Mehr Mülltrennung
Neues Abfallkonzept für Büros [30.10.20]

Sammelstattion statt Mülleimer im Büro. Bild: Uni Hohenheim / Kienle.
„Kein Restmüll im Büro“: Dieses Prinzip gilt für Beschäftigte im Schloss Mittelbau bereits seit einem knappen Jahr. Jetzt soll das Konzept auf den restlichen Campus ausgeweitet werden. Die Koordinatorin für Gebäudereinigung verspricht sich davon neben Kostenersparnis vor allem mehr Bewusstsein für Mülltrennung und weniger Verbrauch an Müllbeuteln.
Ein Probelauf startete bereits im Dezember letzten Jahres im Schloss Mittelbau. Ca. 85 Restmülleimer wurden aus den dortigen Büros entfernt. Stattdessen müssen sich Beschäftigte auf den Weg zu einer Sammelstation im Gang oder einer Teeküche machen – oder den Restmüll in den Sanitärräumen entsorgen. Eine Ausnahme gibt es lediglich für Büros mit Waschbecken.
Geleert wurden die Mülleimer bis dahin zweimal pro Woche, oft mit nicht viel mehr Inhalt als ein paar Teebeuteln und einer Bananenschale. „Durch die Maßnahme ging der Verbrauch an Plastiktüten im Schloss Mittelbau pro Monat um rund 7 kg nach unten. Ausgeweitet auf den gesamten Campus dürfte uns das Konzept ein Vielfaches dieser Einsparung bringen“, erklärt Andrea Wöhler-Brandt, Koordinatorin für Gebäudereinigung.
Und auch auf das Mülltrennungsverhalten dürfte sich die Entfernung der Restmülleimer positiv ausgewirkt haben: Da es in den Büros im Schloss in der Vergangenheit ansonsten lediglich Eimer für Altpapier gab, landeten recycelbare Materialien wie Plastik oder Aluminium oftmals im Restmüll. Die Sammelstationen in den Gängen oder Küchenräumen wurden hingegen vergleichsweise wenig genutzt.
„Das hat sich durch das Pilotprojekt geändert. Und auch das allgemeine Bewusstsein für saubere Mülltrennung am Arbeitsplatz ist in meiner Wahrnehmung besser geworden“, meint Wöhler-Brandt.
Nachhaltigkeit und Kostenersparnis
Nach dem Probelauf wird das Prinzip aktuell nun auf den restlichen Campus ausgeweitet. Dabei sollen zugleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: „Wir wollen als gesamte Einrichtung nachhaltiger werden. Auf der anderen Seite muss die Uni aktuell aber auch in allen Bereichen spürbare Einsparungen vornehmen. Mit unserem Abfallkonzept können wir für beides einen Beitrag leisten“, so Wöhler-Brandt.
Tatsächlich geht das Rektorat davon aus, dass die Uni Hohenheim aufgrund des neuen Hochschulfinanzierungsvertrags bis 2022 rund 3,4 Mio. € einsparen muss. U.a. bleiben drei freie Professuren samt zugehörige Mitarbeiterstellen bis auf Weiteres unbesetzt und alle Einrichtungen erhalten 2021 15% weniger Budget.
Das neue Reinigungskonzept sieht deshalb vor, dass alle Büroäume nur noch einmal pro Woche gereinigt werden. Ein zweiter Durchgang, die sogenannte „Sichtreinigung“, bei der Mülleimer entleert und Grobschmutz entfernt wird, entfällt. Beibehalten werden aber die erhöhten Reinigungsintervalle in den Sanitärräumen, Fluren und Teeküchen.
