Hohenheimer Gärten: Der Zucker-Ahorn
Was blüht uns Anfang September? [02.09.16]
Nach dem meteorologischen Kalender, dem der Wetterkunde, beginnt der Herbst alljährlich am 1. September und umfasst die Monate September, Oktober und November. Nach dem astronomischen Kalender, dem der Wissenschaft von den Gestirnen, beginnt der Herbst zur Tag- und Nachtgleiche, 2016 am 22. September und dauert bis zur Wintersonnenwende am 21. Dezember.
Nach dem phänologischen Kalender, dem der Erscheinungen in der Natur, beginnt der Herbst nicht mit einem festen Datum, sondern mit der Fruchtreife oder der Färbung der Blätter verschiedener Pflanzenarten. Ein solches Phänomen ist beispielsweise die beginnende Herbstfärbung der Blätter des Zucker-Ahorns im Exotischen Garten am Römischen Wirtshaus.
Rotgefärbt im Herbst, beliebt und nützlich das ganze Jahr
Wenn sich dort an den gegen Osten gewandten Zweigen die ersten Blätter röten, kann dies als der Beginn des Herbstes angesehen werden. Von da an schreitet die herbstliche Färbung der Blätter täglich voran, bis schließlich der ganze Baum in leuchtendem Rot erstrahlt und schlussendlich der Blattfall einsetzt.
Der Zucker-Ahorn wird bis zu 40 m hoch bei einem Durchmesser von bis zu 1 m. Er ist eine der wichtigsten Nutzbaumarten im Nordosten Nordamerikas, in den jeweiligen Waldgesellschaften liegt sein Anteil bei über 40 % der Individuen.
Leuchtend gelb bis rot beim "Indian Summer"
Im April öffnen sich vor dem Laubaustrieb seine schwefelgelben Blüten. Bald darauf erscheinen die bis zu 20 cm breiten, 3- bis 5-lappigen Blätter mit abgerundeten Blattlappen. Es bilden sich Spaltfrüchte, die zum Zeitpunkt der Samenreife in zwei Teile zerfallen.
Beeindruckend ist die gelbe, über leuchtend orange bis scharlachrote Herbstfärbung. Sie ist ein wesentlicher Teil des „Indian Summer“, für Touristen eine Attraktion.
Ein fleißiger Zuckerproduzent
Über den Sommer sammelt der Baum Zucker, der im Stamm als Stärke gespeichert wird. Im zeitigen Frühjahr wird die Stärke in Zucker (Saccharose) umgewandelt und zu den Knospen geleitet. In der Zeit kann der Saft durch ein Anzapfen des Stammes geerntet werden. So liefert ein Baum jährlich in 4-6 Wochen bis zu 70 Liter Zuckersaft.
Schon die Ureinwohner Nordamerikas ernteten den Saft und dampften ihn über offener Flamme im Wald zu Ahorn-Sirup ein. Dabei lieferten die Zucker-Ahorne zugleich die Unmengen an benötigtem Brennholz.
Industrialisierte Zuckersafternte
Heute ist die Ernte des Zuckersaftes mittels Vakuumpumpen hochtechnisiert. Die modernen Zucker-Ahorn-Plantagen gleichen einem riesigen industriellen Melkbetrieb. In Einkochhallen wird der Saft zu Sirup eingedampft. Dabei findet eine Reinigung statt, Proteine steigen als Schaum auf, Mineralstoffe fallen als Zuckersand aus. Letzteren nutzte man früher, um Backpulver und Äpfelsäure herzustellen. Jährlich werden in den Anbauländern Kanada und USA etwa 1,5 Mio. Liter Ahorn-Sirup produziert. Je nach Lichtdurchlässigkeit gibt es 4 Qualitätsstufen von A bis D.
Der Sirup dient als Süßungsmittel für Getränke von Tees bis Softdrinks und Backwaren wie z.B. Pfannkuchen. Das harte Holz des Zucker-Ahorns wird als Furnier und zur Herstellung von Massivmöbeln verwendet. Das lateinische Wort ‚Acer‘ bedeutet „spitz, scharf“ bezogen auf die Blätter; ‚saccharum‘ heißt „Zucker“ bezogen auf den Saft.
Text: R. Gliniars, R. Bäßler, A. M. Steiner
Fotos: A. M. Steiner