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Studierenden-Gruppe „FRESH“ erhält UN-Auszeichnung  [24.11.11]

Einsatz für Nachhaltigkeit und Ethik in den Agrarwissenschaften / Preisverleihung am 28. November 2011 in Berlin

Eat Ins, Fachtagungen und ein eigenes Lehrangebot über Ethik in den Agrarwissenschaften: Seit drei Jahren setzen Studierende der Gruppe FRESH ein Zeichen für ein nachhaltiges Ernährungssystem. Nicht nur in Vorlesungen, sondern auch privat und auch an der Hochschule. Jetzt adelt sogar die UN das Engagement an der Universität Hohenheim: am 28. November zeichnet die Deutsche UNESCO-Kommission die studentischen Aktionen als Projekt der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ aus.

Sie stammen aus 15 Ländern und fanden beim Studium in Hohenheim zusammen. Ihr Kürzel – FRESH – steht für „Food Revitalization and Eco-Gastronomic Society of Hohenheim“. Und so sperrig der Name daherkommen mag, so eingängig sind ihre Aktionen, die alle ein Ziel verfolgen: Die Botschaft der Nachhaltigkeit konkret und fundiert zu verbreiten.

Dazu betreiben sie Eat Ins mit schmackhaftem Essen aus Bio-Gemüse, das wegen Schönheitsfehlern sonst im Müll gelandet wäre. Die Food Film Series zeigt Kinofilme zu jedem Aspekt der Nahrungsaufnahme. Ihr studentischer Garten ist so produktiv, dass Ableger in Einkaufswägen den Campus mit mobilen Gärten überrollen. Und mit einem traditionellen Backofen wollen sie demnächst nicht nur öffentlich Brot backen, sondern eigene Forschungsprojekte mit dem Institut für Getreidetechnologie lostreten.

Ihre Aktionen haben bislang über 3.500 Menschen erreicht. Glanzleistung der Aktivisten ist jedoch ein eigenes Lehrangebot, mit dem sie eine selbst entdeckte Lücke im Lehrplan der Agrarwissenschaften schließen. Dank FRESH bietet die Universität Hohenheim seit 2010 das Lehrmodul „Ethics of Food and Nutrition Security“ an. Ein anspruchsvolles Wahlmodul, das mit 6 Credit Points bewertet wird.

Designed wurde das Modul auf zwei Fachtagungen mit Gruppendiskussionen. Den theoretischen Teil liefert das Internationale Zentrum für Ethik in Wissenschaft in Tübingen. Dazu kommen wechselnde Gastreferenten aus der Praxis. Für die Arbeit am Konzept gewann die Gruppe hochrangige Fachleute wie Anita Idel, Mitautorin am Welt-Agrar-Bericht.

 

Das Ziel: Ethik in den Agrarwissenschaften verankern

„Die Gruppe FRESH zeigt eindrucksvoll, wie zukunftsfähige Bildung aussehen kann. Das Votum der Jury würdigt das Projekt, weil es verständlich vermittelt, wie Menschen nachhaltig handeln“, so Prof. Dr. Gerhard de Haan, Vorsitzender des Nationalkomitees und der Jury der UN-Dekade in Deutschland.

Die FRESHs sehen sich durch Lob und Auszeichnung in ihrem Ansatz bestätigt. „Ein offizielles Siegel, dass wir bestimmte Standards einhalten“ sei die Auszeichnung, meint FRESH-Mitglied Dhusenti Manoharan. „Von nun an wird es hoffentlich einfacher, eine Finanzierung zu bekommen“, hofft Steffen Schweizer.

Denn mit dem Rückenwind der UN-Auszeichnung wollen die Studierenden vor allem eins: Ihr Ethik-Modul ausbauen und möglichst als Dauerangebot etablieren. Ideal wäre eine Professur für Ethik in den Agrarwissenschaften. Doch eine wisschenschaftliche Mitarbeiterstelle wäre schon ein Fortschritt.

