Hohenheimer Gärten: Die Sumpfzypresse

Was blüht uns im November  [22.11.18]

Wohin lohnt sich der Spaziergang dieser Tage besonders? Was gibt es zu entdecken? Und natürlich: Was blüht? Jeden Monat präsentieren die Hohenheimer Gärten jeweils eine botanische Besonderheit im Online-Kurier. Dieses Mal: Die Sumpfzypresse, Taxodium distichum (L.) RICH.


Die Sumpfzypresse wächst im Naturraum vom Nordosten bis in den Südosten der USA unter extremen Bedingungen, 90 % der Bäume wachsen in Sumpfgebieten und Küstenebenen. Hilfreich für die Standfestigkeit ist eine botanische Besonderheit, die kräftigen sogenannten Atemknie. Das sind hohle Auswüchse der Wurzeln rund um den Stamm, welche aus der Bodenoberfläche bzw. der Wasseroberfläche herausragen. Vermutlich dienen sie auch dem Sauerstofftransport in die  Wurzeln, die sich unter Wasser befinden. Auf diese Weise erstickt die Sumpfzypresse nicht.

In höheren Lagen wächst sie auch, ist aber gegenüber konkurrierenden Gehölzen nicht mehr wettbewerbsfähig. Am besten gedeiht sie auf tiefgründigen, feinen, sandigen Lehmböden und ist winterhart bis -34 ˚C.

Bis zu 1300 Jahre alte Bäume

Die Sumpfzypresse wird zwischen 30 - 40 m hoch und erreicht einen Brusthöhendurchmesser von 1 - 2 m. Sie wächst langsam und wird im Mittel 500-700 Jahre alt, Höchstalter von 1100-1300 Jahren sind belegt. Sie bildet eine Pfahlwurzel aus, später zusätzlich nach unten laufende Wurzeln. Diese Wurzeln bilden wiederum reichlich Seitenwurzeln. So ist die Standfestigkeit selbst gegenüber Tornados vergleichsweise hervorragend.

Die Äste sind nach oben gerichtet. Die Nadeln sind bis zu 2 cm lang. Im Herbst verfärben sie sich über rotbraun zu rostbraun und leuchten in der Sonne. Die Sumpfzypresse ist einhäusig, d.h. männliche und weibliche Blüten sind voneinander getrennt, stehen aber an einem Baum. Die männlichen stehen an 7 - 15 cm langen Doppeltrauben mit rotem Stiel. Die weiblichen Blütenstände stehen einzeln oder zu mehreren unscheinbar in den Blattachseln. Die Bestäubung erfolgt über den Wind. Am natürlichen Standort blüht sie im März bis April, die Befruchtung erfolgt im Juni, die Zapfen reifen im ersten Jahr zwischen Oktober und Dezember.

„Everlasting Wood“

Die Zapfen sind erst grün, später rotbraun, kugelrund mit einem Durchmesser von 1,2 - 3 cm. Reif klaffen sie auseinander und entlassen die Samen, pro Zapfen etwa 20-30 Samen. Die Samen sind von einem flüssigen, roten Harz umgeben, das Vögel und Eichhörnchen abstößt. Zapfen und Samen werden durch das Wasser, gelegentlich auch durch den Wind verbreitet.

Das Holz der Sumpfzypresse ist ungewöhnlich dauerhaft und wird als „everlasting wood“  bezeichnet. Es ist vielseitig verwendbar vom Bauholz für Brücken und Docks bis zu Täfelungen, Paneele, Fußböden und Furnier. Auffällig ist der schroffe Übergang von Früh- zum Spätholz sowie das Fehlen von Harzkanälen. Je nach der Farbe des Kernholzes unterscheidet man schwarzes, rotes oder gelbes Holz.

Bis zur Eiszeit auch in Europa verbreitet


Die Gattung Taxodium, aus der Familie der Zypressengewächse, besitzt keine einzelnen Arten, sondern nur drei Unterarten bzw. Varietäten. Dies sind die Varietät nutans, die Teichzypresse, die Varietät mucronatum, die Mexikanische Sumpfzypresse und die Varietät distichum, die Sumpfzypresse. Im Tertiär waren auf der gesamten Nordhalbkugel zahlreiche Arten der Sumpfzypresse vertreten und insbesondere im Eozän vor 58-36 Millionen Jahren an der Braunkohlebildung beteiligt. Die Everglades in Florida zeigen uns annähernd, wie die Gebiete der heutigen Braunkohlelagerstätten, auch solcher in Deutschland ausgesehen haben mögen. Erst mit Beginn der Eiszeiten starb die Gattung in Europa aus.

Erstbeschreiber der Sumpfzypresse war der berühmte schwedische Naturforscher Carl von Linné (1707-1778), 1810 wurde die Beschreibung vom französischen Botaniker Louis Claude Marie Richard (1754-1821) überarbeitet. Der Name Taxodium bildet sich aus den griechischen Worten taxos = Ordnung und –eidäs = ähnlich, d. h. taxusähnlich. Die Nadelbaumgattung Taxus, Eibe, ist so benannt, da dort die Nadeln streng geordnet stehen, der Artname distichum = zweizeilig.

Text: R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner | Fotos: A. M. Steiner

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