Andere Unis sind Vorbild
Nicht bei allen Beschäftigten stößt das neue Konzept auf Gegenliebe. Doch die Uni Hohenheim sei damit keineswegs Vorreiterin gibt Wöhler-Brandt zu bedenken: „Die Vorgehensweise ‚kein Restmüll im Büro‘ besteht bereits in vielen öffentlichen Verwaltungen und Einrichtungen, z.B. an der Uni Freiburg, der Uni Berlin, der Uni Tübingen, der Stadt Stuttgart, der Messe Stuttgart und auch viele große Industrieunternehmen verfahren bereits so. Ich persönlich hatte während meines kompletten Arbeitslebens noch nie einen Restmülleimer im Büro.“
Ihre Empfehlung: „Je nach Art des Restmülls bzw. Biomülls kann z.B. klassisch die Untertasse oder eine leere Kaffeetasse zur Aufbewahrung dienen bis man das nächste Mal in Richtung WC oder Flur geht, wo sich die Sammelstationen befinden. Plastikfolien und alles was nicht klebt oder nass ist, lässt sich kurzzeitig auf dem Tisch aufbewahren. Wer auf den Restmülleimer nicht verzichten möchte, kann sich alternativ auch selbst um Müllbeutel und Entleerung kümmern.“
Studierende wünschen sich Plan, um Müllaufkommen zu reduzieren
Die Studierendenvertretung unterstütze den Schritt hin zu einer besseren Mülltrennung, erklärt AStA-Mitglied Oliver Peters: „Als ich neu an der Uni Hohenheim war habe ich mich erstmal gewundert: Diese Einrichtung hat es geschafft, 200 Jahre zu werden. Trotzdem ist sie nicht in der Lage für saubere Mülltrennung zu sorgen. Der AStA setzt sich bereits seit einigen Jahren für Verbesserungen in diesem Bereich ein. Dass nun langsam etwas in Bewegung kommt freut uns also.“
Für den Geschmack des Studierendenvertreters dürfe sich die Uni für die kommenden Jahre allerdings durchaus noch etwas ambitionierte Ziele setzen: „Wir vermissen z.B. einen Plan, wie das Müllaufkommen auf dem Campus systematisch reduziert werden kann. Außerdem sollte es möglich sein, alle Müllsorten zu trennen, inklusive Bio-Abfall. Ganz konkret fehlen uns auch noch zentrale Trennstationen im Freien: z.B. vor der Mensa.“
Nachhaltigkeitsbeauftragte nimmt Arbeit auf
Tatsächlich will sich die Uni auf den Weg machen, Nachhaltigkeitsaspekte im alltäglichen Uni-Betrieb künftig noch systematischer zu berücksichtigen. Die frei werdende Stelle „Energiemanagement“ wurde auf Beschluss des Rektorats deshalb offiziell um den Bereich „Nachhaltigkeit“ erweitert.
„Ich komme selbst frisch von der Uni und befinde mich gerade in der Einarbeitung“, berichtet Sabrina Gärtner, die an der Hochschule Reutlingen ihren Abschluss im Masterstudiengang Dezentrale Energiesysteme und Energieeffizienz gemacht hat. „Dass es bei den Hohenheimer Studierenden so viel Engagement für das Thema gibt, finde ich klasse. Nachhaltigkeit lebt von kreativen Vorschlägen und Aktionen, die von Uni-Angehörigen selbst getragen werden. Deshalb will ich auf jeden Fall sehr engen Kontakt zu den grünen Gruppen pflegen.“
Dass beim Thema Mülltrennung aktuell bereits erste flächendeckende Maßnahmen umgesetzt werden begrüßt die neue Nachhaltigkeitsbeauftragte: „Möglichweise trägt das neue Konzept ja auch dazu bei, den Müll insgesamt zu reduzieren. Dieser Aspekt sollte bei der Weiterentwicklung von Abfallkonzepten stets die höchste Priorität haben.“
Tipp: Aludeckel weg vom Jogurt
Dass es Nachholbedarf gibt betont auch Abfallbeauftragter Dr. Robert Amann: „Es gibt leider keine aktuellen Zahlen, aber eine Erhebung aus dem Jahr 2009 ergab, dass Hohenheim im Vergleich mit den anderen Unis im Land pro Kopf am meisten Restmüll produziert. Dafür gibt es sicher ganz unterschiedliche Ursachen. Aber alles, was wir tun können, um diesen Anteil zu reduzieren ist aus meiner Sicht sinnvoll. Gleichzeitig möchte ich als Chemiker gerne das Bewusstsein dafür schärfen, Materialen so zu entsorgen, dass sie tatsächlich einer bestmöglichen Wiederverwertung zugeführt werden können. Beispielsweise sollte man stets den Alu-Deckel vom Jogurt abtrennen, damit er nicht gemeinsam mit dem Plastik verbrannt wird.“
Trotz Sparmaßnahmen soll die Qualität der Reinigung weiterhin hohe Priorität haben betont Wöhler-Brandt: „Durch eine Neuausschreibung der Gebäudereinigung vor rund 2 Jahren konnten wir deutliche Verbesserungen erzielen, weil den Reinigungskräften pro Raum mehr Zeit zur Verfügung steht und die Firmen ein internes Qualitätsmanagement betreiben. Sollte es dennoch vereinzelt zu Problemen kommen, etwa, dass Reinigungskräfte selbst keine ordnungsgemäße Mülltrennung vornehmen, bitte ich Uni-Angehörige mich zu direkt kontaktieren, damit wir der Sache nachgehen können. In der Breite scheint die Entsorgung durch die Reinigungskräfte in meiner Wahrnehmung inzwischen allerdings gut zu funktionieren.“
Text: Leonhardmair