„Unser Ziel ist, dass man auch Bachelor- und Master-Arbeiten zu diesem Thema machen könnte“, sagt Manuel Hilscher. Bisher lebe das Modul auch von zu viel ehrenamtlicher Zeit der FRESH-Mitglieder. Trotzdem seien 5.000 Euro pro Semester das finanzielle Minimum. Eine Summe, die für zwei Jahre aus Studiengebühren bezahlt wird.

Inhaltlich soll das Modul jedoch auf keinen Fall zur Routine-Veranstaltung verkommen: „Bislang gibt es im Projekt eine große Dynamik“ begründet Schweizer. „Nach dem ersten Jahr haben wir es sehr aufwändig analysiert und neu strukturiert – diese Reflexion soll erhalten bleiben“, erläutert Manoharan. „Unser Wunsch ist, dass es weiterhin innovative Methoden und Didaktik gibt“, ergänzt Hilscher.

 

Runder Tisch zur Zukunft des Ethik-Moduls

Noch in diesem Jahr hat die FRESH-Gruppe zum Runden Tisch mit Hochschulleitung, Modulleitern und Lehrverantwortlichen geladen. Denn ohne weitere Unterstützung läuft das Ethik-Modul Ende des Wintersemesters aus.

„Wir hoffen sehr, dass uns die Universität weiter unterstützt, weil das UN-Siegel automatisch auch für die Universität steht“, meint Manoharan. Und „Hohenheim hat ein besonderes Potential in Welternährung und Nachhaltigkeit. Dieses Profil wollen wir noch weiter schärfen“, ergänzt Schweizer.

Unterstützung bekommen die Studierenden auch aus dem Rektorat: „Der tolle Start des Moduls letztes Jahr hat mich beeindruckt“, sagt Prof. Dr. Michael Kruse, Prorektor für Lehre. Bei der Veranstaltung zur Reflexion sei er selbst dabei gewesen – und sehe dem zweiten Durchgang in diesem Semester nun mit großer Erwartung entgegen.

„Wenn auch dieser gut verläuft, sollten wir alles daran setzen, das Angebot zu verstetigen“, so Prof. Dr. Kruse. „Ich werde mich in dem Gespräch am Runden Tisch und auch weiterhin dafür einsetzen, hier eine langfristige Lösung zu realisieren.“

Ganz persönlich sei er ausgesprochen glücklich über das Engagement der Studierendengruppe und hält den Preis für mehr als verdient: „Die Universität ist stolz darauf, eine solch engagierte und erfolgreiche studentische Initiative auf dem Campus zu haben", so der Prorektor wörtlich. Die Fahrtkosten nach Berlin für eine fünfköpfige Delegation hat ihnen der Kanzler der Universität, Alfred Funk, bereits zugesagt.

 

 

Hintergrund: UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014)

Nachhaltige Entwicklung funktioniert nur, wenn sich jeder für eine menschenwürdige Gesellschaft einsetzt. Die notwendigen Fähigkeiten dazu vermittelt Bildung für nachhaltige Entwicklung, kurz BNE. Mit der UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (2005-2014) haben sich die Staaten der Vereinten Nationen verpflichtet, diese Art des Lernens in ihren Bildungssystemen zu verankern. Über die Auszeichnung als Dekade-Projekt entscheidet eine eigene Experten-Jury. Voraussetzung ist die Ausrichtung der Arbeit an den Grundsätzen der Bildung für nachhaltige Entwicklung. So müssen Wissen und Kompetenzen aus den drei Nachhaltigkeits-Dimensionen Wirtschaft, Soziales und Umwelt vermittelt werden. Außerdem ist wichtig: Die Projekte müssen einen innovativen Charakter haben, in die Breite wirken und sich um die Zusammenarbeit mit anderen Projekten bemühen.

 

Text: Klebs


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