenbau werden zahlreiche Zierformen gehandelt wie die Sorte Horstmann auf der Staudenterrasse vor dem Spielhaus mit ihren mähnenartig herabhängenden Zweigen.
Die Gattung zählt zu den Zypressengewächsen, Cupressaceae. Weltweit gibt es 60-80 Arten der Gattung. Der Gattungsname Juniperus leitet sich aus den lateinischen Begriffen juniverus = jung und parus = gebärend her. Dies nimmt Bezug auf den Sadebaum, Juniperus sabina, der eine abtreibende Wirkung besitzt. Der Sadebaum wird häufig vom Birnengitterrost befallen und verbreitet diesen. Der Gewöhnliche Wacholder (lat. communis = gewöhnlich) wird nicht so häufig befallen. Erstmals beschrieben wurde die Art vom schwedischen Arzt und Naturforscher Carl von Linné (1707-1778).
Autoren: R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner | Fotos: A. M. Steiner